Kapitel 16

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Das Leben ist kurz, aber doch von unendlichem Wert, denn es bringt den Keim der Ewigkeit in sich.
Und nicht alles, was wir einmal für richtig hielten, ist auch heute noch richtig.
Die Welt hat sich verändert.
Und wir auch.
Ich weiß nicht wie lange ich schlief.
Aber es fühlte sich gut an,nicht zu wissen, was gerade passierte.
Es war ruhig.
Aber dennoch sah ich die Ereignisse noch ganz genau vor mir.
Larson, der sich an seiner Schwester festklammerte.
La Rocca.
Der Kampf.
Und ich sah mich.
Sterbend.
War ich überhaupt noch am Leben?
Wach wurde ich, als jemand meine Hand nahm und sich an mein Bett setzte.
Ich schlug die Augen auf und sah direkt in die Augen von Avery.
Ich sah mich um.
Wo war ich?
Um mich herum waren gelbe Wände.
Als ich an mir runter sah, sah ich überall Kabel, die zu irgendwelchen medizinischen Geräten gehörten.
Ich spürte nichts.
Keine Angst.
Keinen Schmerz.
Am Ende meines Bettes saß meine Mutter und hatte den Kopf an die Bettkante gelegt und schlief.
,,Hey, liebes"
flüsterte Avery.
Sie sah total fertig aus.
Ihre Haare waren durcheinander und sie hatte tiefe Augenringe.
Ich wollte etwas sagen, aber meine Stimme ließ es nicht zu.
Also schluckte ich nur.
,,Du bist im Charing Cross Hospital. Mache Dir keine Sorgen.
Es geht fast alles gut"
sagte sie ganz leise.
Ich wollte sie gerade etwas fragen, als Mom aufwachte und mir einen Kuss auf die Stirn gab.
,,Ich geh Flynn holen" sagte Avery und verließ den Raum. Kurz darauf betrat Mein Vater das Zimmer.
,,Oh gott. Ich bin so froh das es dir soweit gut geht und du diesen Überfall überlebt hast"
sagte dieser und stellte sich vor mein Bett.
Überall?
,,Die Ärzte sagen du musst noch ein paar Tage hier bleiben, Schätzchen"
Meine Mutter sah total verheult aus.
Mein Vater sah dagegen unbekümmert aus.
Sein Telefon klingelte.
Er tuschelte ein paar Wörter, die ich kaum wahrnahm, weil mein Blick immer nur zur Tür schweifte.
Nachdem mein Vater aufgelegt hatte, flüsterte er meiner Mutter etwas ins Ohr.
Daraufhin stand sie auf.
,,Heather. Wir müssen los. Aber wir sehen uns morgen wieder"
Beide gaben mit einen Kuss und verschwanden aus der Tür.
Sie würden sich nie ändern.
Ich schlief bereits wieder, als Dr. Ment, ein paar Stunden später, das Zimmer betrat.
,,Wie fühlst du dich, Heather?"
fragte sie mich,während sie die Wunde, an meinem Bauch desinfizierte.
,,Ganz oke" brachte ich heiser hervor.
,,Immerhin etwas, was? Du bist nochmal mit einem blauen Auge davon gekommen.
Die Wunde ist nicht so tief.
Die konnten wir erfolgreich nähen.
Allerdings ist dein Jochbein gebrochen"
plapperte sie drauf los.
Die Wunde brannte wie Feuer.
Als Dr. Ment mit der Wunde fertig war, hängte sie einen neuen Beutel mit Flüssigkeit an meine Infusion.
Anschließend tastete sie mein Jochbein ab, was höllisch weh tat.
,,Ich sehe später nochmal nach dir.
Draußen stehen ein paar Jungs, die sich Sorgen machen"
sagte sie und ließ zwei Personen rein.
Jaiden und Nelio traten an mein Bett.
,,Na du"
flüsterte Jaiden und setzte sich auf die Bettkante.
,,Hey"
sagte ich knapp.
,,Hast du Schmerzen?"
fragte Jaiden, woraufhin ich den Kopf schüttelte.
Die beiden Brüder hatten Augenringe und Sorge war in ihren Augen zu sehen.
,,Wie lange habe ich geschlafen?"
fragte ich.
,,2 Tage"
Ich stockte.
,,2 Tage?"
,,Also Jaiden gibt es vielleicht nicht gerne zu, aber wir haben uns unglaubliche Sorgen gemacht, weil es unsicher war, ob du überhaupt durch kommst, Heather"
mischte sich jetzt Nelio ein.
Ich sah ihn an.
,,Wir haben den Ärzten und deinen Eltern erzählt, dass du überfallen worden bist. Wir dürfen keine Aufmerksamkeit erregen.
Vor allem schon wegen der Mafia Sache müssen wir vorsichtig sein.
Wir haben gesagt, dass du bedroht wurdest und bei einer Rangelei mit einem Messer getroffen wurdest"
erzählte er weiter.
Ich nickte nur.
,,Nelio, kannst du uns was zu trinken holen?"
fragte Jaiden.
,,Warum ich?"
maulte sein kleiner Bruder.
,,Geh einfach"
erwiderte Jaiden.
Es war offensichtlich, dass er ihn loswerden wollte.
Also ging er dann ohne ein weiteres Wort.
,,Ich... Als ich dich da liegen sah, dachte ich, dass... das du stirbst. Das es schon zu spät für irgendwas ist"
stotterte Jaiden und Tränen flossen ihm die Wange runter.
Ich wollte mich aufrichten, aber Jaiden drückte mich vorsichtig zurück ins Kissen.
,,Bleib liegen"
sagte er leise und strich mir über die Haare.
Doch dann fiel mir etwas ein.
,,Larson! Wo ist er?
Geht es ihm gut?"
Mit einem Schlag, war ich hellwach.
,,Es geht ihm gut.
Er ist bei Matthew zuhause"
,,Warum bei euch?"
,,Wir können seine Eltern nicht ausfindig machen. Larson wollte jedenfalls nicht, dass die Polizei Wind davon bekommt, dass er wieder da ist. Und wenn du mich fragst, denke ich dass seine Eltern ebenfalls nicht mehr am Leben sind"
äußerte Jaiden seinen Verdacht.
,,Genau wie seine Schwester"
flüsterte ich.
,,Dad wird dafür sorgen, dass die Beerdigung, seiner Schwester, in kleinem Kreis von statten geht. Es sollte möglichst reibungslos von der Bühne gehen. Und er kann so lange bei uns bleiben, wie er will. Er gehört jetzt zur Familie"
,,Er war die ganze Zeit an meiner Seite"
gab ich von mir.
,,Ich weiß"
,,Und was ist mit Page?"
fragte ich nach einer Weile Schweigen,
wo nur das Piepen des Monitors zu hören war.
,,Sie schlägt sich taff.
Da sie nur 2 Tage verschwunden war, fällt ihr bestimmt eine glaubwürdige Erklärung ein.
Außerdem redet sie mit Deaton und erzählt ihm alles"
,,Ja, das klingt nach ihr"
,,Den Lehrern haben wir gesagt, dass du eine Weile bei deiner Kranken Oma zu Besuch warst.
Naja.
Und deinen Eltern ist es eben nicht sonderlich aufgefallen"
sagte Jaiden.
Nelio kam mit 3 Wasserflaschen zurück und setzte sich auf die andere Seite meines Bettes.
,,Warum bist du eigentlich nicht raus gegangen, als ich es dir gesagt hatte, Heather?"
fragte Nelio mich.
,,Weil ich noch ein Versprechen einzulösen hatte"
entgegnete ich.
,,Erzählst du uns, was an diesem Abend passiert ist?"
bat Nelio mich.
Ich sah aus dem Fenster, wo es schneite.
,,Welches Datum haben wir?"
,,09.12"
antwortete Nelio.
Ich war ganze 4 Monate weg??
,,Wir konnten dich nicht früher holen. Wir wussten nicht, wo du warst.
Als wir das dann wussten, haben wir einen Plan gemacht.
Aber es verging kein Tag, wo wir nicht an dich gedacht haben"
erklärte Jaiden sich.
,,Also gut"
Ich begann zu erzählen.
Von dem Tag, wo ich verschwand, bis zu dem gesagtem Abend.
Beide hörten mir aufmerksam zu.
,,Sie wollten, dass ich euch ausliefere. Aber das tat ich nicht. Und als ich dann Larsons Schwester da liegen sah, wusste ich was sie taten.
Ich war unglaublich sauer.
So kam es dann zum Kampf.
Aber ich war gut.
Aber einmal habe ich nicht aufgepasst und dann war es schon zu spät und La Rocca stieß sein Schwert durch mich.
Kurz bevor er es rauszog, meinte er, dass ich gezögert hätte, mein Katana zu benutzen"
Beide sahen mich fassungslos an.
,,Die Menschen gehen lieber zugrunde, als ihre Gewohnheiten zu ändern"
sagte Jaiden, nach langem Schweigen.
,,Denn in unserer Gesellschaft gibt es zwei Klassen.
Leute, die mehr bekommen, als sie verdienen.
Und solche die mehr verdienen, als sie bekommen"
ergänze er noch.
Und von diesem Moment an wusste ich, dass Jaiden nicht von meiner Seite wich, ehe La Rocca und seine Bande, gefallen waren.
Wir würden kämpfen.
Denn wie ich bereits sagte, haben wir uns verändert.
Nur wer den Mut hat zu träumen, hat die Kraft zu kämpfen.
Was wäre das Leben, hätten wir nicht den Mut, etwas zu riskieren?

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