Kapitel Dreiunddreißig

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Ich verkniff mir ein Gähnen und schenkte mir etwas Kaffee ein.

Ich war so müde, dass ich wirklich dringend einen Kaffee brauchte, denn obwohl sonntags keine Anwesenheitspflicht beim Essen existierte und ich getrost in meinem Bett hätte bleiben können, war ich bereits seit zwei Stunden wach und nicht mehr in der Lage einzuschlafen.

Deshalb saß ich auch um Punkt neun Uhr im Speisesaal, mit einem vollgeladenen Frühstückstablett und einer heißen Tasse Kaffee vor mir und versuchte die Augen offen zu halten.

Nach meinem gestrigen, nächtlichen Ausflug hatte ich noch eine ganze Weile wach gelegen, weil noch so viel Adrenalin durch meinen Körper jagte, dass es mir nicht möglich gewesen war die Augen zu schließen.

Erst in den frühen Morgenstunden, so zwischen drei und vier, war es mir endlich gelungen einzuschlafen. Weshalb ich nur wenige Stunden später hellwach im Bett lag, wollte mir nicht einfallen.

Und wieso ich nicht mehr einschlafen konnte, war mir auch ein Rätsel. Deshalb war ich um kurz nach sieben aufgestanden und unter die Dusche gesprungen.

Ich hatte mir meine Haare gemacht und etwas MakeUp aufgetragen, um die Augenringe zu verstecken.

»Guten Morgen, schon wach?«

Nic ließ sich mir gegenüber auf den Stuhl fallen und grinste. Ich setzte zu einer Antwort an, die zu einem Gähnen mutierte.

»Morgen«, nuschelte ich dann und Nic lachte.

»Du siehst müde aus«, stellte er fest und nahm sich den Orangensaft und goss sich etwas in ein Glas. »Und ist das Kaffee? Seit wann trinkst du Kaffee?«

Ich zuckte mit den Schultern. »Ich brauche heute einfach Koffein«, antwortete ich und versteckte das nächste Gähnen hinter meiner Hand.

Nic legte den Kopf schief. »Schlecht geschlafen?«, fragte er und klang besorgt.

»So ähnlich... Geht schon, ehrlich.«

Ich rang mir ein Lächeln ab, welches mir sofort auf den Lippen gefror, als Dana, Julia und Abby den Speisesaal betraten. Nic folgte meinen Blick, als ich beobachtete, wie die Drei an unserem Tisch vorbeigingen und sich woanders hinsetzten.

»Du hast gestern nicht mehr mit ihnen reden können?«, fragte er und ich schüttelte den Kopf.

»Nein... ich war sehr lange bei Susan und wir haben geredet. Ich bin erst sau spät hier aufgetaucht«, sagte ich und Nic nickte verständnisvoll.

»Dann redet ihr heute miteinander. Du wirst sehen, heute Mittag sitzen wir wieder alle zusammen am Tisch und lachen über alles.«

Nic klang bei diesen Worten so sicher, dass ich lächeln musste. Ich glaubte ihm irgendwie. Ich musste mich nur bei Abby und auch bei Julian und Dana entschuldigen und dann wäre alles wieder so wie vor der ganzen Sache.

Vielleicht könnte ich ihnen einfach sagen, dass ich erfahren hatte, dass Susan nicht meine leibliche Mutter war. Ich hatte es Nic ja auch erzählt. Und ich wollte meinen Freunden nichts mehr verheimlichen.

Ich vertraute ihnen und wenn sie die ganze Wahrheit wussten – als die ganze, ganze Wahrheit! – dann würden sie vielleicht verstehen, weshalb es mit mir gerade so schwierig war.

Doch dann fiel mir ein, was ich gestern Nacht von Will alles erfahren hatte. Und auch die Geschichte von Susan kam mir wieder in den Sinn.

War es wirklich sicher meinen Freunden alles zu erzählen? Sie würden mich nie absichtlich verraten, aber...

»Guten Morgen!«

Ich zuckte überrascht zusammen und drehte mich zu Blake, der mich durch den leichten Kuss auf die Schläfe aus meinen Gedanken gerissen hatte.

Silverleaf Academy - Was nach der Wahrheit kommt... (2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt