Bittere Erkenntnis

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Manche Dinge bemerkt man, doch man wird sich ihrer nicht immer sofort bewusst. Manchmal will man dies auch gar nicht. Doch wenn man an einem Punkt angekommen ist, an dem man sich diesen Dingen stellen musste, erlangt man oft zu einer bitteren Erkenntnis.

Man war ihnen so lange es ging aus dem Weg gegangen, bis es nicht mehr ging und bis es auch schon fast zu spät war es zu ändern.


In dem Zimmer befanden sich zwei junge Pflegerinnen. Die eine von ihnen lag bewusstlos und halbnackt auf dem Boden. Ihr einer Arm stand in einem ungewöhnlichen Winkel ab und auf ihren Oberschenkeln sah man heftige Blutergüsse. Die andere wurde gerade von einem weiteren Mann auf den Boden gedrückt. Ihr Mund war durch ein Knebel verschlossen, dennoch schrie sie vor Schmerzen so laut sie konnte. Der Mann drängte sich zwischen ihre Beine, sie hämmerte verzweifelt auf seinen Rücken ein, doch es brachte nichts.

Ohne ein Wort zu sagen ging ich in das Zimmer, packte den Mann an seinen Haaren und zog ich brutal nach oben. Auch ihm entwich ein panischer Schrei. „Was zum-", keuchte er und blickte zu mir. „Oh Scheiße!", fluchte er. „Das kannst du laut sagen.", sagte ich bedrohlich. Kurzerhand schleifte ich ihn hinter mir her, packte auf dem Weg nach draußen noch den anderne Mann an seinem Fußgelenk und zerrte die beiden so auf das Deck.

Die Tür flog mit einem Tritt aus ihren Angeln, machte mir so den Weg frei und brachte mir zusätzlich noch die ungeteilte Aufmerksamkeit der gesamten Mannschaft ein. Das war zwar nicht mein Plan, aber ich war in diesem Moment so wütend, dass ich diese Männer am liebsten umbringen wollte. „M-Marco?", sprach mich ein Mann aus meiner Divison zögerlich an, doch als er die beiden Männer sah, welche ich hinter mir herzog, verstummte er.

Ich ging noch einige Schritte, bevor ich die beiden wortlos in einem hohen Bogen meinem Kapitän vor die Füße schmiss. Natürlich war das nun ein Stimmungskiller, aber niemand wirklich niemand vergreift sich an den Pflegerinnen. Dies war ein ungeschriebenes Gesetzt und jeder aus unserer Crew kannte es und wusste auch, was passieren würden, sollte man es brechen. Mein Blick ging zu der einen Pflegerin an Paps Seite. „Komm!", forderte ich sie auf. Sie verstand sofort. Paps sah ich nur kurz in die Augen, sah den dunklen Schatten und die Wut, welche in ihm hochkam. Manch einer könnte Mitleid mit diesen beiden Männern haben, aber ich nicht. Sie hatten verdient, was nun kam.

„Was ist passiert, Marco?", fragte mich die Brünette Pflegerin, als sie sich ihre Locken hochband. „Lya und Nala sind schwer verletzt.", erzählte ich ihr, als wir zusammen in das Zimmer zurückkehrten. Hektisch stürmte sie in das Zimmer und blieb stocksteif stehen. Ihre Hand bedeckte ihren Mund und sie unterdrückte einen Schrei. „Neri!", ich packte sie am Arm. „J-Ja, tut mir Leid.", sie schüttelte sich und eilte dann sofort zu ihren Freundinnen. Gerade als sie sich um die bewusstlose Nala kümmerte trat Thatch hinter mich.

Ohne zu reden betraten wir das Zimmer, bedeckten beide Frauen mit einem Lacken. Und als Neri mit der Erstuntersuchung fertig war, hoben wir die Frauen sachte an und trugen sie hinaus. Wir musste einmal an Deck gehen, um danach ins das Krankzimmer zu gelangen. Es war still, niemand sagte etwas und von den beiden Verbrechern war keine Spur mehr.

Neri und der Schiffsarzt kümmerten sich sofort um die beiden Pflegerinnen. Ich sah ihnen beiden zu, hörte was sie sagten und mit jeder weiteren Verletzung sank meine Laune. Hätte ich es nur früher bemerkt! Wir waren seid Tagen auf offener See, die beiden Männer hätten mir auffallen müssen! Thatch legte mir eine Hand auf die Schulter, drückte einmal zu und verschwand dann. „Es ist nicht deine Schuld.", sagte Neri plötzlich. Traurig sah ich sie an. „Doch ist es.", ich war schließlich für die Sicherheit meiner Leute verantwortlich und auch für die Sicherheit von den Pflegerinnen.

„Marco.", sie kam auf mich zu, nahm mein Gesicht zwischen ihre Hände und sah mir tief in die Augen. „Es ist nicht deine Schuld!", wiederholte sie. Ihre grünen Augen zeigten kein Zweifel und auch keine Angst. „Und was, wenn es wieder passiert? Wenn es dir passiert?", sprach ich meine Ängste aus. Neri und ich kannten uns schon seid einigen Jahren. Wir waren gute Freunde, sie war wie eine Schwester für mich. „Wird es nicht!", sagte sie schlicht, hielt mein Gesicht immer noch fest. Ich musste schmunzeln. „Und jetzt kümmer dich um deine Männer und lass mich meine Arbeit machen.", sie zog mich zu sich runter und gab mir einen Kuss auf die Stirn.

Ich blinzelte, fasste mir an die Stelle, an der eben noch ihre Lippen lagen und lächelte. Als ich mich aber nach einigen Sekuden noch nicht wegbewegt hatte, sah sie mich scharf an. „Los!", zischte sie und ich zuckte zusammen.

Bloß weg hier!

Ich verließ das Krankenzimmer und ging den Gang zum Deck wieder entlang. Kaum hatte ich dieses betreten da wurde ich gerufen. Es war Ace, seine Stimme würde ich unter tausenden wieder erkennen. Als ich ihn vor mir stehen sah, vergaß ich für einen kleinen Moment die Geschehnisse von eben. Er sah etwas verkrampft aus. „Wie ... ähm ...Wie geht es den beiden?", und schon kam wieder die Wut in mir hoch. „Den Umständen entsprechend gut. Neri kümmert sich gerade um sie.", ich steuerte die Treppe an, welche zu den Kommandanten Zimmern führte.

„Marco?", ich blickte in seine Richtung, er ging neben mir und sah mich an. „Ja?", fragte ich, setzte einen Fuß auf die Treppe. „Du und Neri ...", fing er an und ich blieb stehen. Auch Ace blieben neben mir auf der Treppe stehen, stammelte irgendetwas vor sich hin. Er sah verlegen zur Seite, spielte mit den Zipfel seines Hemdes. Da fiel mir auf, dass es das Hemd war, welches ich ihm damals geschenkt hatte. Dieses schwarze Hemd stand ihm wirklich gut und brachte mich schwer zu schlucken.

Heilige Scheiße ... Marco, reiß dich zusammen hier sind schließlich noch andere!

„... also worauf ich hinaus wollte war ... seid ihr zusammen?", fragte er dann plötzlich. Ich spürte die Zahnräder in meinem Kopf arbeiten. Neri und ich? Wie kam er darauf? Und wieso fragte er mich so etwas?!

Ich lächelte ihn leicht an und legte meine Hand auf seinen Kopf. „Nein, Ace. Ich und Neri sind nicht zusammen.", er schien von der Hand auf seinem Kopf nicht so begeistert zu sein und das ich sie dann auch noch bewegte und seine weichen Haare zerstrubbelte, gefiel ihm noch weniger. „Fragst du aus eigenem Interesse?", hackte ich nach und nahm meine Hand weg, da kleine Flammen auf seinem Kopf entstanden. Meine Gegenfrage ließ ihn aber überrascht aufblicken. „Eigenem Interesse?", wiederholte er und es klang fast so, als würde er die Worte nicht verstehen.

Ich seufzte laut und hielt mir die Stirn. Er war ja noch so jung und so unerfahren! Ich kann froh sein, wenn er sich für Neri interessieren sollte. Sie war warmherzig und ehrlich und würde so jemand süßen und unerfahrenen niemals verletzen.

„Falls du Neri magst, stehe ich dir nicht im Weg.", sagte ich so deutlich, dass auch er es verstehen sollte. Seine Augen wurden er groß, dann färbten sich seine Wangen rötlich und zum Schluss sah er hektisch weg. „Nein, so meinte ich das gar nicht!", stotterte er schnell, doch seine Reaktion sagte mir etwas anderes. „Schon gut.", ich legte ihm meine Hand auf die Schulter. Er wandte sich mir immer noch nicht wieder zu, sah stur auf die dunkle See hinaus. Daher beugte ich mich zu ihm herüber und hauchte ihm ein: „Schnapp sie dir, Tiger.", ins Ohr. Er erschreckte sich, was mich zum lachen brachte. „Marco!", kreischte er und wollte mir eine verpassen, doch ich wich zurück.

„Ace, wirklich. Wenn du sie magst, dann rede mit ihr und unternimm etwas mit ihr auf der nächsten Insel.", schmunzelte ich und lächelte über meinen eigenen Schmerz hinweg. Er sollte glücklich werden können und ich wollte ihm nicht im Weg stehen. „Und was kann man so machen?", fragte er nach, lehnte sich nach hinten an das Geländer. „Geht Essen oder macht einen romantischen Spaziergang.", schlug ich vor. „Was ist denn ein romantischer Spaziergang?", er hob fragend seine Augenbrauen.

„Abends kurz vor Sonnenuntergang geht ihr los, an einen Ort, an dem kaum Menschen sind. Am besten auch an den Strand. Seht euch den Sonnenuntergang an, gib ihr dein Hemd, falls ihr kalt wird und nimm sie in den Arm. So etwas ist romantisch.", als ich ihm das so vorschlug, stellte ich mir vor, wie Ace und ich solch eine Art Spaziergang machten. Hör auf zu träumen, Marco! „Ah, okay. Danke.", er stieß sich ab und ging. Ich stieg die Treppe entgültig hoch und verschwand in meinem Zimmer.

Erst als die Tür hinter mir zu war, hörte ich auf zu Lächeln und fasste mir an die Brust. Sie schmerzte!

I see your FireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt