Kapitel Einundzwanzig

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Die Zeit bis zum Abendessen verging schneller als mir lieb war. Und obwohl ich wirklich versuchte mir nichts anmerken zu lassen, schien zumindest Dana etwas zu ahnen.

Sie fragte überdurchschnittlich oft, ob alles in Ordnung war, was ich jedes Mal bejahte. Und obwohl das eine glatte Lüge war, sagte weder sie noch Julian etwas.

Es war seltsam, denn normalerweise löcherte mich Julian immer, wenn er eine meiner Lügen enttarnte. Erst, wenn ich ihm sagte, dass ich nicht darüber reden wollte, ließ er es beruhen. Doch jetzt nickten er und Dana nur und machten einfach weiter.

Und dann war es Zeit fürs Abendessen. Wir waren fast am Speisesaal, als ich stehen blieb.

»Alles okay?«, fragte Dana und ich nickte.

»Ja, ich muss noch schnell auf Klo. Geht ihr schon vor«, fügte ich hinzu und wartete ihre Antwort gar nicht mehr ab.

Ich lief sofort zu den Toiletten und war froh, dass sie oder Abby mir nicht folgten. Erst als ich in der Klokabine stand und die Tür hinter mir abgeschlossen hatte, zog ich das Fläschchen aus meiner Blazertasche und betrachtete es unschlüssig.

Die Wirkung sollte nur zehn Minuten anhalten hatte Cedric gesagt. Nur hatte er nicht gesagt, wann genau die Wirkung einsetzen würde.

Wie viel Zeit hatte ich, bis sich die Krämpfe bemerkbar machten. Fünf Sekunden? Zehn Minuten? Eine halbe Stunde?

Komm schon Lynn. Du hast schon deutlich schlimmere Substanzen zu dir genommen!

Ich schraubte das Fläschchen auf und schnupperte kurz daran, nur um festzustellen, dass die Flüssigkeit geruchslos war.

Hoffentlich schmeckt sie auch nach nichts...

Ich seufzte, führte das Fläschchen an meine Lippen und leerte es in einem Zug.

Die Flüssigkeit schmeckte leicht süßlich und war deutlich dickflüssiger, als sie auf dem ersten Blick ausgesehen hatte. Ein bisschen wie Sirup. Durchsichtiger, nicht ganz so süßer Sirup.

Besser als jegliche andere Medizin, die ich schon genommen habe...

Von der Wirkung spürte ich allerdings noch nichts, weshalb ich das leere Fläschchen wieder in meiner Tasche verschwinden ließ und in den Speisesaal zurück ging, wo meine Freunde schon warteten.

»Alles okay? Du warst lange weg«, stellte Dana fest und sah mich an. Ich setzte mich zwischen sie und Julian und nahm mir etwas Wasser.

»Wird jetzt schon die Zeit gestoppt, wie lange ich auf Klo bin?«, fragte ich belustigt und sah sie an.

»Vielleicht führst du am besten Tagebuch«, grinste Nic und Abby kicherte.

»Dein Kack-Buch«, sagte sie und ich lachte.

Julian verzog das Gesicht. »Ehrlich Leute... Wir sind beim Essen«, murmelte er.

Nic grinste. »Nein, wir sitzen nur am Tisch. Essen ist noch nicht serviert. Also können wir ruhig über unsere-«

»Wehe du sprichst jetzt aus, was du gerade gedacht hast«, sagte Julian ernst und fixierte seinen Freund.

Nic grinste breit, hielt aber die Klappe, worüber ich zugegeben ganz froh war.

»Also, um ganz unauffällig das Thema zu wechseln: was machen wir nach dem Abendessen?«, fragte Dana und sah in die Runde.

»Seid mir nicht böse, aber ich bin für heute raus«, sagte Julian und trank einen Schluck aus seinem Wasserglas.

»Wieso das denn? Du bist nie raus«, sagte seine Cousine stirnrunzelnd.

»Ja, du bist immer dabei. Ist es, weil wir über unsere Sch-«

Silverleaf Academy - Was nach der Wahrheit kommt... (2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt