Kapitel 26

10 2 6
                                    

Es gibt immer einen Menschen auf der Welt, der einen anderen sucht, sei es inmitten der Wüste, sei es inmitten der großen Städte. Und wenn diese Menschen einander begegnen, begegnen sich ihre Blicke und die Vergangenheit und die ganze Zukunft verliert ihre Bedeutung. Es gibt nur diesen einen Augenblick und die unglaubliche Gewissheit, dass alle Dinge unter dem Himmel von derselben Hand geschrieben wurden.

Er kam mir näher und nahm meinen Kopf und drückte mich an sich.
Gierig atmete ich seinen süßlichen Duft ein und ließ alles um mich herum verschwinden.
Selbst, wenn ich jetzt fallen würde, würde er mich auffangen.
Jaiden würde mich immer auffangen.
Bei ihm fühle ich mich sicher und geborgen.
Im Endeffekt war ich froh, dass ich Deaton seinen Rat gefolgt bin und mich auf Jaiden eingelassen hatte.
Denn man konnte ihm wirklich vertrauen.
Er drückte mich wieder von sich weg und sah mich an.
,,Hörst du das?"
fragte er mich flüsternd und wackelte mit den Augenbrauen.
,,Nein, was soll ich denn hören?"
,,Stille.
Pure Stille"
Ich schwieg und lauschte der Natur.
Baumgeraschel.
Vögel.
Bienen.
Ein Schwarm Schmetterlinge umgab uns.
,,Ist das denn so schlecht?"
wunderte ich mich und verzog die Augenbrauen.
,,Auf keinen Fall.
Es ist etwas sehr Beruhigendes.
Vor allem dann, wenn man Jahrelang keine Ruhe um sich gehabt hat, weil andere Dinge Priorität hatten"
,,Welche Dinge?"
,,Die Verfolgung von La Rocca zum Beispiel.
Es hat wirklich Jahre gedauert, dass wir das hier erreichen konnten und jetzt ist es still und das wird auch so bleiben.
Denn es gibt nichts mehr, was uns Sorgen bereite müsste"
,,Und alles wird wieder so, wie es einmal war"
ergänzte ich und merkte, nachdem ich es bereits ausgesprochen hatte, dass dies nicht stimmte
,,Naja, ein Problem hätte ich da noch"
nuschelte ich, in der Hoffnung, dass Jaiden es nicht gehört hatte.
Schnell drehte ich mich weg und wollte mich auf die Bank, unter der Linde setzten.
Genau hier, waren wir bei unserem ersten Date.
Wenn man das so nennen konnte.
Nur jetzt blühten, deutlich mehr, Blumen und es roch sehr frisch und süß.
Die Luft wurde von dem Surren, der Bienen, begleitet, die umherschwirrten.
Libellen und Schmetterlinge führten Tänze in der Luft und ließen alles magisch wirken.
Hier stand die Welt ganz still.
Still.
Jaiden zog mich, mit solcher Wucht, zu sich, sodass ich gegen ihn prallte und er mich auffangen musste, sonst wäre ich wahrscheinlich in den kleinen Teich gefallen, der hinter ihm war.
,,Welches Problem?"
wollte er wissen.
Ich zögerte.
,,Das ist eigentlich keine große Sache..."
wollte ich das Thema wechseln, aber sein Blick war starr auf mich gerichtet.
,,Mr.Jones hat bei meinem angerufen, weil meine schulischen Leistungen in den roten Bereich gerutscht sind.
Sie wollen ins Internat kommen, um mit mir zu reden"
gab ich schließlich nach.
,,Das wird wieder.
Nelio und ich könnten dir beim Lernen helfen und ich werde dabei sein, wenn sie herkommen.
Und Heather.
Sie wissen nicht den wahren Grund, warum du dich nicht auf die Schule konzentriert hast.
Schließlich hast du hunderte Menschenleben gerettet.
Wenn sie dies wüssten, hätten sie eine ganz andere Sichtweise auf die Dinge"
Ich sah an ihm vorbei.
In dem Teich waren gerade zwei Frösche, die ein lautes Konzert gaben.
Jaiden folgte meinem Blick und drehte sich um.
Als er sich wieder zu mir umgedreht hatte, hatte er ein verschwörerisches Grinsen auf dem Gesicht und wackelte mit den Augenbrauen.
Ich wusste direkt, was ihm durch den Kopf ging und wollte gerade die Flucht ergreifen, als er mich zu fassen bekam und auf seine Schulter warf.
Ich versuchte mich zu wehren, aber sein Griff umklammerte mich fest.
,,Jaiden Stopp!!
Bitte!!"
flehte ich ihn an, aber konnte ein quietschendes Lachen nicht unterdrücken.
Vor dem Teich hielt er an und sagte zu mir
,,Ich hoffe, du kannst schwimmen"
Und dann war ich auch schon im kaltem Wasser verschwunden.
Komplette Dunkelheit umgab mich und ich spürte wie das Wasser in meine Ohren drang und mich in Watte hüllte.
Es war ein unbeschreibliches befreiendes Gefühl.
Dann schwamm ich an die Oberfläche und schnappte nach Luft.
Jaiden hatte sich an den Rand hingehockt und die Hände ineinander verschränkt.
,,Du hättest ja wenigstens auf meine Antwort warten können"
grinste ich ihn an und fischte ein Seerosenblatt aus meinen Haaren.
Ich schwamm auf ihn zu und streckte mein Kopf zu ihm hoch.
Er beugte sich nach vorne und küsste mich, dabei hielt er mich an den Armen fest.
Dann löste ich mich von ihm und dem Wasser hin und her.
Bevor er zurückweichen konnte, zog ich ihn zu mir nach unten.
Kopfüber verschwand er im Wasser.
Er ließ sich ziemlich Zeit, bis er wieder an die Oberfläche kam.
,,Was wenn ich schwimmen konnte?"
fragte er mich grinsend.
,,Dann hätte ich das hier gemacht"
sagte ich und nahm etwas Schwung, sodass ich auf ihn springen konnte und drückte ihn unter Wasser.
Ich lachte laut.
Nach ein paar Sekunden gab ich nach und ließ von ihm ab.
Keuchend kam er wieder an die Luft und hatte ein Blütenblatt im Haar.
Plötzlich verschwand er wieder unter Wasser und tauchte nach unten.
Strampelnd versuchte ich ihn ausfindig zu machen, konnte ihn aber nirgendswo entdecken.
Für einen Moment war es ganz still, bis auf das Zwitschern der Vögel.
Plötzlich zog mich etwas an den Füßen unter Wasser.
Ich gab einen quietschenden Schrei von mir, bevor ich verschwand.
Ich merkte, wie mich Jaiden umklammert hielt und dann nach oben schwamm.
Dabei ließ er mich nicht los.
,,Du Idiot! Ich habe mich total erschrocken"
Er zuckte lachend mit den Schultern.
Ich nahm eine Ladung Wasser und klatschte sie ihm ins Gesicht.
Er fing auch an mich mit Wasser abzuspritzen.
Wir kämpften uns so in rage, dass man nur noch mein Lachen hörte und das Wasser, in dem wir strampelten.
Ich sprang auf seinen Rücken und versuchte mich zu halten, aber er ließ sich einfach Rückwärts ins Wasser fallen, sodass ich gezwungen war, von ihm abzulassen.
,,Okay, du hast gewonnen!"
ergab ich mich.
Jaiden schwamm auf mich zu und als er vor mir war, hielt er meinen Blick stand.
Zufrieden schnaufte ich und legte meine Arme um seinen Hals, während er mich an den Hüften festhielt.
,,Und was tust du jetzt?"
fragte er mich.
,,Dass hier" gab ich von mir und gab ihm einen Kuss.
Er erwiderte meinen Kuss, indem seiner länger und inniger wurde.
Dabei wurde sein Griff, an meiner Hüfte, fester.
Eine Weile verharrten wir küssend im Wasser.
Dann lösten wir uns voneinander und er sah mich zufrieden an.
Die Sonne strahlte von oben auf uns herab und tauchte das Wasser in ein magisches glitzern.
Wieder umschwirrten uns Schmetterlinge.
,,Du hast da was"
sagte ich und kippte ihm wieder eine Ladung Wasser über den Kopf.
,,Natürlich"
sagte er ironisch und zog mich enger an sich heran.
Wir ließen uns im Wasser treiben und sahen uns dabei an.
Genau das hiet wollte ich schon immer.
Mit ihm.
Hier.

In ihm hatte ich die Welt gefunden.
Wenn du jemanden gefunden hast, bei dem nichts kompliziert ist, bei dem du so bist wie du bist, bei dem du dir keine Gedanken machst, was als nächstes passiert, dann hat deine Seele ein Zuhause gefunden.

Alles, was ich sehe Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt