Schüsse

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Da Eric gegangen war und ich auf einmal einen beißenden Hunger verspürte, trainierte ich nicht lange, bevor ich zur Grube ging. Allerdings war vom Abendessen nicht mehr viel übrig, da mich das Einzeltraining mit Eric Zeit gekostet hatte. Rasch nahm ich mir Brot und etwas Käse und schlang es hinunter.

Zurück im Lager erwartete mich bereits neuer Ärger. Jemand hatte nassen Schlamm über mein Bett und all meine sauberen Sachen gekippt. Zum Glück half Lara mir, das schmutzige Bett-Zeug abzuziehen und bot an, dass ich in dieser Nacht bei ihr schlafen könne. Evan konnte ich nirgends entdecken, dafür aber einer schadenfrohe Fenja. ,,Tja, wer wie Mist aussieht, schläft wohl auch darin." kommentierte sie erhaben und stolzierte vorbei. Lara streckte ihr hinter ihrem Rücken die Zunge raus und schnitt eine Grimasse. Ich musste losprusten. ,,1:1 getroffen."

In dieser Nacht hatte ich einen wirren Traum. Eric und ich standen uns im Ring gegenüber und kämpften gegeneinander, bis wir beide blutüberströmt waren. Dann packte er mich, zog mich ganz dicht zu sich heran und presste seine Lippen auf meine. Seine Zungenspitze fuhr über meine Unterlippe und er stieß sie in meinen Mund, wo er sie sanft kreisen ließ. Bebend vor Erregung wachte ich auf.
Im nächsten Augenblick realisierte ich, dass Lara neben mir lag und das Bett sehr klein für zwei Personen war. Hoffentlich hatte sie nichts bemerkt. Sie gab keinen Mucks von sich und atmete gleichmäßig ein und aus. Eine Weile lag ich nur da und versuchte mich auf die Atemgeräusche zu konzentrieren. Doch das warme Pulsieren in meinem Unterleib war dank dem Traum wiedergekommen und raubte mir den Schlaf. Unruhig ließ ich meinen Blick durch die Dunkelheit wandern. Von dem Badezimmer drangen plätschernde Geräusche an mein Ohr. Ganz offensichtlich war irgendjemand auf der Toilette. Meine Gedanken schweiften wie von selbst zu Eric, zu den kleinen schwarzen Tunneln, die er links und rechts am Ohr hatte und zu dem markanten Augenbrauenpiercing mit den zwei schwarzen Steinchen.
Wann er sich das wohl hatte stechen lassen? Und ob er schon als Kind so verschlossen war? Ich hätte meine Hand dafür ins Feuer gelegt, dass er als kleiner Junge ständig nur am Mist verzapfen gewesen war.
Ein wenig wehmütig dachte ich an meine eigene Kindheit. So hätte ich auch sein wollen. Nicht so furchtbar schüchtern und ängstlich. Vielleicht war es das, was mich so unerbittlich zu Eric zog.
Irgendwann muss ich wieder eingeschlafen sein, denn am nächsten Morgen erwachte ich völlig gerädert und viel zu spät. Das Frühstück hatte ich verschlafen und auch den Trupp Soldaten der zum Zaun fuhr. Also hastete ich in die Grube, um mir wenigstens einen Kaffee zu schnappen. Doch als ich Eric sah, der mit dem Rücken zu mir gewandt mit einer Gruppe Inititaten sprach, stolperte ich zurück in den Gang. [Scheiß auf den Kaffee, dann lauf ich halt zum Zaun].

Ich hatte weder Waffe noch Proviant, aber ich war festentschlossen, meine allerletzte Chance nicht auch noch zu verspielen. Also machte ich mich zu Fuß in die Richtung Zaun auf. Das Gute war, dass ich als Kind häufig Umwege nachhause zu meinen Eltern nahm und mich gut und gern auch Stunden verspätete, weil ich in Wäldern umherstreifte. Natürlich sahen es meine Eltern nicht gern, zumal ich hin und wieder Anhängern der Amite-Fraktion begegnete. Aber das war mir egal.
Jetzt profitierte ich von dem Wissen, in welcher Richtung sich ungefähr der Zaun befand. Allerdings hatte ich keine Ahnung, wo überall Stützpunkte waren. [Irgendwie finde ich sie schon] dachte ich.

Stunden später hörte ich das Brummen eines Motors aus weiter Ferne. Ich kniff meine Augen zusammen und versuchte auf der ebenen endlosen Grünfläche etwas zu erkennen. Auf einmal gab es einen ohrenbetäubenden Knall und etwas schlug nicht weit entfernt von mir in den Boden. Es dauerte einige Sekunden, ehe ich kapierte, dass das ein Schuss gewesen sein musste. Wieder ein Knall. Entsetzt machte ich auf dem Absatz kehrt und sprintete los, Richtung Stadt zurück. Die schossen auf mich!

Panisch suchten meine Augen die Umgebung nach Deckung ab. Es gab vereinzelt ein paar Baum-Insel und eine gute Meile entfernt einen Waldrand. Ob ich es bis dahin schaffen würde? Ich musste es zumindest versuchen. Mit klopfendem Herzen hastete ich weiter.
Als ich den Waldrand beinah erreicht hatte, traf mich etwas Schweres auf Schulterhöhe am Rücken. Ich stolperte und fiel der Länge nach hin, rappelte mich allerdings sofort wieder auf und nahm alle Kraft zusammen, die ich noch übrig hatte, um im Meer der Bäume zu verschwinden. Orientierungslos lief ich tiefer und tiefer in den Wald bis ich schließlich erschöpft an dem breiten Stammende eines Baumes zusammenbrach.
Hinter mir knirschte und knackte es im Unterholz. Ich kauerte mich zusammen. Das mussten meine Verfolger sein. Wer zur Hölle hatte da nur auf mich geschossen?

Ich unterdrückte den Drang, vorsichtig am Stamm vorbei zu schauen. In den Filmen war es immer so, dass der oder die Protagonistin gerade dann entdeckt wurde. Und ich hatte wirklich andere Zukunftsvisionen als hier zwischen Laub und Gestrüpp zu sterben. Ein leises, dunkles Flüstern war zu hören, dann Schritte, die sich wieder entfernten. ,,Sie ist weg." rief eine tiefe, männliche Stimme.
Erst jetzt spürte ich den brennenden, pochenden Schmerz in meinem Rücken. Ich taste nach der Stelle und fasste in etwas nasses. Schnell zog ich meine Hand zurück und starrte auf meine Finger. Blut. Na toll. Unbarmherzig breitete sich der Schmerz langsam in meinem ganzen Körper aus. Ich konnte nicht zurück, aus dem Wald heraus, weil ich nicht wusste, wer dort auf mich wartete. Noch tiefer in den Wald gehen war meine einzige Chance, irgendwie zurück zum Lager zu kommen. Nur wo lang?
Ich stemmte mich hoch und der Schmerz im Rücken wurde unerträglich. Langsam stolperte ich vorwärts durchs Geäst. Ich musste sehr oft eine Pause einlegen und meine Verzweiflung wurde von Minute zu Minute größer. Hatte ich meine Chance verspielt? War ich schon aus der Tabelle gerutscht? War Eric wütend? Wie viel Zeit war vergangen?

,,Wer ist da?" Ein Ruck ging durch meinen Körper, als ich jemanden rufen hörte. Zuerst konnte ich nicht einordnen, ob es sich um einen Feind oder einen Freund handelte. Bis ich in dem schummrigen Licht der Dämmerung ein paar rote Locken aufblitzen sah. ,,Ivo!"
Meinen Körper verließen jegliche Kraftreserven, die ich erbittert aufrecht erhalten hatte, um mich irgendwie in Sicherheit zu bringen. Ivo rannte auf mich zu, beugte sich herunter und tastete sanft nach meiner Schulter.
,, Hey, helft mir mal. Sie wurde angeschossen."
Dofort kamen einige der Soldaten und hoben mich hoch. Gemeinsam trugen sie mich durch das Meer aus Baumstämmen, bis sie nicht weit entfernt den Geländewagen erreichten. ,,Ich muss zum Posten." stöhnte ich wie von Sinnen. ,,I-ich muss Punkte sammeln...bitte...sonst, sonst fliege ich..." Ivo grinste und schüttelte nur den Kopf. ,,Hier fliegt niemand. Wir werden es Eric schon zeigen!" Ich lächelte noch matt zurück, dann wurde alles dunkel um mich....

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Huhu,
damit ihr wisst, in wessen Kopf ihr unterwegs seid, will ich mich kurz vorstellen. Ich bin Sascha und seit ich die Divergent- Reihe gesehen habe, wusste ich, dass ich eine Fanfiktion über Eric ^~^ schreiben muss. Mir ist durchaus bewusst dass es zwischen Buch und Filmcharakter diverse Unterschiede gibt- allerdings halte ich mich auch nicht streng an die Vorgaben der Geschichte, wie ihr vielleicht schon bemerkt habt. Ich wollte eher eine Geschichte schreiben, die zeitlich jenseits von Tris und Four spielt, aber bei der Eric Coulter dabei ist.
Ich hätte nie gedacht, dass diese Geschichte eine so große Eigendynamik entwickelt ('. .) Eigentlich wollte ich nur eine Kurzgeschichte schreiben, aber jetzt kann ich irgendwie nicht aufhören *-*
Danke, dass ihr die Geschichte bis hierhin verfolgt habt und seid gespannt auf die nächsten Kapitel.
xSaschax

Ein bestimmter Tag XWo Geschichten leben. Entdecke jetzt