Kapitel 16

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PoV Ardy

Ich wartete in meinem Zimmer auf einen Arzt. Da keiner wusste, was passiert war, ließen sie sich Zeit.
Während ich hier alleine rumsaß, dachte ich über alles noch einmal nach. Taddl meinte, ich brauche Liebe. Wie meinte er das? Meinte er von ihm? Wenn ja... freundschaftlich oder mehr?

Ich hatte so Angst vor einem Arzt. Was sollte ich ihnen erzählen?
Die Türklinke wurde nach unten gedrückt, aber gleich wieder losgelassen. "Jaa Thaddeus? Was gibts?", rief Doktor Ericht von draußen. Puh, Taddl hat ihn abgefangen. Ich hörte seine Schritte.
"Er schläft vermutlich noch, bitte lassen Sie ihn, er war sehr gestresst. Sie können kurz zu mir, ich erzähle Ihnen alles."
Taddl hat mich gerettet.
Der Arzt stimmte zu und entfernte sich von meiner Tür. Im Nebenzimmer hörte ich deren Gespräch. Taddl erzählte wirklich alles, auch warum ich das getan hatte. Aber es war besser so. Es würde nichts bringen, sich in Widersprüche zu verwickeln und dann nicht mehr zu wissen, womit man angefangen hat.

Meine Tür ging auf und Doktor Ericht, gefolgt von Taddl, kam herein. Sein Blick war ernst.
"Ardian... Thaddeus hat mir eben alles erzählt. Wie kommst du auf so einen Dreck?", fragte er mich entsetzt und starrte mich verstört an.
Ich schwieg und blickte schuldbewusst in seine blassen Augen.
Er schüttelte den Kopf.
"Sehen wir uns erstmal die Verletzungen an.", grummelte er und ich zog mein Shirt hoch. Seine Augen weiteten sich, aber er versuchte, gelassen zu bleiben.
"Für die blauen Flecken gibt es eine gute Salbe. Wir untersuchen dich in einer halben Stunde auf stärkere Schäden und desinfizieren deine offenen Wunden. Danach reden wir mal. Oder nein, machen wir das doch jetzt. Thaddeus, kannst du uns kurz allein lassen?" Er nickte und wollte gehen, doch ich bat ihn zu bleiben. Also setzte er sich auf den Stuhl neben meinem Bett.
"Thaddeus hat mir ebenfalls erzählt, dass er von einer Psychiatrie abrät, da er der Meinung ist, du bräuchtest nur ein paar unterstützende Menschen", erzählte er und sah dabei kurz Taddl an, "wie siehst du das?"
"Hätte kein Problem mit 'ner Psychiatrie, hab' ich wenigstens 'ne Bleibe", meinte ich sicher.
"Aus diesem Grund sollte man sich nicht einweisen lassen, Ardian. Ich bin mir allerdings nicht so sicher, ob 'Liebe', wie Taddl mir so schön sagte, da helfen soll."
"Glaub' ich auch nicht, hab' ja keinen", lachte ich.
"Doch", warf Taddl ein.
"Ach ja?", fragte Doktor Ericht interessiert. Ich sah ihn fragend an.

Taddl stand auf und ging einen Schritt näher zu mir. Was hatte er vor?
Er beugte sich über mich und legte seine Hand in meinen Nacken. Jetzt wusste ich es. Ich spürte seinen warmen und regelmäßigen Atem. Er legte seine Lippen auf meine und küsste sie einfach. Ein Feuerwerk von Energie ging in meinem Körper hoch. Überall zitterte ich und gab mich den Glücksgefühlen hin. Ich habe erst zu langsam geschalten, aber ich erwiderte den Kuss. Das wohlige Gefühl von seinen weichen Lippen machte mich einfach unbeschreiblich glücklich. In diesem Moment gab es nichts anderes als ihn.
Ich hatte noch nie jemanden geküsst. Es fühlte sich ganz anders an, als erwartet. Ich hatte immer Angst davor gehabt, aber es war einfach. Es gibt kein falsch. Die Gefühle zählen, nicht die Technik. Tausend Schmetterlinge flogen durch meinen gesamten Körper. Ich würde dieses Gefühl nie wieder vergessen.

Taddl löste sich von mir. Ich wollte, dass er zurückkam und mich noch einmal küsste.
Doktor Ericht starrte uns unsicher an.
"Nun gut...", unterbrach er die angenehme Stille, "wir versuchen es mal ohne Therapie. Wenn sowas nochmal passiert... Naja... Wir sehen uns in einer halben Stunde bei der Untersuchung, Ardian"
Er schnappte seine kleine Aktentasche und verließ den Raum.

Wir waren alleine. Als ich ihn ansah, sah ich Tränen in seinen Augen. Er sah aus dem Fenster. Das Licht schien so auf ihn, dass ich seine Silhouette genau erkennen konnte. Die Stupsnase, die schönen Lippen und der trainierte Körper. Mich hatte es voll erwischt. Und es störte mich nicht.

"Taddl? Warum weinst du?", fragte ich vorsichtig.
"Es ist nur... Ich wollte dich halt vor 'ner Psychiatrie bewahren, das geht da so schlimm zu. Und ich wusste nicht, wie sonst. Ich bin doch keine Schwuchtel", murmelte er leise und traurig.
Autsch, das hat richtig gesessen. Ich dachte, dass ich in dem Kuss echte Gefühle gespürt hatte. Aber vielleicht waren das auch einfach meine.

Ich sah betreten zu Boden. Er sah mich verweint an.
Er holte erneut Luft, um etwas zu sagen, da er meinen verletzten Blick bemerkte, aber er ging zur Tür, drehte sich ein letztes Mal um und verließ den Raum. Minutenlang starrte ich nur die Tür an.
Ich weinte so stark wie noch nie zuvor.
In meinem Frust und meinem Kummer schlief ich ein und verschlief alle Untersuchungen. Mir ging es noch nie so dreckig wie heute. Alle Kraft, die Taddl mir geschenkt hatte, war wie verschwunden. Als hätte es sie nie gegeben. Ich war schwacher als am Anfang.

Ich schlief 17 Stunden durch. Am nächsten Tag hatte ich die schlimmste Migräne. Mein Kopf pochte und fühlte sich an, als würde er gleich explodieren. Zudem übergab ich mich alle 10 Minuten. Irgendwann kam nur noch Speichel raus, aber ich fühlte mich ekelhaft. Ich war krank, und das nicht nur mit meiner Migräne.

Für 2 Tage verließ ich mein Zimmer nicht. Jede Mahlzeit, die ich zu mir nahm, kotzte ich sofort wieder aus. Für 2 Tage hatte ich unglaublich viel abgenommen. Ich war bleich und hatte dunkle Augenringe.
Doktor Ericht kam zu mir und meinte, ich würde noch länger hier bleiben müssen. Ungefähr so lange wie Taddl. Aber ich freute mich nicht. Ich reagierte gar nicht. Ich fühlte auch nichts. Eigentlich wollte ich gar nicht noch länger bleiben. Aber ich spürte weder eine Abneigung noch Freude. Das einzige, was ich noch fühlte, war die hoffnungslose Liebe zu Taddl und Brechreiz.

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Ja, das war ein mieses Kapitel. Schaffe heute leider kein weiteres, weil wir umziehen und ich noch richtig viel packen muss

One wall between us ~ Tardy FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt