Trennung

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Jemand gehen lassen.

Es klingt so viel einfacher, als es eigentlich ist. Während meiner Zeit als Pirat war mir immer bewusst, dass ein Leben schnell genommen werden kann, dass sich Dinge schnell ändern können und man auf diese reagieren muss, um zu überleben.

Thatch war nicht der erste Kamerad, welchen ich verloren hatte und auch ist er nicht der erste Kommandant, den diese Mannschaft verloren hatte, aber er war mein bester Freund und deshalb ging mir sein Tod näher als jeder andere vorher.

Die Sonne war mittlerweile aufgegangen und erhellte das Deck. „Alle Kommandanten zu mir!", rief Paps laut. Ich ließ meinen Blick noch eine Weile auf den anderen Kommandanten, bevor ich Thatch endgültig in mein Zimmer trug. Sachte legte ich auf den Boden, nahm das Laken von meinem Bett und wickelte ihn darin ein, sodass nur noch sein Gesicht zu sehen war. Vorsichtig, als würde ich ihn aufwecken können, wischte ich ihm das Blut von den Mundwinkeln. „Das hast du nicht verdient, mein Freund.", murmelte ich leise und richtete ihm sogar seine Haare wieder.

Schweren Herzens wendete ich mich von ihm ab. Auch wenn er mein bester Freund und Bruder war, war ich immer noch ein Kommandant und verantwortlich für meine Division. Daher verließ ich mein Zimmer wieder und sah gerade noch so wie jeder Kommandant seine jeweilige Division versammelte. Ihren Gesichtern zu urteilen, hatte Paps ihnen eben gesagt, was passiert war. Natürlich wunderten sich die Mitglieder der 4. Division darüber, dass ihr Kommandant sie nicht versammelte. Tief holte ich Luft und sammelte genügend Kraft, denn diese brauchte ich nun. „1. und 4. Division zu mir!", rief ich laut und wartete bis sich alle unterhalb der Treppe versammelt hatten.

Bevor ich wieder meine Stimme erheben konnte, hörte man aus den Gruppen der anderen wütenden Ausrufe. Verwundert drehten sich einige um, suchten danach in meinem Gesicht nach Antworten und ich würde sie ihnen auch geben. „Egal wie ich es euch nun sagen, es wird schmerzhaft, daher sage ich es einfach so wie es ist. Thatch ist tot!", zunächst scheinen meine Worte nicht zu allen durchdringen zu wollen. „Er wurde ermordet.", fahre ich fort und sehe in den ersten Gesichtern das blanke Entsetzen.

Die Sonne stand nun über den Horizont und erhellte das Deck unseres Schiffes. Das gute Wetter und die fröhliche Sonnenstrahlen passten überhaupt nicht zu der Fassungslosigkeit, welche die gesamte Mannschaft gepackt hatte. Ich gab meiner und besonders Thathchs Division die Zeit, diese Tatsache zu verarbeiten. Daher gab ich der vierten den restlichen Tag frei und gab meiner Division nur die nötigsten Aufgaben. Genauso handhabten es auch die anderen Kommandanten, wobei die Aufgaben der vierten Division aufgeteilt wurden. Diese Aufgaben wurden still und ruhig erledigt, es wurde kaum geredet, gar nicht gelacht und besonders das Essen schmeckte ohne unsere quirligen Kommandanten und Freund einfach nur fad.

Gegen Mittag rief mich Vater zu sich. Als ich mich bei ihm einfand, waren schon alle anderen Kommandanten dort und ich ahnte, wofür dieses Treffen war. „Teach muss dafür bezahlen.", brodelte es aus Izo heraus. „Ay, das wird er.", bestätigt Paps mit tiefer, rauer Stimme. Er hatte geweint, wie wir alle geweint und getrauert hatten. „Lass mich das erledigen, Paps!", rief Jozu und ich war von seiner Initiative überrascht. „Nein, ich mache das!", widersprach Haruta. Alle riefen sie nun durcheinander, mich mit eingeschlossen, und stritten sich darüber, wer Teach jagen und dafür büßen lassen darf. „Es reicht!", laut donnerte Paps Stimme über das Deck und brachte uns zum Schweigen. Kurz schielte ich zu Ace, da er für seine Verhältnisse sehr ruhig geblieben war. Wir konnten noch nicht darüber reden, daher wusste ich nicht, was in seinem Kopf vor sich ging, wusste nicht, wie sehr die Schuldgefühle an ihm nagten.

„Keiner wird gehen, nicht alleine.", Paps Worte brachte mich dazu ihn entsetzt anzusehen. Er traute uns nicht zu, alleine gegen Teach anzukommen? Nicht einmal mir? „Aber Paps ...", wandte ich ein, doch sein stechender, von Trauer erfüllter Blick ließ mich verstummen. „Ich habe einen Sohn verloren und bin nicht bereit einen weiteren zu verlieren.", seine Worte verletzten mich in meinem Stolz als Kämpfer, aber ich verstand ihn. Auch ich wollte keinen anderen meiner Kameraden verlieren und hätte niemanden gehen lassen, außer mir selbst. „Das kann ich nicht!", wütend und vor Anspannung zitternd trat Ace nach vorne. „Ich kann das nicht akzeptieren!", schrie er und mir wurde klar, was er vorhatte. „Ace.", Paps senkt mitfühlend seinen Blick hinab zu den Schwarzhaarigen. „Hör auf dir die Schuld daran zu geben.".

Trotzig, wie Ace manchmal eben war, verschränkte er seine Arme vor der Brust. „Es ist aber meine Schuld. Ich trage die Verantwortung für meine Division, also auch für Teach!", ich bewunderte ihn gerade dafür, wie er erwachsen er gerade wirkte. Oft habe ich gesagt, dass er wie ein Kleinkind sei und endlich erwachsen werden sollte, doch nun wünschte ich mir, dass nie gesagt zu haben. Ace sollte noch nicht so erwachsen sein und die Verantwortung für andere übernehmen, sich dadurch in Gefahr bringen. Ich wollte nicht, dass er dies tut! „Ace ...", ich streckte meine Hand nach ihn aus, doch er wandte sich abrupt ab. „Ich werde Teach dafür bestrafen, was er Thatch angetan hat, was er unserer Familie angetan hat.", mit schnellen Schritten ging er auf die Reling zu. Hektik brach unter den Kommandanten aus und wir eilten ihn hinter, um ihn aufzuhalten.

Doch als wir uns in Bewegung setzten, war Ace schon hinter dem Rand der Reling verschwunden. „Ace!", schrie ich und lehnte mich über den hölzernen Rand des Schiffes. Er stand in seinem Striker, hielt sich mit einer Hand seinen Hut und sah nach unten. „Geh nicht! Nicht allein!", bettelte ich ihn fast schon an. Er sollte nicht gehen, sollte mich nicht verlassen, um seine Pflichten als Kommandant nachzukommen. „Du würdest das gleich machen, wenn er aus deiner Division wäre.", sagte er, bevor seine Füße in Flammen aufgingen und seinen Striker in Bewegung setzten. Ich war sprachlos, konnte darauf nichts erwidern, da er Recht hatte.

Neben mir fingen die anderen hektisch an zu reden, machten Anstalt Ace zu folgen und ihn zurückzuholen. Ich biss mir auf die Unterlippe. Dieser unverbesserliche Sturkopf! „Lasst ihn machen.", ich spürte ihre Blicke auf mir. „Aber Marco.", Jozu trat neben mich. „Wir alle würden uns an seiner Stelle genauso verhalten. Wir alle tragen die Verantwortung über diejenige, welche uns unterstellt sind.", ich wandte mich den anderen zu. „Ace ist stark, er wird das schon schaffen.", mit diesem Worten trat ich von der Reling weg und ging in mein Zimmer. Als ich die Tür hinter mir schloss, lehnte ich mich gegen diese und ließ mich zu Boden sinken. „Ace, du verdammter Dickkopf!", schluchzte ich und presste mir die Handrücken auf die Augen.

I see your FireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt