PoV Taddl
Ich war so unglaublich sauer auf ihn. Er machte mir Vorwürfe, für die ich allesamt nichts konnte.
Das Missverständnis mit Wiebke konnte ich verstehen, mehr aber auch nicht.
Es gehörte vielleicht zu seiner Art, manchmal ein bisschen zu übertreiben, aber sowas stinkt mir.Ich bin dann ohne etwas zu trinken wieder auf mein Zimmer gegangen. Ein paar Anwesende sahen mich bemitleidet an, sie hatten die ganze Situation mitbekommen. Als ich an Ardys Zimmer vorbeiging, um zu meinem zu kommen, hörte ich ihn weinen.
All meine Wut und Aufregung waren wie weggeblasen. Wenn er weinte, zerfiel alles in mir. Nur sein Wohlergehen zählte.
Ich klopfte vorsichtig. "Ardy? Darf ich rein?"
Als er nur grummelte, ging ich einfach zu ihm. "Verschwinde", schluchzte er.
"Ardy, bitte. Lass uns reden, man"
"Geh."
"Wiebke ist krank. Wir waren zusammen, dann trennte ich mich, weil... Naja und dann ist sie ausgetickt. Sie hängt immernoch an mir, aber ich ignoriere sie. Sie denkt immernoch, dass wir füreinander bestimmt sind, aber ich sehe das definitiv nicht so", erklärte ich so schnell wie möglich.Langsam drehte er sich zu mir. Seine Augen waren vom Weinen glasig und geschwollen.
"Du hast den Satz nicht fertig gesagt. Warum hast du dich getrennt?"
PoV Ardy
Eigentlich wollte ich nicht so neugierig sein, aber interessiert hatte es mich schon.
Er sah betreten zu Boden.
"Du kannst mir alles erzählen, Taddl!"
Er sprach nichts.
Ich setzte mich auf. Was stimmte denn nicht mit ihm?"Taddl?", riss ich ihn aus seinen Gedanken. "Oh ja ähm... Ich geh mal lieber... schnell"
Zum Ende hin wurde er immer leiser.
So abwesend hatte ich ihn noch nie erlebt.Ich wollte mich wieder zu meinem einsamen Platz in der Kirche verziehen, um über alles nachzudenken und mal einen klaren Gedanken zu fassen. Dieses Gefühlschaos hatte mich die ganzen letzten Tage total durcheinander gebracht. Alles war verwirrend zwischen uns. Aber der Platz war besetzt. Er war doch nie besetzt? Ich war erst enttäuscht, bis ich merkte, wer dort saß.
Schnell krabbelte ich zu Taddl nach oben.
Er drehte sich sofort weg von mir.
"Hey," flüsterte ich, "ich bin dir doch nicht mehr böse. Was ist denn los?"
Er antwortete nicht. Das ständige hin und her, wer gerade der Beleidigte ist, ging mir auf die Nerven.
"Ich liebe dich doch, tu mir nicht weh", wisperte ich.Er drehte sich um und sah mir tief in die Augen. Mein ganzer Körper zitterte auf einmal, als ich so lange in seine Augen sah. Seine hellen, kristallblauen Augen. Dieser wahnsinnige Moment, wenn man merkt, dass nicht nur du denjenigen anschaust, sondern auch er dich.
"Warum willst du es mir nicht sagen?"
"Wenn der Zeitpunkt gekommen ist, vielleicht", meinte er und kletterte nach unten. Aus dem Glasfenster sah ich, wie er rausrannte. Draußen regnete es allerdings in Strömen.Ich lief ihm hinterher, um ihn reinzuholen. Egal, ob er mich jetzt sehen wollte oder nicht.
Ich wollte wissen, was los war, ich verstand absolut nichts mehr.Ich rannte raus und war nach Sekunden schon klitschnass.
Ich blickte mich um, als ich ihn an eine Laterne gelehnt auf den Boden fallen sah.
Er brach zusammen und stützte seinen Kopf auf seine Arme.Ich rannte so schnell ich konnte zu ihm und rutschte einmal fast aus.
Ich kniete mich neben ihn und drehte ihn zu mir. Dreimal rief ich seinen Namen, bis er mich mit verweinten Augen ansah."Es ist alles so schrecklich. So unglaublich schrecklich", heulte er.
Ich half ihm wieder auf die Beine.
"Was ist schrecklich?", fragte ich vorsichtig. Inzwischen waren meine gesamten Klamotten vollkommen durchnässt.
"Alles. Meine Mutter wird mich hassen. Ja, hassen wird sie mich!"
"Warum sollte sie das tun?""Ardy..."
"Ja?"
"Ich..."
"Sag's mir!"
"Liebe dich. Irgendwie. Oder auch nicht. Dann halt ein bisschen. Aber schon was und- und sie hasst schwule und ich dachte ich auch, aber jetzt, ich- ich weiß nicht ich... boah man"PoV Taddl
Alles war doch scheiße. Ich mochte Schwule nicht und jetzt war ich einer.
Aber es fühlte sich nicht falsch an, um ehrlich zu sein.
Ich versuchte Ardy so gut es nur irgendwie ging irgendwie meine Gefühle zu erklären."Psht. Red mal nicht so viel", unterbrach er mich mitten im Satz und grinste.
Ich lächelte ebenfalls.
Sekundenlang standen wir durchnässt im strömenden Regen und lächelten uns an."Was meinst du," begann er, "wollen wir es nochmal versuchen, mit dem ersten Kuss?"
Ich konnte nicht sprechen. Ich war zu überwältigt von seinem Anblick. Das Wasser, das ihm von Nase zum Kinn und auf sein Shirt tropfte. Seine nassen Klamotten und Haare.
Hinter ihm die dunkle Nacht.Ich trat einen Schritt näher an ihn heran. Und dann küsste er mich einfach.
PoV Ardy
Tausend verschiedene, bunte Feuerwerke explodierten in mir. Mein ganzer Körper kribbelte und der Regen kühlte meine feurige Hitze.
Dieses Mal verstand ich, was Leidenschaft war. Das Gefühl, geliebt zu werden, wenn jemand deinen Kuss erwidert, war unübertrefflich. Seine nassen Lippen auf meinen ließen mich alles für einen Moment vergessen. Gedankenlos gab ich mich meinen Gefühlen hin.Er löste sich von mir, doch ich wollte nicht, dass es endete. Also zog ich ihn ein zweites Mal an mich heran und küsste ihn noch einmal. Wir wurden immer fordernder und küssten uns voller Leidenschaft.
Die ganze Nacht blieben wir draußen, unterhielten und küssten uns. Die höchstwahrscheinlich schönste Nacht meines gesamten Lebens.