Null Verteidigungschancen

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,,Kaum zu glauben." sagte eine Stimme, als ich wieder wach wurde. ,,Evan flirtet doch tatsächlich mit Fenja. Und das schon länger als ich dachte."

[Das kann nur Lara sein] Ich schlug die Augen auf und blickte in ihr vertrautes Gesicht. ,,Und du sitzt hier bei mir." stellte ich freudig fest. ,,Stets zu Diensten, Miss." Lara salutierte wie eine Soldatin und kicherte dann. ,, Übrigens: was führst du eigentlich mit Eric im Schilde?" ,,Ich?" verwirrt hob ich die Augenbrauen. ,,W-wieso?" ,,Naja...er hat deine Sachen abgeholt und gemeint, du würdest erstmal in einem anderen Lager unterkommen, weil du jetzt bei den Wachposten draußen bist." ,,Ach?" Genervt verdrehte ich die Augen. ,,Ich weiß nicht was das soll, aber im Schilde führe ich sicher nichts. Und außerdem wäre ich viel lieber bei dir. Er kann so fies sein."
,,Ja das ist meine Spezialität." Eric hatte den Blick auf den Boden gesenkt, als er auf mein Bett im Krankenzimmer zugelaufen kam, ließ ihn kurz über mich schweifen und blieb schließlich vor uns beiden stehen. Mit geschürzten Lippen atmete er laut aus und warf einen ungeduldigen Blick zu Lara. Als sie nicht reagierte, sagte er lauter als nötig. ,, Initiantin!" Lara zuckte zusammen. ,,Was?" fragte sie verschüchtert. ,,Ihr habt Training. Na los." Er machte eine Handbewegung, als würde er eine Fliege verscheuchen und Lara verstand. ,,Bis später, Lex." sagte sie und ich musste grinsen. Lex. Der Spitzname gefiel mir.

,,Also, du wurdest angeschossen. Wer war es?" Eric blieb an dem Fußende meines Bettes stehen. Er ließ seinen Blick durch den Raum gleiten, als würde er sich extra Zeit nehmen um zu warten. Aber mittlerweile kannte ich ihn. Das war eher eine dominante Geste, als eine höfliche. ,,Wenn ich es wüsste, hätte ich es schon gesagt. Ich konnte niemanden erkennen. Außer die Kleidung. Das war ein olivgrüner Farbton." ,, Olivgrün. Mhh...Sicher dass das nicht die Bäume waren?" Wütend fauchte ich ihn an. ,,Kannst du auch nett?" ,,Hab ich verlernt."
Seine Gesichtszüge wechselten binnen Sekunden von belustigt zu angespannt und ich fragte mich, was in ihm jedes Mal die steinerne Kälte zurück brachte. ,, Vergiss nicht dein Training, Initiantin." ,,A-aber....ich..."
,,Ferox kennen keinen Schmerz." sagte Eric und wandte sich zum Gehen. Der Blick, den er mir über die Schulter zurück warf, ließ mir das Blut in den Kopf steigen und ich sog die Luft scharf ein, als er gegangen war. Mein Kopf schlug Alarm wie ein Presslufthammer, gleichzeitig war da wieder dieser heiße, süße Pfeil, der in meinen Unterleib schoss. Irgendwie wünschte ich mir, Eric würde zurück kommen, um seine Lippen gnadenlos auf meine zu drücken. Aber natürlich tat er das nicht. Vielleicht spielte er auch ein vertracktes Spiel mit mir. Eines dieser Eric-Spiele.
Lass sie hoffen, lass sie leiden und dann kick sie raus. Ich seufzte und suchte nach einer Uhrzeit. Dabei entdeckte ich ein Tablett mit Essen, dass neben mir auf einer Art Nachtschrank stand. Mit knurrendem Magen machte ich mich über Fleisch, Gemüse und Schokopudding her.

,,Darf ich wenigstens diesmal auf die Liegestütze verzichten?" murrte ich missmutig und spürte das warme, sachte Pochen der Schusswunde. ,,Wir trainieren heute Beine." Eric drehte sich zu mir um und klatschte in die Hände. ,,Also los, folge mir." Er begann lässig zu joggen, aus dem Trainingsraum heraus durch die Gänge. Ich folgte ihm mühsam, denn bei jedem Tritt wurde das schmerzhafte Pochen intensiver. Wir liefen einige Runden durch die Gänge, quer durch die Grube und wieder zurück zum Trainingsraum bis ich nicht mehr konnte. ,,Stop, bitte." Eric joggte auf der Stelle, drehte sich zu mir und blieb stehen. ,,Na schön." Er ging zurück zum Trainingsraum und wartete bis ich herein gekommen war. Dann schloss er die Tür. ,,Ich hab dir was besorgt."

Neugierig kam ich näher und schulte auf etwas, dass er in seiner rechten Hand versteckte. ,,Eine für mich, eine für dich." Ungläubig blinzelte ich. ,,Ich dachte, das ist bescheißen?!?" ,,Mir egal was du denkst. Wenn du glaubst, Fairplay wäre mir wichtig, dann hast du offensichtlich was verpasst." ,,Ist das ein Test?" Verwirrt sah ich von den türkisen Pillen auf in Erics Gesicht und wieder zurück. Ohne zu Antworten steckte er sich eine Pille in den Mund und schluckte sie herunter. ,,I-ich dachte, ich soll dir den Dealer liefern?" ,,Also das war ein Test." antwortete Eric und sah mit halb geschlossenen Augenlidern auf mich herab. ,,Nimmst du deine Medizin jetzt?" ,,Du kennst die Nebenwirkungen?" protestierte ich. Wusste er.... wusste er wirklich...

In meinem Bauch brach ein Tornado los. ,,Aggressivität und Hitzewallungen."
Er hob eine Augenbraue und für einen kurzen Augenblick sah es so aus, als würde er absichtlich darauf warten, dass ich etwas ergänzte.
Ich traute mich nicht mehr, ihm ins Gesicht zu schauen, als ich leise flüsterte ,,Und erhöhte Libido."
Um Himmels Willen, war das hier etwa seine verdammte Absicht?

,, Hast du damit ein Problem?" Eric klang eine Spur zu gleichgültig und das verunsicherte mich noch mehr.
,,Nein." piepste ich mit gesenktem Kopf und hoffte nur, dass ich diesmal vielleicht ungeschoren davon kam. Nur dieses eine Mal. ,,Legen wir los." sagte er und begab sich in Kampfposition, während die Alarmglocken in meinem Kopf nicht nur schrillten, sondern röhrten wie liebestolle Elche.

Ich verlor den Halt und stolperte rückwärts, als die Wucht des Aufpralls mich mit ganzer Kraft am Oberkörper traf. Das dumpfe Gefühl in meinem Rücken wurde stärker. Eric packte mit einer fließenden Bewegungen meine Handgelenke und presste mich mit ganzer Kraft gegen die dünne Trainingsmatte. ,,Deine Verteidigung geht gegen null. Wie willst du deinem Gegner jetzt entkommen?"
Ich sammelte meine Kräfte und versuchte, mich gegen Erics Griff zu stemmen. Nichts passierte. Gegen seine Kraft kam ich nie im Leben an. Also begann ich mit den Beinen nach ihm zu treten in der Hoffnung, ihn irgendwo zu treffen. ,,Wie ein Fisch auf dem Trockenen." kommentierte er mein hilfloses Gezappel. Wut stieg in mir hoch. Blitzschnell schlang ich meine Beine um seine Taille und hob seinen Körper mit Kraft aus der Hüfte nur wenige Zentimeter an. Überrascht lockerte er seinen Griff und ich konnte meine Hände befreien.

Eric biss sich auf die Lippe. Dann grinste er. ,,Gar nicht mal schlecht, Initiantin." Ein Hitzeschub erfasste meinen Körper und ich rollte mich zur Seite, damit Eric nicht merkte, dass ich anfing zu schwitzen. ,, Hast du etwa schon genug?" Er griff nach meinen Knöcheln und zog mich zu sich heran, dann kam er mit seinem Gesicht ganz dicht an meines. ,,Und jetzt? Was willst du jetzt tun?" Mein Puls schoss nach oben. Eric starrte auf meine Lippen, während seine rechte Hand sich meine beiden Handgelenke schnappte und sich fest darum schloss. Seine Augen wanderten weiter nach unten, dann hob er seinen Blick und packte mit der freien Hand den Stoff meines Anzugs auf Bauchhöhe. ,,Wehr dich." befahl er mir und lies im gleichen Augenblick meine Hände los, um den Reißverschluss meines Overalls zu öffnen. Ich griff schwach nach seinen Händen, denn ich wollte ihn nicht daran hindern. Die süße Anspannung in meinem Körper war schier unerträglich. Ich wollte ihn. Hier und jetzt.
Egal, was es kostete.

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Huhu,
ich schon wieder xD
Beim Schreiben dieses Kapitels ist mir aufgefallen, wie sehr mich manchmal beschäftigt, ob Situationen realistisch sind. Gerade bei der Nahkampfszene, in der Alexis sich aus Erics Griff zu befreien versucht. Eigentlich ist so ein durchtrainierter Fitnessjunkie ja viel zu kräftig. Icb wollte es genau wissen- darum hab ich meinen Freund gefragt, ob er es dankenswerterweise mit mir ausprobiert (er ist auch so ein Fitnessjunkie xD) Was soll ich sagen- ich konnte ihn tatsächlich mit Kraft aus der Hüfte ein paar Zentimeter hochstemmen, sodass sich sein Griff gelockert hat. Dass das funktioniert hat, war für mich schon ein kleines Highlight weil ich ein absoluter Noob bin was Nahkampf und Selbstverteidigung angeht.
Das ist vielleicht ein bisschen verrückt- aber diese Art von Recherche macht mir wirklich Spaß, solange es umsetzbar und ungefährlich ist ^~^

Hoffe ihr habt ein gutes Wochenende
xSaschax

Ein bestimmter Tag XWo Geschichten leben. Entdecke jetzt