Kapitel 4

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Als wir mit dem Essen fertig sind, gehe ich zu Geronimos, oder wie alle sagen Gero. Sarah begleitet mich, weil ich mich hier ja noch gar nicht auskenne. Den ganzen Weg über durch den Wald reden wir kaum ein Wort, denn wir sind beide noch ganz in Gedanken bei Nick und Emilia. Was war da wohl Schreckliches passiert, dass er so reagiert hat?
"Mia!", ruft plötzlich jemand. Es ist Gero, der aus dem Fenster über mir guckt. "Wir sind da.", sagt Sarah, scheinbar verwirrt und wendet sich dann zum Gehen. Ich bedanke mich und betrachte dann den mit Wellen und sich kräuselnden Linien verzierten Torbogen. "Wow!", murmele ich bewundernd.
"Ja. Es sieht wirklich wunderschön aus, nicht wahr?", schwärmt Gero, der plötzlich hinter mir steht. Erschrocken drehe ich mich um. "Entschuldige bitte. Ich wollte dich nicht erschrecken. Gehen wir in mein Büro.", sagt er und läuft los.
Auf dem Weg gehen wir durch verschiedene Räume. Alle sehen irgendwie besonders exotisch aus, denn die Möbel darin scheinen jeweils verschiedenen Ländern zugeordnet zu sein.
Gero öffnet eine große Tür und dahinter sehe ich orientalische Möbel. Die Wände sind mit bunten Teppichen verziert. Ich muss lächeln, als ich eine Öllampe auf seinem Schreibtisch sehe. Das ist ja wie bei Aladdin. "Ja da hast du allerdings recht!", sagt er. "Habe ich das etwa laut gesagt?", will ich wissen. Er grinst, nickt und deutet auf den Stuhl, damit ich mich setze. Ich erröte ein bisschen, setze mich dann aber hin.
"Also... Du hast bestimmt schon festgestellt, dass das hier kein normales Camp ist, oder?", fragt er, erwartet aber keine Antwort. "Ich fange mal von ganz vorne an: Schon deine Vorfahren waren... wie sag ichs? Naja: besonders. Dein Großvater war ein Magier. Ich weiß, das klingt jetzt verrückt, aber es ist wahr. Deine Eltern waren ebenfalls hier. Deine Mutter war, glaube ich, eine Fee und dein Vater war ein Magier.", erzählt er und blickt mich erwartungsvoll an. "Ähhh... Und was bin ich?", frage ich ihn, obwohl ich mir nicht ganz sicher bin, was ich davon jetzt halten soll.
"Ich kann es dir nicht zu einhundert Prozent sicher sagen, aber ich denke, dass du eine Magierin bist. Denn die dunklen Kreaturen brauchen noch einen Magier für ihre Zwecke. Und deswegen, so vermute ich, waren sie hinter dir her. Wir werden in den nächsten Tagen versuchen deine Fähigkeiten zum Vorschein zu bringen.", erklärt er.
"Gut... Ähhm, was ich mich schon länger frage: Was ist eigentlich mit meiner Familie in London? Warum habe ich sie dort allein gelassen? Ich kann mich an gar nichts mehr erinnern. Wissen Sie etwas darüber?", will ich wissen. Geronimos sagt nichts. Er blickt betreten zu Boden, wo, wie ich bemerke, auch ein Teppich liegt. Er ist dunkelrot und mit goldenen Stickereien übersäht. "Es tut mir leid, aber ich... ich weiß nicht, wie ich es sagen soll. Deine Eltern waren zu Hause... Es gab einen Anschlag von diesen Kreaturen und dabei wurden sie um- ... also: Sie sind tot... Aber dein Vater hat dich weggezaubert, kurz bevor er gestorben ist."
Geschockt starre ich in die Leere. Das kann doch gar nicht sein. "Nein!", flüstere ich.
Gero nimmt meine Hand und drückt sie um mich zu beruhigen. Nach etwa fünf Minuten betritt jemand den Raum.
Es ist Nick. Er nimmt mich in den Arm und bringt mich hinaus. Als wir im Wald sind stürzt plötzlich alles auf mich ein und ich beginne hemmungslos zu weinen. Nick nimmt mich in den Arm und streichelt meinen Rücken.

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