Vor Schreck mach ich einen Satz rückwärts. Wo hat er bitte gestanden? Beschissener Schal, ich bin halb blind.
In weiser Voraussicht starre ich auf einen Punkt schräg rechts vor meinen Füßen.
Der Stein, der dort liegt, hat ausgesprochen scharfe Kanten.Jarry nicht ins Gesicht zu sehen, bewahrt mich wohl vor dem Schlimmsten, doch der erstickte Klang seiner bröckelnden Stimme reicht inzwischen schon aus, um mir zu verdeutlich was in ihm vorgeht. Er führt mir schonungslos vor Augen, wie schockiert Jarry nach Thomas kleinem Ausbruch ist.
Außerdem, und dass erschreckt wiederum mich, ist das Ausmaß seiner Angst und Sorge, teils um mich, teilt vor dem, das noch auf uns alle zukommen wird, schlicht erdrückend. Ich stocke bei dem Versuch, Luft zu holen, um die Frage zu beantworten, so schwer wiegt die Hilflosigkeit, die ich beim Gedanken an seine Verzweiflung empfinde, auf meiner Brust.Diese völlig übertriebenen Reaktion strengen mich unwahrscheinlich an, nicht nur geistig, mein Körper ist gänzlich zu Stein erstarrt und zittert vor Anspannung. Verdammt, das läuft echt aus dem Ruder, was soll ich tun? Das ist nicht normal, das ist dieser mystische Scheiß, ganz bestimmt! Und das macht es noch schlimmer, denn dann ist die Chance, ich könnte es je verstehen und damit umgehen, praktisch nicht gegeben!
„Ich muss wissen wie es dir geht, meine Dämonin! Hat Thomas dir die Stimme genommen? Sie mich doch an, jetzt!"
Scheiße verdammt, halt doch den Mund! Nur einen Moment lang!
Die Gefühle, die sie in mir auslöst, die Kombination aus Stimme, Tonlage, Worten, Betonung, Lautstärke -einfach allem was mich erreicht- trifft mich wie eine Wasserwand und raubt mir nachhaltig den Atem.
Ohne Atem spricht es sich bekanntlich schlecht.Oh verfluchte Scheiße, was geht hier gerade ab?! Ich werde schon wieder sarkastisch, gleich geht nichts mehr!
Schnell, sag etwas, egal was, Hauptsache Jarry hält den Mund!„Es geht. Mir geht's", ich schaffe es ein klein wenig Luft in meine ausgewrungenen Lungen zu saugen, „ganz gut."
Eine Hand legt sich auf meine Schulter und zieht mich sanft rückwärts auf die anderen zu.
„Beruhigt euch etwas. Jarry? Du setzt dich dazu, wenn du dich wieder im Griff hast, ja?"
Total perplex darüber, dass sie mich und nicht ihren Cousin bei sich haben will, verrenke ich meinen Kopf nach hinten, um Antworten von ihrem Gesicht lesen zu können.
Doch auch Tuna hat den Hals verdreht, um hinter sich blicken zu können.
Für einen Sekundenbruchteil folge ich ihrem Blick, erkenne aus dem Augenwinkel wie Jarry nickt und hätte Tuna mich nicht weiter vor sich her geschoben, wären meine Augen wohl an seinem aufgelösten Gesicht hängengeblieben.
Als ich mich neben ihr und Matt in den Kreis setzte, den die anderen wohl aus Macht der Gewohnheit gebildet haben, klärt mein Hirn langsam auf.
Diese Überflutung, wann immer ich irgendetwas von Jarry mitbekomme, kann einfach nicht natürlich sein. Das geht nicht, kann mir sonst wer erzählen, ich würde es nicht glauben. Allein, dass es jetzt wieder stetig abklingt und sich dabei anfühlt, als würde es aus einem Tank abfließen, der neben mir steht, spricht dafür. Es gehört nicht zu mir, der Tank ist zwar durch nicht wenige Rohre mit mir verbunden aber dennoch ein Fremdkörper.
Aber das gemeine, quälende Stechen in meinem Herzen, welches durch dieses Wissen ausgelöst wird, kommt ganz allein von mir. Es sagt mir ganz klar und unumgänglich, dass vieles dafür spricht, dass Jarry mich ohne diesen mystischen Scheiß nicht mal mit dem Arsch ansehen würde.
Ich dagegen war von der ersten Sekunde, also als ich mich umdrehte in dem Stollen und in sein gruseliges, mumienhaftes Gesicht starrte, fasziniert. Und das wiederum hat sich ganz sicher nicht abgebaut. Im Gegenteil. Fuck!
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Mysterie
Mystery / ThrillerStelle dir vor, dein Leben kotzt dich an. Nicht dieses pseudo Ding, das jeder während der Pubertät mal hat. Sondern so richtig. Stahl harter Verdruss und ein tiefwurzelnder Hass auf alles um dich herum. Und dann ändert sich etwas. Die Veränderung b...