XI. 3. Tauchgang um Mitternacht

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Kapitel 3

„Der Nachruf ist geschrieben?"

Tom zieht seine pechschwarze Fliege zurecht. Das Sakko und der Festumhang — natürlich in der Farbe der Trauer — sitzen ebenfalls. Sein Haar ist schwarz — und nicht grau, wie manche behaupten – wie für eine Beerdigung gemacht.

„Ich habe mir die größte Mühe gegeben", antwortet Dumbledore. Geistesabwesend taucht er nochmals die Feder ins Tintenfass und streicht einen Satz vom Pergament.

„Zeigen Sie schon her!" Mit seinen Würstchenfingern greift Slughorn nach der Trauerrede. Gierig fliegen seine Augen über die Zeilen. „Aha ... ah ... hervorragend!" Er lacht, die eine Hand hält das Pergament, die andere den Bauch. „Das sind aber nette Worte!" Dann ist er plötzlich unvermutet still. Langsam lösen sich seine Augen vom Blatt und er schaut den Schulleiter vorwurfsvoll an. „Wie können Sie nur so etwas schreiben?"

„Gefällt es Ihnen nicht?" Dumbledore beugt sich vor und klaut ihm das Pergament. „Nun, stattdessen können wir auch ..." Die Feder huscht wieder drüber. „Und hier ..."

Slughorn lehnt sich über den Tisch. „Nein, so geht das gar nicht ..."

„Aus mit der Diskussion!" Tom verdreht genervt die Augen. So ist das, wenn man eine Fake-Beerdigung abhält. Man muss sich mit den Zu-Betrauernden herumärgern. Da gefällt ihm eine echte Leichenschau glatt besser, da ist die Hauptperson wenigstens genügsam.

Die beiden beachten ihn nicht.

„Worum geht es denn?", fragt Tom aus der Not heraus.

„Dumbledore schreibt, ich sei den Schülern zugetan gewesen."

„Das ist doch positiv!", verteidigt sich der Schulleiter. „Keiner denkt, was Sie denken, sollte er es lesen ... – äh ... hören. Sie sind anständig und der ehrenwerte Hörer auch."

Mit dem Versprecher hat es etwas auf sich, bei dem weder Tom noch Dumbledore geneigt sind, es dem Tränkeprofessor mitzuteilen: Einen Entwurf des Nachrufes haben sie noch in der Nacht an den Tagespropheten geschickt und am Morgen konnte man bereits vom Tode Slughorns lesen. Den möglichen Sterbetag haben sie zurückdatiert, um keine allzu aufmerksamen Fragen zu provozieren. Ebenso haben sie ein Foto von Slughorn herausgesucht, auf dem er besonders bemitleidenswert aussieht, um die Nachricht von seinem Ableben glaubhafter zu machen.

All dies soll Slughorn natürlich nicht erfahren, vor allem nicht kurz vor der alles entscheidenden Zeremonie. Wenn es nach Tom geht, würde er dieses Geheimnis mit ins Grab nehmen ... – also in Slughorns Grab. Er ist ja unsterblich. Außerdem weiß sowieso jeder davon — bis auf den Betroffenen.

„Dann schreiben Sie halt, Slughorn wurde von den Schülern respektiert", schlichtet Tom. „Nein, noch besser, schreiben Sie: Die Schüler Hogwarts werden Slughorns Andenken in Ehren halten."

„Und mich im Herzen tragen", säuselt der Tränkemeister.

„Von mir aus auch das Gesülze."

Dumbledore nickt und die Feder kratzt geschwind über das Pergament. „Dann haben wir es. Ist alles weitere in Position?"

Bei der Frage und Dumbledores verschwörerischen Blick fühlt Tom sich, als sei er in einem Spionage-Drama-Film gelandet ... Der Adler ist gelandet, ich wiederhole: Der Adler ist gelandet ... Vielleicht ein James Bond, im Grunde hat er ja die Lizenz zum Töten ... Nicht, dass Tom einen dieser Muggelstreifen jemals gesehen hätte! Auch hat er im Kino nie Popcorn gekauft, das würde nur ein Muggelliebhaber machen und er ist ja das glatte Gegenteil davon! Genau!

Professor Riddles ScheiterhaufenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt