Kapitel 9

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PoV Ardy

Ich winkte ihn zu mir in den Raum.
Schnellen Schrittes lief er in meine Richtung und grinste wie ein Honigkuchenpferd. Er ging durch die Glastür und schloss sie hinter sich wieder.
"Yo Ardy, äh... also..." Er versuchte wohl, die richtigen Worte zu finden, was ihm anscheinend schwer fiel. Was wollte er mir sagen? "Sorry irgendwie, wenn das grad so aussah, als hätte ich dich angestarrt oder sowas. Ich hab nur 'nen Automaten gesucht.", stammelte er. "Schon gut, kein Ding", säuselte ich und sah auf den Boden.
Sein Lachen verwandelte sich zu einem fragenden Blick.
"Hey, was ist denn los?", fragte er mich und setzte sich neben mich.
"Nichts, nichts.", versuchte ich der Situation aus dem Weg zu gehen. Nein, eigentlich wollte ich seine Aufmerksamkeit. Ich wollte, dass sich jemand um mich kümmert.
"Ich merke doch, das etwas ist. Ist es wegen dem Krankenhaus?", fragte er mich ruhig.
"Nein. Also, jein. Ich weiß nicht. Ist auch egal." Aber es war mir nicht egal. Warum sagte ich das? Vielleicht wollte ich sein Interesse spüren. Jemanden wirklich bei mir haben, nicht neben mir sitzend.
"Sag's mir.", forderte er mich auf. Er legte seine Hand auf meinen Oberschenkel. Ein wohliges Gefühl durchströmte mich. Die Wärme seiner Hand drang durch meine Jeans auf mein Bein. Es fühlte sich toll an. Auf einmal wollte ich reden. Ich wollte ihm alles erzählen. Ich wollte, dass genau er alles weiß.

Als ich alles nochmal überdachte, um meine Gedanken zu ordnen, sammelte sich ein wenig Wasser in meinen Augen. Dann sprudelte es nur so aus mir heraus.
"Ich bin hier aufgewacht. Alleine. Ich hatte hier niemanden. Als ich nach meinen Eltern fragte, wollten mir die Ärzte 'noch' keine Auskunft geben. Ich weiß nicht, warum ich hier bin und wo meine Familie ist. Oder meine Freunde. Obwohl, an meine Freunde kann ich mich gar nicht mehr erinnern. Ich weiß nicht einmal ob ich welche hatte. Auf jeden Fall hatte ich, als ich hier das erste Mal aufwachte, schlimme Schmerzen und wollte sterben. Und diese Nacht hatte ich einen Traum. Meine Mutter ist dort gestorben und mein Vater war der Täter. Absichtlich. Ich habe die ganze Zeit geheult, bis ich aufgewacht bin. Ich habe so Angst, dass das wahr ist." Mir war gar nicht aufgefallen, dass ich aufgestanden bin und durch den Raum lief. Taddl blieb sitzen und hörte mir aufmerksam zu. "Ich will einfach wissen, was passiert ist. Und wo meine Eltern sind. Und warum ich immer noch hier bin, obwohl es mir blendend geht. Irgendwas stimmt doch hier nicht. Ich will einfach wissen-" Ich konnte meinen Satz nicht beenden.

Taddl sprang auf und fiel mir um den Hals. Er legte seine Arme auf meine Schultern und ich meine um seine Hüfte. Er drückte mich fest an sich. Das tat so gut. "Shh...", hauchte er in mein Ohr. "Ich bin da für dich. Wir finden das alles raus.", versprach er mir. Wir verharrten lange in dieser Position. Vielleicht war es komisch. Wir kannten uns erst seit so kurzem aber umarmten uns wie jahrelange Freunde.

Als er sich wieder aus der Umarmung löste, setzten wir uns und schwiegen eine Weile. Bei den meisten anderen Menschen wäre das eine unglaublich peinliche Stille gewesen, bei der sich jeder fragt, was man sagen soll. Aber es war schön so. Mit den richtigen Menschen ist auch das Schweigen eine schöne Art der Kommunikation.

Trotzdem wollte ich wieder etwas sagen. "Nach welchem Automaten hast du eigentlich gesucht?"
"Cola", meinte er knapp.
"Is' dahinten" Ich zeigte mit dem Finger auf einen Getränkeautomaten im Eck. Er stand auf, zog sich einen Euro aus der Tasche und ließ sich eine Cola raus.
Er setzte sich wieder auf den Platz neben mich.
"Danke dir nochmal", hauchte ich. "Ist doch absolut kein Problem!", versicherte er mir.
"Gar kein Problem", wiederholte er leiser.

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Omg, 633 Wörter! Hoffentlich gefällt's euch!

One wall between us ~ Tardy FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt