XII. 3. Bube, Dame, König, Tom

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Kapitel 3


Der Tag des verfluchten Turniers ist schneller gekommen, als er „Schokofroschsammelkarte" sagen kann. Tom wird noch vor seinem Weckzauber wach und nimmt zunächst an, es sei wegen der Nervosität vor dem Kommenden. Natürlich würde er dies niemals laut zugeben, doch irgendwo tief in seinem Inneren ist ihm klar, dass er Bedenken hat, sogar etwas ähnliches wie Angst, dass die Schule für immer geschlossen wird.

Nach ein paar Sekunden der Orientierungslosigkeit vernimmt er jedoch ein genervtes Klopfen.Vor sich hin grummelnd schwingt er die Beine aus dem Bett und schlappt unmotiviert zur Tür, wirft sich beim Gehen noch halbherzig einen Umhang über. Als er die Tür aufreißt, erwartet er für einen furchtbaren Moment, dass Bellatrix davor steht, doch weit gefehlt.

„Dóbroje utro."

Dem Gesicht seines Gegenübers sieht man keine Regung an, obwohl Tom offensichtlich aussehen muss, wie gerade aus dem Bett gefallen – was er ja im Grunde auch ist. Für einen Moment starrt er den großen, dunkelhaarigen Mann nur sprachlos an und fragt sich, wie um alles in der Welt der es schafft, so akkurat gepflegt und faltenfrei auszusehen, obwohl es draußen noch dunkel ist. Irgendwo in der Ferne vor seinem Fenster färbt sich der Horizont rötlich, was beweist, dass es noch weit vor einer menschlich vertretbaren Aufstehzeit ist.

„Dolohov", stellt er fest und dann, sichtlich verstimmt, „es ist mitten in der Nacht."

„Wer den Tag verschläft, kann nichts Großes erreichen", erwidert der Mann gleichgültig. Sein russischer Akzent schneidet scharf in Toms Ohren.

Er glaubt nicht, dass man Herausragendes schafft, nur weil man im Dunkeln aufsteht. Dass der Tag so früh beginnt, gibt ihm lediglich mehr Potential beschissen zu werden. Dennoch tritt er zur Seite, um den Russen in sein Schlafzimmer zu lassen. Der zieht fragend die Augenbrauen hoch. „Ich kann auch wieder gehen, sollte der Zeitpunkt, nun, ungelegen sein."

Macht der sich über ihn lustig? Es ist bei Dolohov nicht sicher zu sagen, da seine Mimik immerfort dieselbe ausdruckslose ist.

Seufzend erwidert Tom: „Nein. Ich schlage mich lieber mit dir herum als mit meinen Gedanken."

Noch immer lässt sich Antonin nichts anmerken und tritt an ihm vorbei ins Zimmer.

Zweifelnd lässt der Russe seinen Blick über die Umgebung schweifen und bleibt einen Moment länger an der Muggelschreibmaschine hängen, ohne deren Anwesenheit zu kommentieren. Stattdessen verkündet er: „Ich bin bereits hier, um zu erfragen, ob ich bei den Vorbereitungen behilflich sein kann."

Noch immer reichlich verschlafen, deutet Tom auf einen Stuhl an seinem überladenen Schreibtisch. „Nein, ich bin ein Organisationstalent und habe bereits alle abgeschlossen."

Selbst ihm wird die Ironie hinter seiner Aussage bewusst, als sich Dolohov erst durch gefühlte fünftausend Rollen Pergament wühlen muss, um überhaupt die Sitzfläche zu finden. Als er sich setzt, rutschen prompt einige Schreibfedern, ein Buch und irgendwelche Aufsätze zu Boden, die Tom längst kontrolliert haben müsste.

„Ich bin im Badezimmer. Sollte dir zwischenzeitlich langweilig werden, fühle dich frei, die Hausaufgaben da zu korrigieren ."

Genervt wedelt er mit der Hand und ignoriert den entgeisterten Blick des Russen. Soll sich doch mal jemand anderes mit diesem Unfug herumschlagen, der ihn tagtäglich quält!

Nicht eine Sekunde glaubt Tom daran, dass Dolohov sich wirklich den hanebüchenen Aufsätzen seiner Schüler widmet, doch als er aus dem Bad zurückkehrt, findet er seinen ehemaligen Klassenkameraden tatsächlich über einen Stapel gebeugt vor. Dabei schimpft er etwas in Russisch vor sich hin, was Tom zwar nicht versteht, doch allein wegen der Tonlage als nicht sonderlich euphorisch einstuft. Als er Tom bemerkt, verzieht er das Gesicht und presst ein „Das ist zhalkiy" hervor.

Professor Riddles ScheiterhaufenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt