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Nicht lange nach dem ersten Schock hatte Jin seine Worte wahr gemacht und kurzerhand, noch spät abends, alles aus seinem Zimmer geholt. Er hatte sich beeilt, da er auf keinen Fall Max noch mal begegnen wollte. "Alles gut?", ich betrachtete meinen neuen Zimmerpartner wie er sein Zeug achtlos in eine Ecke pfefferte.
Eigentlich müsste ich es ja sein der sauer wäre, aber Jin schien noch heftiger zu reagieren. "Ja alles gut, ich meine nein. Das hätte ich ihm nicht zugetraut. Ja er war creepy und hat geklammert, aber sowas wäre mir im Traum nicht eingefallen und du hattest mich ja auch noch gewarnt. Ich hätte auf dich hören sollen und eher reagieren, dann wäre das hier nicht passiert." Er machte sich Vorwürfe - Ich dachte da schon etwas weiter.
"Vergangen ist vergangen, aber machst du dir nicht mehr Gedanken darum, was deine Freunde sagen, wenn du nun hier bei mir bist?" Erst dachte Jin nach, während er mir eins meiner Kleidungsstücke zu warf. "Sollte ich?", nach langem Überlegen, war dies das Einzige was er dazu sagte. "Komm überlegt doch mal. Die haben mich vorher schon zum Opfer der Nation ausgewählt und dumme Sprüche gelassen, dass ich mich für die Schule hier 'gebückt' hätte. Jetzt wird gerade das sicher mehr, hinzu kommen noch sicher einige anale Feinfindigkeiten ihrer homophoben Kleinhirne und ungefähr eine Million Fetischwitze. Du hast dich sicherlich noch nie geoutet. Mir ist es ehrlich gesagt schon irgendwie egal, ob ich als schwul geoutet bin oder nicht, aber du?"
Jin setzte sich auf sein Bett mir gegenüber und begann damit seine Socken aus zu ziehen, warf sie auf den Boden und schaute mich an.
"Lass sie nicht liegen, hier räumt dir keiner hinterher.", maulte ich und sah ihn mürrisch die stinkenden Socken aufräumen. "Mhm ich glaube nicht, dass irgendwer etwas zu mir sagen wird." Er begann damit mir weiter zu helfen und während ich noch dabei war die Toys zu begutachten stand er bereits direkt hinter mir, warf sich über meine Schultern. "Was ist denn?"
Jin seufzte tief aus bevor er sprach. "Du hast recht, wieder mal. Ich habe das ganze wohl nicht ganz durchdacht. Was genau sag ich, wenn man mich fragt wieso ich hier jetzt wohne?"
Ich überlegte kurz und spürte wie schwer es ihm auf den Schultern lag. "Du bist hier, weil du Max verhalten verurteilst und mit mir keinerlei Probleme hast.", sagte ich kurzerhand, denn es war ja nicht mal gelogen. "Und wenn sie fragen ob da was läuft zwischen uns? Ob ich auf Typen stehe?"
Meinen ursprünglichen Gedanken 'Dann sag doch einfach ja' schluckte ich erst mal herunter. "Aktuell denken die ja wir wären nur Freunde, was sie schon ärgerlich hinnahmen. Du kannst es erst einmal dabei belassen. Ich verlange nicht, dass du direkt herum läufst und es heraus posaunst." Irritiert schaute er mich nur an. "Nicht?"
"Nein, und außerdem hast du nie offiziell gefragt ob ich mit dir zusammen sein will. Es hieß immer nur 'Freund', aber das ist ja doppeldeutig."
Neckisch grinste ich ihn an und sah ihn tief mit den Augen rollen. "Dein Ernst? Okay... Willst du offiziell mein Freund sein?" fragte er, konnte aber sein Schmunzeln nicht unterdrücken.

"Oha ich weiß nicht, das geht mir zu schnell.", flötete ich verspielt und sah ihn den Kopf in den Nacken werfen. "Lucas... Wie kannst du in so einer Situation noch so entspannt sein?"
Mit einem lautem Ach ließ ich mich auf mein Bett fallen, kreuzte die Arme hinter dem Kopf und schloss die Augen. "Was soll ich sonst tun? Heulen? Es wird dich vielleicht überraschen, aber ich bin es schon gewohnt es nicht besonders leicht zu haben. Ich hatte zwar gedacht, dass es mich mehr schockieren oder ängsten würde, wenn die nur ein wenig von dem hier entdecken, aber ehrlich gesagt: das schaff ich auch noch." Erneut erhob ich mich und schwang mich in einem Zug hoch in den Schneidersitz. Jin überlegte kurz, während er mich ansah. "Ehrlich, ich bin wohl weniger selbstbewusst, als ich dachte. Mir bereitet der Gedanken mich zu Outen irgendwie Bauchschmerzen. Auch wenn mein Vater Bescheid weiß. Hier ist es irgendwie anders.", sagte er und rieb die Hand nervös an seinem Gesicht.
Erst als draußen erneut tosender Lärm herrschte unterbachen wir unser Gespräch und luckten durch einen Türspalt in den Flur. Ein älterer Mann im Anzug und eine Frau mit einem ebenso schicken Hosenanzug liefen hinter Max her. "Sein Vater.", flüsterte Jin mir zu, doch diese Information war unnötig. So wütend konnten nur Eltern sein und vorallem machten sie lautstark klar wie enttäuscht sie von seinem Verhalten waren. Die 'Enttäuscht - Karte' konnten nur Eltern oder Lehrer ziehen. Gerade letzterer versuchte zu der späten Stunde die Lautstärke etwas zu reduzieren.

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