VI. 2. Gedächtnispotpourri

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Kapitel 2

Nun ist Tom schon vier Wochen in Hogwarts. Vier Wochen lang hat er immer wieder dieselbe Kohl-Pampe gegessen. Oh ja, dieselbe – nicht die gleiche. Mittlerweile ist er überzeugt, dass die Hauselfen heimlich die Nachttöpfe in den Kochtopf ausleeren. Es ist die einzige Erklärung, wie sich der Geruch tagtäglich verschlechtern kann. Seine Geschmacksknospen sind unwiederbringlich vernichtet.

Trotzdem hat er den Fraß von Tag zu Tag mehr über. Er nimmt drei Pillen, um die Ruhe zu haben, den undefinierbaren Schleim in sich hineinzulöffeln. (Hat er nicht mal was von „Ich werde nicht Ihre Scheiße auslöffeln!" gerufen? – Tja, der Witz geht auf seine Kosten.) Danach schluckt er weitere fünf pinke Pillchen, um den ekligen Belag auf seiner Zunge loszuwerden.

Er könnte kotzen.

Aber dann würde es nur wieder auf seinem Teller landen. Ein natürlicher Kreislauf. So würgt er es hinunter und lässt seine Augen grimmig über die Haustische streifen. Die Schüler sehen langsam dürr aus, meint er zu erkennen. Manche macht es athletisch, andere eher asketisch. Auch wenn er an sich selbst herunter guckt, sieht er nur einen Strich in der Landschaft. Die Sparmaßnahmen verlangen ihren Zoll.

Nur Dumbledore, wenn er es sich recht besieht, scheint das Pappmaschee und die Eigenurinkur gut zu nähren. Auch heute mampft er vor sich hin und hat noch die Dreistigkeit, mit seinem goldenen Becher Tom zuzuprosten.

Tom knurrt und unter dem Tisch streckt er den Mittelfinger aus.

Dumbledore krümmt eine silberne, dünne Augenbraue.

Das kann er doch nicht gesehen haben? Vor Schreck schiebt Tom sich einen gehäuften Löffel Kohl in den Mund. Er würgt reflexartig – der Hunger treibt es rein, der Ekel runter – und während er mit der Initiation des Schluckvorgangs beschäftigt ist, rattert sein Gehirn auf Hochtouren.

Hat Dumbledore es mitbekommen? Wenn ja, wie? McGonagall und St. Clair sitzen zwischen ihnen und versperren mit ihren Körpern die Sicht. Außer ... nein, er wird verrückt. Das kann nicht sein!

Er hebt die Schultern und kratzt in seiner Schüssel herum, bis CatGonagall ein genervtes Fauchen ausstößt. Hogwarts macht ihn verrückt! ... Aber was ist, wenn Dumbledore tatsächlich einen Röntgenblick besitzt? Dem alten Narren würde er solch Equipment zutrauen ...

Um einen weiteren prüfenden Blick auf Dumbledore zu werfen, lehnt er sich weit über den Tisch. Nun kann er ihn in seiner Gesamtheit von der Seite anschauen. Akribisch sucht er jeden Zentimeter von Dumbledores Gesicht, über und unter der Halbmondbrille, nach Hinweisen auf einen Cyborg-Blick ab ...

„Geht es Ihnen gut?", fragt St. Clair, die neben ihm sitzt. „Sind Sie so müde, dass Sie den Kopf auf den Tisch legen müssen?"

Er richtet sich auf und schüttelt den Kopf, um die wahnwitzigen Gedanken loszuwerden. Unerhört, diese frechen Dinger ... dabei gibt es so viel anderes zu bedenken, Menschen zu schmieren, Ränke zu schmieden, Diener zu manipulieren. Ärgerlich will er St. Clair – Josephine – zurechtweisen, da -

„Ich bitte um Ruhe", ruft Dumbledore und schlägt klirrend mit einer Gabel an sein extravagantes Trinkgefäß. Die Schüler und Lehrer verstummen sofort. „Wie Sie alle sicher wissen, liegt unser geschätzter Schulsprecher im Krankenflügel und erholt sich von einem schrecklichen Fall von Gebräu, wenn Sie alle verstehen, was ich meine."

Tom sieht in viele fragende Gesichter. Sicher hat kein einziger Schüler verstanden, was er meint, doch wie immer schert Dumbledore sich darum keinen Deut. Tom wiederum würde im Unterricht die Fragen der Schackelstern beantworten müssen. Er seufzt innerlich.

Professor Riddles ScheiterhaufenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt