Kapitel 12

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Mitten im Raum stand Avery.
Hinter ihr stand ein großer schlaksiger Kerl und hielt ihr einen Dolch an die Kehle.
Panisch sah sie mich an.
,,Schön dich hier zu treffen, Heather"
Hinter der Tür kam La Rocca hervor.
,,Lassen Sie sie los!"
rief ich ihm zu und deutete auf Avery.
,,Ich lasse sie gehen, wenn du mit uns kommst. Sehe es als eine Art Tausch"
Ich zögerte, aber tief im inneren, wusste ich meine Antwort schon.
Durch mich sind einfach zu viele Menschen in Gefahr.
Nelio, Jaiden, Avery, meine Eltern.
Sie alle.
Wenn ich mit La Rocca gehen würde, könnte ich herausfinden, wie man sie aufhalten kann.
Averys Augen füllten sich mit Tränen.
Ich hatte keine Wahl.
,,Okay! Ich... Ich komme mit euch"
Meine Stimme brach.
Der gruselige Kerl ließ von Avery ab und sie konnte gehen.
,,Verschwinde!" rief La Rocca, während er mir näher kam.
,,Wir sind zwar Blutsverwandt. Aber wenn ich dich finde, dann werde ich dich eigenhändig töten. Und ich komm und hol dich, Heather"
Von da an wusste ich das es keine Drohung, an La Rocca war, sondern ein Versprechen an mich.
Avery zögerte.
Auch sie hatte, in diesem Fall, keine Wahl.
Sie musste gehen.
Als sie weg war, drehte La Rocca sich zu mir um.
,,Und nun zu dir"

Ich wusste nicht wie lange ich schon in diesem Auto saß, aber es mussten bereits Stunden sein.
Die Landschaft zog, wie ein grauer Schleier, an mir vorbei.
Ich saß auf dem Rücksitz, in der Mitte.
Rechts von mir saß ein Junge, in meinem Alter.
Er hatte ein blaues Auge. Ab und zu schenkte er mir ein zärtliches Lächeln.
Und links von mir saß ein 30-jähriger Kerl, dem vorne zwei Zähne fehlten und die durch Goldzähne ersetzt wurden.
Also taufte ich ihn Goldzahn.
Nach einer Ewigkeit, verließen wir das Auto.
Wir standen auf einem Gelände, was wohl mal eine alte Fabrik gewesen sein musste.
Denn jetzt waren nur noch einzelne Blöcke davon übrig.
In einem von denen gingen wir hinein.
Es war dunkel, kalt und roch nach Staub.
Als sich meine Augen an das Licht gewöhnt hatten, was deutlich gelber, als das draußen, war, stand ich in einem Raum.
Er erinnerte mich an eine Gefängniszelle.
Denn um mich herum waren nur Gitter.
Im Raum daneben, war der Junge, der im Auto, neben mir gesessen hatte.
Als niemand in Hörweite war, versuchte ich einen Weg, nach draußen, zu finden.
,,Du kannst hier nicht raus"
Der Junge, sah mich, durch die Gitterstäbe hindurch an.
,,Woher weißt du das?"
fragte ich ihn.
,,Die anderen vor dir haben es auch versucht"
erklärte er mir.
,,Und wo sind die jetzt?"
fragte ich voller Ehrfurcht.
,,Das weiß ich nicht. Sie werden geholt und weggebracht"
Ich schluckte schwer.
,,Und warum bist du noch hier?"
wunderte ich mich.
Der Junge lehnte sich an die Gitterwand, die uns trennte und ließ sich zu Boden gleiten.
,,Keine Ahnung. Sie nehmen mich überall mit hin. Egal wobei. Sie nennen mich ihre Investition.
Ich habe versucht mich zu wehren,aber der Goldzahn ist unbändig stark"
erzählte er mir.
Das würde das blaue Augen erklären.
,,Und... Und weißt du warum sie uns entführen?"
fragte ich ihn.
Natürlich kannte ich die Antwort bereits.
Aber ich wollte wissen, was er wusste, was zu meiner Enttäuschung nichts war.
,,Ich erzähle dir jetzt mal etwas, okay?
Du musst wissen, dass ich aus einem ganz bestimmten Grund hier bin"
Ich erzählte ihm alles was ich wusste.
Denn ich denke, dass er es wissen sollte.
,,Jetzt macht ihr gefasel auch Sinn. Manchmal reden sie von neue Mitglieder und irgendeinen Test.
Ich fürchte sie wollen uns testen um heraus zu finden, ob wir Führungsqualitäten haben"
schlussfolgerte er.
,,Aber ich bin nicht hier, um irgendeinen Test zu bestehen. Ich bin hier, weil sie mich töten wollen...aber nicht nur mich. Wenn Jaiden und Nelio her kommen,
werden sie auch getötet"
flüsterte ich.
Sie dürfen mich auf gar keinen Fall finden.
Niemals.
,,Wir sollten einfach das machen, was Sie von uns verlangen"
übernahm der Junge wieder das Wort.
,,Wie heißt du eigentlich?"
fragte ich ihn.
,,Ich bin Larson"
,,Heather"
sagte ich und lächelte ihn an.
Da wir nichts zu tun hatten, erzählten wir uns etwas voneinander.
Bei dem Thema Geschwister, wurde Larson abweisend und ungewöhnlich still.
,,Ich kam mit meiner jüngeren Schwester hier runter.
Tagelang.
Wochenlang.
Aber vor kurzem kam jemand und nahm sie mit. Seit dem habe ich sie nicht mehr zu Gesicht bekommen. Aber..."
Er schluckte schwer.
,,Aber manchmal höre ich ihre Schreie, in den Kellergängen, widerhallen"
Ich war sprachlos.
,,Ich verspreche dir, wenn wir hier lebend rauskommen, dann holen wir sie und verschwinden von hier"
versprach ich ihm, obwohl ich wusste, dass ich hier unten sterben würde.
Aber das verriet ich ihm nicht.
Meine Müdigkeit machte sie bemerkbar.
Also legte ich mich auf die Matratze, die in der hinteren Ecke lag und döste vor mich hin.
,,Heather!"
Ich wusste nicht, wie lange ich geschlafen hatte, aber Larson sah mich aus panischen Augen an.
,,Steh auf! Da kommt jemand"
Auf einmal stand ich kerzengerade.
Ein Licht näherte sich unseren Zellen.
Fußschritte näherten sich.
Als das Licht immer heller wurde, griff ich nach meinem Gürtel und spürte mein Katana.
Instinktiv schöpft ich neue Kraft.
Und Mut.
Ich sah Larson an und zwinkerte ihm zu.
,,Keine Angst"
flüsterte ich und machte mich bereit, auf das, was gleich passieren würde.

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