Julian saß auf dem Sofa und blätterte in einem Buch, während er sich Notizen machte. Ich blieb im Türrahmen stehen und beobachtete ihn kurz. Er hatte eine konzentrierte Miene aufgesetzt und man sah deutlich, wie es hinter seiner Stirn arbeitete. Die dunkelblonden Haare fielen ihm leicht in die Stirn und an seinem Kinn zeichnete sich ein Bartschatten ab. Die blauen Augen konnte ich nicht sehen, da sich diese auf das Buch und die Notizen konzentrierten. Er schrieb schnell, aber dennoch war seine Schrift ordentlich und leserlich.
„Willst du da noch lange stehen und mich anstarren?" Er hob den Blick und lächelte mich an. Ich fühlte mich ertappt und um meine Verlegenheit zu überspielen, ließ ich mich schnell neben ihn fallen. „Summer meinte du hast mich gesucht?", fragte ich und sah desinteressiert auf meine Finger. Julian lachte leise.
„Du bist schlecht im Ausweichen", sagte er und schlug das Buch zu. „Nic hat mir von gestern Abend erzählt", sagte er und lehnte sich zurück, ohne mich dabei aus den Augen zu lassen. Ich zuckte mit den Schultern. „Ich wollte es euch später selbst erzählen, wenn es jetzt darum geht", sagte ich, lehnte mich mit dem Rücken gegen die Sofalehne und winkelte meine Knie an. Julian tat es mir gleich, sodass wir uns gegenüber saßen.
„Es geht nicht darum, dass du es uns noch nicht erzählt hast, sondern darum, dass Nic es seit gestern Abend wusste. Woher? Wir haben bis Nachtruhe in meinem Zimmer gesessen und gelernt", sagte er und sah mich stirnrunzelnd an. Ich hob irritiert die Augenbrauen. „Wenn Nic dir erzählt hat, was gestern passiert ist, dann weißt du auch sicher, wie er davon erfahren hat", antwortete ich und verschränkte die Arme vor der Brust. Julian seufzte.
„Dir ist hoffentlich bewusst, dass wenn euch jemand erwischt hätte, ihr beide Ärger bekommen hättet?" „Natürlich ist mir das bewusst Julian", sagte ich und sah ihn an. „Aber es ist nichts passiert. Und es waren nur zehn Minuten oder so", sagte ich. „Und außerdem... Was geht dich das überhaupt an?" Er seufzte und wandte den Blick ab.
„Ich will einfach nicht, dass irgendjemand von euch Ärger bekommt", sagte er leise. Ich verstand ihn und lächelte versöhnlich. „Versteh ich. Ich will auch nicht, dass ihr Ärger bekommt. Und es war ja auch nur dieses eine Mal", sagte ich und Julian sah mich an. „Richtig... Und es erklärt, weshalb Abby heute Morgen so schlecht drauf war", murmelte er und ich runzelte die Stirn.
„Was meinst du?" „Na ja... Abby mag Nic. Sehr", sagte Julian und sah mich vielsagend an. „Ich weiß...", antwortete ich gedehnt, ohne zu wissen worauf er hinaus wollte. „Und wenn sie mitbekommen haben sollte, wie Nic zu dir ins Zimmer ist, beziehungsweise wie er aus deinem Zimmer raus ist..." Er sah mich an und langsam dämmerte es mir, was er mir sagen wollte.
„Oh Gott", murmelte ich und seufzte. „Sie denkt, dass ich was mit Nic habe?" Julian zuckte mit den Schultern. „Möglich... Aber du kannst ja nachher beim Mittag alles erklären. Dann wird sie es sicher verstehen und nicht mehr glauben, dass ihr jemand Nic wegnimmt", grinste er.
„Wer nimmt mich wem weg?" Nic sprang so plötzlich über die Sofalehne und landete zwischen uns, dass ich erschrocken aufschrie. „Gott Nic erschreck mich doch nicht so", sagte ich und zog meine Beine ein Stück weg, sodass er mehr Platz hatte. Nic kicherte.
„Sorry. Also? Wer nimmt mich wem weg?" Er sah von mir zu Julian und grinste dabei immer noch. Ich glaube, ich hatte Nic noch nie anders gesehen, als grinsend. In meinen Gedanken war er immer am Grinsen. Ein schlechtgelaunter oder trauriger Nic, existierte bei mir nicht.
Julian machte gerade den Mund auf, um zu antworten, aber ich unterbrach ihn. Nic sollte nicht durch Julian erfahren, dass Abby ihn sehr mochte. Das musste Abby ihm selbst sagen! „Wie ich gehört habe, ist das Training der Gestaltwandler mit dem der Werwölfe zusammengelegt worden", sagte ich und Nic zog überrascht die Augenbrauen.
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Silverleaf Academy - Was nach der Wahrheit kommt... (2)
ParanormalBuch Zwei. „Nein Lynn... Denn du bist, genau wie wir, ein übernatürliches Wesen..." Diese Worte veränderten mein Leben schlagartig. Alles, was ich geglaubt hatte zu wissen und zu sein, war aus meinem Kopf verschwunden. Ich wusste nicht mehr, wer ic...