Der Samstag wurde lang und wir waren anschließend voller Farbe. "Es überrascht mich irgendwie nicht, dass du nicht besonders gut bist im Heimwerken, aber im Streichen? Also das ist total easy..."
Es machte Spaß ihn zu ärgern und sein schmollendes Gesicht zu sehen. "Ich finde wir sollten uns lieber waschen und umziehen, bevor du dein freches Mundwerk bereust."
Seltsamerweise freute ich mich über diese Drohung. "Aber nicht hier. Die Maschine ist kaputt und naja du weißt." Jin nickte nur und lächelte mich an, zog mich näher und umschloss mich mit einer Umarmung. Erst betrachtete er nur das helle herbstgrün in meinen Haaren und fuhr anschließend mit seinen farbverschmierten Finger über meine Wange. "Dann fahren wir zu mir. Ich habe dich ja noch gar nicht dafür belohnt mir so sehr zu vertrauen. Ich an deiner Stelle hätte jemanden wie Max direkt eine reingehauen." Er beugte sich, biss mir ins Ohrläppchen - bevor er seine Hand in meinen Nacken legte und meinen Kopf an den Haaren nach hinten zog.
"Es wird dir bei mir sicher gefallen. Wobei ich nicht vor habe dich weiter, als zwischen Bett und Bad zu lassen.", ein zarter Kuss und ich war bereits ungeduldig.Meine Familie machte kein großes Gewese darum, dass ich wieder ging. Sie waren eher froh, als wir wieder weg waren und auch ich war froh. Solange bis Jin doch noch nach hakte. "Für wen ist das Zimmer eigentlich gedacht?", fragte er auf den Weg von der Haustür bis zur Straße. "Für meine Schwester und.... Ähm ihr baldiges Kind.", letzteres nuschelte ich vor mir her, doch Jin hatte gute Ohren und sah mich erstaunt an. "Die Blonde von vorhin?" Ich seufzte, weil er wie erwartete nachfragte.
"Nein nicht Michelle... Cindy. Ich weiß was du denkst und ja so ein schwangere Teenie ist scheiße, aber was soll's. Am Ende bin ich es glücklicherweise nicht." Er lachte etwas und drehte den Zündschlüssel vom Auto um. "Ja Gott sei Dank kannst du keine bekommen. Gott sei Dank." Ich schnallte mich an und auch wenn ich selbst eben auch keine wollte, weder jetzt noch irgendwann war sein spöttisches Gott sei Dank schon irgendwie hart.
Eine Weile fuhren wir und am Ende kamen wir in einer Gegend an in der ich noch nie war. Hier reihte sich nicht Haus an Haus. Jedes Haus war schön und hatte einen Vordergarten mit tollen Pflanzen oder Steingärten. Getrennt waren sie durch Hecken oder schönen Mauern. Alles war schön. Schön hier und schön dort. Aber vor allem sauber, ordentlich und gepflegt. Jin fuhr eine Sackgasse herunter und am Nachbarhaus sah ich einen Mann mit einer Heckenschere. Vorsichtig schnitt er einen Buchsbaum und blickte auf uns, während Jin gar nicht daran dachte vorsichtiger zu werden. "Eines Tages endet deine Fahrweise noch einmal in einer Katastrophe!", schimpfte er und hielt den mahnenden Finger hoch. "Wow, selbst der Nachbar maßregelt hier einen?", ich war erstaunt, denn so etwas nannte man Erziehung und war meiner Familie ganz fremd. "Das ist nicht mal der Nachbar, sondern der Gärtner. Aber ja, hier kannst du nichts machen ohne das du gesehen wirst oder jeder meint etwas kommentieren zu müssen. Als würde man 24/7 unter Bewachung stehen. Ich meine zu viel Erziehung ist auch nicht besonders toll. Genauso wie zu wenig. Deshalb bin ich auch recht froh über das Internat. Dort werde ich weit aus weniger beobachtet. Sonst könnte ich vieles nicht tun. Dinge die ich hier nicht tun konnte - wobei... Dank dir ja jetzt schon."
Ich zuckte nur unschuldig mit den Schultern. "Gern geschehen sag ich dann mal." Jin lief mit mir einen langen Weg durch den Vorgarten, 4 Stufen zur Tür hinauf und hielt kurz inne. "Lucas...", sagte er und lächelte verstohlen bevor wir hinein gingen.Natürlich war der Eingang groß. Eine Vorhalle, dann ein langer Flur und rechts eine geschwungene Treppe die ins obere Stockwerk führte. Genau jene wollte Jin hochlaufen, als er von unten gerufen wurde. "Jin? Naaana.. Du wirst doch wohl nicht direkt hoch rennen wollen." Widerwillig nahm er den Fuß wieder hinunter von der ersten Stufe und drehte sich zur Frau herum, die soeben herbei lief. "Und vorstellen willst du mich auch nicht?", sie lief an ihm vorbei und direkt zu mir herüber. "Und du bist?"
Ich zögerte etwas bevor ich antwortete. "Lucas. Ich bin Lucas - Jins Freund."Sie sah erst zu mir, dann verstohlen zu Jin. "Was ist?", fragte er nun etwas angepisst, als sie nicht aufhörte ihn zu mustern. "Boah... Papa hat dich angerufen oder?" Als es ihm dämmerte fing sie furchtbar laut an zu lachen. Er hingegen war nur noch genervt. So genervt, dass er meinen Sack griff und ihr in die Hand drückte. "Wasch das lieber, anstatt zu geiern." Er maulte während sie weiter lachte und in den Wirtschaftsraum lief. "Ignorier sie einfach. Komm mit." Ungehalten und grob griff er nach meiner Hand und zog mich die Treppe hoch. "Hey warte mal, wer ist das denn gewesen? Deine Mutter?"
Oben angekommen warf er die Tür hinter sich zu und ich staunte nicht schlecht. Sein Zimmer war riesig und hatte selbst noch eine weitere Etage zu einer offenen Galerie auf der sich offensichtlich sein Bett befand, direkt unterm Dach. "Das war nicht meine Mutter, sondern Nastya. Mein Vater hat sie damals angestellt um sich ums Haus und alles zu kümmern, aber sie bemuttert mich auch schon sehr." Langsam trottend lief ich herum und sah mir sein Zimmer genau an. Eine Ecke war ganz aufs Krafttraining ausgelegt. Eine Hantelbank, so eine für die Beine und was auch sonst noch so wichtig war. So gut kannte ich mich dann doch nicht aus. Daneben ein großes Sofa und ein ebenso großer Fernseher drängte sich dem gegenüber direkt in mein Blickfeld. Ein paar Holzbalken unterbrachen den offenen Raum und grenzten einen völlig anderen Bereich vom Rest ab. Zwei große Regale platzten fast vor Büchern, davor ein dickes Sitzkissen - rum herum Bücher auf dem Boden gestapelt. "Und was macht deine Mutter, wenn Nastya den Haushalt schmeißt und dich bemuttert?" Mein Blick war immer noch auf die Bücher gerichtet von dem jedes schrie 'Ich bin kultiviert'. Jin schien mich derweil einfach nur beobachten zu wollen. Erst lehnte er an einem der Balken an bis er näher kam und sich direkt neben mich stellte.
"Meine Mutter ist sein 5 Jahren in einer Art Klinik."
"Klinik?" Ich drehte mich leicht um und sah ihm in die Augen. "Naja Klinik klingt besser als Klapse oder Nervenheilanstalt."
Er sagte es so locker und ohne zu zucken. Als wäre es das normalste der Welt.
"Mhm bist du deshalb nicht traurig?", ich drehte mich um und legte meine Arme auf seine Schultern. "Nicht wirklich.", er murmelte es leise und begann damit mich zu küssen.

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Webcam Boy
NouvellesIch habe Talent, ich habe das Selbstbewusstsein und das Aussehen um alles zu erreichen, was ich mir zu erträumen wagte. Nur hatte ich weder die optimale Familie noch die finanzielle Unterstützung dafür. Doch hatte ich den Willen alle Energie dafür...