Silverleaf Academy - Was nach der Wahrheit kommt... (2)

Kapitel Zwei

Ich war froh, dass ich auf dem Weg zurück in mein Zimmer, niemanden begegnete. Die meisten Schüler waren noch beim Essen oder bereits im Aufenthaltsraum, aber ich hatte wirklich nicht das Bedürfnis, jetzt irgendjemanden zu sehen oder gar zu sprechen.

Obwohl ich den Beweis gesehen hatte, war in meinem Gehirn noch nicht alles angekommen, was ich gerade gehört hatte. Ich wusste, dass Summer die Wahrheit sagte und es so etwas wie Vampire scheinbar wirklich gab, aber dennoch versuchte ein kleiner Teil meines Gehirns mich davon zu überzeugen, dass das alles nicht real war. 

Deshalb ließ ich mich, in meinem Zimmer angekommen, einfach ins Bett fallen und vergrub mein Gesicht im Kissen. Meine Gedanken kreisten immer und immer wieder über das Geschehene von gestern Abend und ich versuchte das ganze irgendwie einzuordnen. Zu verstehen.

Es gab übernatürliche Wesen. Das wusste ich jetzt. Mich hatten gestern Abend zwei Vampire angegriffen, mit der Absicht mich zu töten. Glücklicherweise lebte ich noch und das nur, weil man mir zur Hilfe geeilt war. Wie auch immer man gewusst hatte, dass ich Hilfe gebraucht hatte. 

Und jetzt, nach nicht einmal zwölf Stunden, erfuhr ich, dass ich ebenfalls ein übernatürliches Wesen bin, auch wenn mir niemand sagen konnte, was für eins. Dass meine Mum ebenfalls kein Mensch war und mir das, warum auch immer, mein ganzes Leben verschwiegen hatte. Das meine Freunde ebenfalls übernatürlich waren und generell der größte Teil der Schule, nicht menschlich war.

Ich seufzte und drückte mir das Gesicht ins Kissen. Das kann doch alles nur ein verdammt schlechter Witz sein! Wie kann mein Leben in nur zwölf Stunden so eine Wendung nehmen? Wieso passierte das ausgerechnet mir? Warum hast du mir das verheimlicht Mum? Wieso belügst du mich ständig? 

Obwohl ich wirklich gerne ein Antwort auf diese Fragen hätte, würde ich sie Mum nicht stellen. Wer sagte mir, dass sie mich nicht wieder belog? Es lief doch gerade so gut. Wir hatten doch gerade wieder ein super Verhältnis. Warum macht mir das Universum das wieder kaputt? 

Ich starrte an die Decke und spürte etwas Warmes, feuchtes meine Wange hinab laufen. Ich hatte die Tränen nicht bemerkt, die sich langsam aber sicher den Weg aus meinem Körper hinaus bahnten. Ich wischte sie weg und zuckte zurück, als ich die wunde Stelle an meinem Handgelenk erblickte. 

Die Bissstelle. Ein Beweis dafür, dass mir das wirklich passiert war. Unweigerlich erinnerte ich mich an das Gespräch mit Kassiopeia von heute Morgen zurück, als sie mich schließlich entlassen hatte.

„Die Stelle am Hals ist schon nicht mehr zu sehen. Du wirst sie auch kaum noch spüren. Die am Handgelenk wird dir allerdings noch eine Weile auffallen. Der Biss war ziemlich tief und selbst die beste Heilsalbe, wirkt nur langsam bei so einer Verletzung. Du darfst auf keinen Fall daran herumspielen oder, sobald sich fester Schorf gebildet hat, diesen abpuhlen!" Ich hatte genickt und mir mein Handgelenk angesehen. Die Bissstelle war noch geschwollen und rot und brannte ein wenig. 

„Sollte das Brennen stärker werden, dann komm bitte sofort zu mir. Das ist ein Zeichen dafür, dass die Heilung weiter fortschreitet und leider führt das schnell zu einem unerträglichen Jucken und Brennen. Deshalb bekommst du dann von mir wieder ein wenig Heilsalbe. Auf einen Verband musst du leider verzichten. Alles klar soweit?" 

„Bleibt eine Narbe zurück? Ich will nicht irgendwann in die Bredouille kommen, irgendwem zu erklären, wie das Zustande gekommen ist", sagte ich und sah zu, wie Cassiopeia mir noch etwas von einer dickflüssigen, weiß-gelblichen Masse auf das Handgelenk schmierte. 

„Wenn du nicht daran rum spielst und darauf achtest, was ich dir gerade gesagt habe, dann wird die Stelle ohne Probleme abheilen und es wird, wie an deinem Hals, keine Narbe zurück bleiben", sagte sie und lächelte. Zögernd strich ich mit meiner freien Hand über die Stelle, wo mich der zweite... Vampir, gebissen hatte. „Warum ist das am Hals bereits fast abgeheilt? Ich habe es vorhin im Spiegel gesehen..."