Kapitel 30

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PoV Ardy

"Auf gehts", flüsterte mir Taddl zu.
Ich wollte mich am liebsten wieder wie jeden Abend auf seine Brust legen, die Augen schließen und all meine Probleme vergessen.
Mich unter die Decke verkriechen und Taddls Wärme aufnehmen.

Aber kneifen konnte ich jetzt nicht mehr.

Ich musste Taddl etwas einholen, da er vorausgelaufen war, als ich stehenblieb.

Mit zittriger Hand drückte ich auf die Klingel und ein vertrautes dedido ertönt.

"Ich gehe!", schreit eine junge, weibliche Stimme. Vermutlich meine Schwester. Als ich ihre Stimme höre realisiere ich die ganze Situation erst so wirklich. Eine Gänsehaut überkam mich.

"Einen Scheiß wirst du! Seit wann darfst du an die Tür gehen?? Verpiss dich.", sagte eine tiefe, männliche Stimme kalt.

Mein Vater.

Die Tür wurde aufgeschoben und das Gesicht meines Vaters blickte mir entgegen.

"A-Ardian? Was tust du hier?", sagte er laut und streng, aber auch unsicher und irritiert.
"Ich, ähm.."
Was sollte ich ihm denn jetzt sagen? Ich wollte meine Schwester und Mutter retten, aber dass ich mit ihm sprechen würde, bedachte ich nicht.

Taddl übernahm gottseidank das Reden.
"Wir wollten ein paar seiner Sachen holen. Und er wollte seiner Schwester ein Bild überreichen."

"Deswegen seid ihr hergekommen?? So ein Schwachsinn!", sagte er streng.
Ich befürchtete, dass uns gleich die Tür vor der Nase zugeschlagen werden würde.
"Nein, nein. Das ist, besonders für uns, relativ wichtig", erklärte Taddl ruhig.

Er sah uns schief an, vermutlich weil ich Taddl eben etwas näher gekommen war.
"Seid ihr etwa zusammen?", fragte er kalt. Ich wusste genau, dass es mit meiner Chance vorbei war, wenn er wusste, dass ich schwul war.

"Nein!!", rief ich schnell, bevor Taddl antworten konnte und ich sah meinem Freund in die Augen.
Er schien anfangs leicht verletzt, nickte jedoch darauf.

Mein Vater seufzte. "Dann kommt doch rein. Du hast 10 Minuten."

Schnell lief ich in unser Haus. Die erste Person, die ich sah, war meine Schwester. Ich erkannte sie sofort wieder. Sie rannte auf mich zu und fiel mir um den Hals.

"Leo, wo ist Mama?", flüsterte ich so leise wie möglich in ihr Ohr.
"Oben", flüsterte sie zurück.
"Wo war früher mein Zimmer?"
"Auch oben. Ich zeig dir beide Räume, komm mit", murmelte sie und ging die Wendeltreppe hinauf, gefolgt von mir und Taddl.

"Hier war dein Zimmer", sagte mir Leo und deutete auf einen Raum mit einer blassgrünen Tür.

Ich ging langsam hinein.
So viele Erinnerungen überkamen mich. Mein Bett, was immer knarzte wenn man sich drehte.
Mein Schreibtisch, auf dem ich nie Ordnung halten konnte. Mein Teppich, auf dem ich immer lag und laß.

"Ardy? Komm, wir haben nicht so viel Zeit", riss mich Taddl aus meinen Gedanken. Mir fiel auf, dass ich geweint hatte. Ich rannte aus dem Raum und blickte mich nervös um.

Meine Schwester kam schnell zu mir und deutete auf einen Raum. Ich klopfte an.

Ich bemerkte erst, dass jemand in dem Raum geweint hatte, als es aufhörte.
"Nein, bitte nicht!", schrie meine Mutter aus dem Raum. Diese Stimme würde ich nie vergessen.
Meine Schwester murmelte durch die Tür: "Psst, ich bin's. Keine Angst"

Schweigen. Langsam öffnete sie die Tür und trat ein. Sofort bemerkte meine Mutter mich hinter ihr.
"ARDIAN!", rief sie und fiel mir um den Hals.
"Pst, wir müssen leise sein", flüsterte meine Schwester.

"Ich bring euch hier raus, versprochen", meinte ich.

"Ähm Leute, wie sollen wir an eurem Vater vorbei?", fragte Taddl schockiert.
"Ablenkung", sagte meine Schwester sicher.
"Wie?", fragte ich vorsichtig.
Taddl überlegte kurz.
"Ich rede mit ihm. Über interessante Themen", murmelte er.
"Über was denn?", fragte meine Schwester leise.
"Ich werde was finden. Beeilt euch", rief er und lief die Treppen herunter.

Nach einigen Sekunden Starre lief meine Mutter durch den Raum und packte schnell ein paar Sachen in einen Rucksack.

"NEIN!", schrie mein Vater unten und ein kalter Schauer lief mir den Rücken herunter. Ich hatte Angst um Taddl. Ich wollte nach unten und nach dem Rechten sehen.

Meine Schwester hielt mich sofort am Handgelenk fest. "Du darfst jetzt auf keinen Fall runter gehen! Komm hierher", ermahnte sie mich und deutete auf ein Fenster.

Nichts tat mehr weh als Taddl alleine unten zu lassen.

Wir krochen aus einem Fenster und kletterten die Feuerwehrleiter nach unten.

Ich rief noch ein Taxi, ich hatte vergessen dem anderen Fahrer zu sagen, dass er warten solle.

Jetzt musste nur noch Taddl kommen.

Auf einmal hörte ich seine tiefe Stimme aufschreien.
"Ich muss da jetzt rein!!!", schrie ich und wollte ins Haus rennen, aber meine Schwester hängte sich an mich und versuchte mit allen Mitteln mich aufzuhalten.

"Bist- du- be-scheuert?", rief sie.
Ich brach heulend auf dem Boden zusammen. Anscheinend war mein Vater ausgerastet und ich konnte Taddl nicht helfen.

Nichts konnte ich tun. Ich hatte seit langem wieder richtig Angst.

One wall between us ~ Tardy FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt