Obwohl es noch lange keine Nachtruhe war, war es im Gebäude ziemlich ruhig. Im Aufenthaltsraum saßen nur ein paar Jungs, die ein Kartenspiel spielten. Und auch im Mädchentrakt war es still, als ich in mein Zimmer ging und mir mein Waschzeug holte.
Ich freute mich schon auf eine schöne, warme Dusche, die ich so genoss, dass ich zehn Minuten einfach unter dem warmen Wasserstrahl stand, ohne mich zu bewegen. Erst, als ich die Tür zum Waschraum aufgehen hörte und kurz darauf ein paar Mädchen anfingen zu gackern und zu reden, beeilte ich mich damit, fertig zu werden.
Obwohl ich scheinbar eine ganze Weile bewusstlos gewesen war, war ich ziemlich müde. Und ich hatte leichte Kopfschmerzen, weshalb ich das laute Gegacker dieser Hühner nicht ertragen konnte. Ich putzte mir lediglich noch meine Zähne und ignorierte die vier Mädchen, die ich bisher nur vom Weiten gesehen hatte. Nach einem kurzen Auracheck wusste ich, dass die vier zu den Vampiren gehörten.
Nachdem ich dann vollständig fertig war, ging ich zurück in mein Zimmer, nicht aber ohne kurz bei Dana und Abby vorbei zu schauen und zu sagen, dass es mir gut ging und ich noch am Leben war. Und ich musste versprechen, dass ich den beiden morgen alles erzählen würde. „Vor allem das mit Cecilia bitte!", grinste Dana zum Abschied. Ich lachte und ging dann in mein Zimmer, wo ich mich sofort in mein Bett fallen ließ und die Augen schloss.
Ein leises Klopfen ließ mich hochschrecken. Verschlafen sah ich mich in meinem Zimmer um und knipste die Nachttischlampe an. Kurz glaubte ich, dass ich mir das Klopfen nur eingebildet hatte, aber als ich mich gerade wieder daran machte, mein Licht auszuschalten, klopfte es erneut. Ich sah zum Fenster und runzelte die Stirn.
Ein schwarzer Rabe saß auf meiner Fensterbank und klopfte mit seinem Schnabel gegen das Glas. Aufgeregt flatterte er mit den Flügeln und ich stand langsam auf und ging zum Fenster. Er flog kurz hoch, sodass ich das Fenster öffnen konnte und dann landete er auf meinem Schreibtisch und hüpfte von dort runter auf meinen Fußboden, wo er sich dann in Nic verwandelte.
„Was machst du hier?", fragte ich leise und schloss das Fenster wieder. Es war halb zwölf, also schon längst Nachtruhe. „Ich wollte wissen, ob alles okay ist", sagte Nic und sah mich stirnrunzelnd an. „Du warst den ganzen Nachmittag lang verschwunden, was bei uns allen echt für Nervenzusammenbrüche gesorgt hat. Vor allem bei den Lehrern", fügte er hinzu und ich seufzte.
„Ja, ich darf mir morgen deshalb auch noch was anhören", murmelte ich und lehnte mich gegen meinen Schreibtisch. Nic zog den Stuhl ran und setzte sich. „Wo warst du? Ich meine, das Gelände ist groß klar, aber wo kann man sich denn bitte mehrere Stunden aufhalten, ohne vor Langeweile zu sterben?" „Ich wollte gar nicht so lange weg bleiben", sagte ich und beschloss, dass ich Nic erzählen würde, was passiert ist. Er war immerhin auch ein Gestaltwandler.
„Ich wollte zurück, kurz nachdem ich abgehauen bin. Ich bin bis zur Kapelle gelaufen und als ich wieder klar denken konnte und zurück wollte da... da haben die Schmerzen angefangen..." Nic sah mich an. „Was? Hast du Summer oder meinem Dad Bescheid gesagt? Erzähl mir ganz genau, was passiert ist!"
„Das ist es ja eben. Ich weiß nicht, was genau passiert ist. Als ich zurück zur Schule wollte, bin ich, kaum das ich ein paar Schritte gegangen war, zusammengebrochen, weil meine Beine wehgetan haben. So als würde jemand meine Beine ins Feuer halten. Und irgendwann bin ich bewusstlos geworden und erst wieder aufgewacht, als es dunkel war. Die Schmerzen waren weg, so als wäre nie etwas passiert", sagte ich und sah Nic an.
„Hab ich mich verwandelt? Ich meine... Die Schmerzen hat man doch nur, wenn man sich verwandelt und man hat doch dann keine Erinnerungen mehr. Oder?" Nic fuhr sich durchs Haar. „Wenn du dich verwandelt hättest, dann würde man es anhand deiner Aura sehen. Aber deine Aura ist völlig normal. Also... so normal wie sie bei dir eben sein kann. Bist du woanders wach geworden?" Ich schüttelte den Kopf. „Nein, genau dort, wo ich bewusstlos geworden bin", sagte ich und Nic nickte leicht.
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Silverleaf Academy - Was nach der Wahrheit kommt... (2)
ParanormalBuch Zwei. „Nein Lynn... Denn du bist, genau wie wir, ein übernatürliches Wesen..." Diese Worte veränderten mein Leben schlagartig. Alles, was ich geglaubt hatte zu wissen und zu sein, war aus meinem Kopf verschwunden. Ich wusste nicht mehr, wer ic...