Einzeltraining

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Meine Grübelein über Erics Exfreundin Caly mussten vorerst dem aktuellen Geschehen weichen.
Mit geübten Griffen kletterte Ivo auf die Vorrichtung des Wachturms. Ich tat es ihm gleich, doch als ich oben beinah den Halt verlor, hielt er mich fest. ,,Hoppla. Nicht runter fallen." Hinter mir kam noch ein weiterer Soldat auf unseren Posten. ,,Initiantin Alexis? Ich bin Leutnant Brick. Eric hat bescheid gegeben, dass du heute bis abends den Wachposten übernimmst. Du sollst dann mit der 19:30 Gruppe zurück zum Lager und dort ins Einzeltraining." ,,Ja, Sir." antwortete ich. ,,Gut. Dann auf eure Posten, Soldaten."

Ivo trat an die Brüstung der Plattform, die auf dem Turm befestigt war und sah in die Ferne. ,,Eigentlich ist es ganz einfach. Sobald etwas oder jemand sich vom Zaun Richtung Stadt oder umgekehrt bewegt, gibst du Meldung über Rufen in meine Richtung und in die der anderen Türme." ,,Okay." Ich hob die Waffe an mein Gesicht und ließ meinen Blick über die Grünfläche streifen.

Es geschah nichts Weltbewegendes in der Zeit der Wache, sodass Ivo und ich Zeit hatten, uns über alles Mögliche zu unterhalten. Er war echt ein netter Kerl, aber in Gedanken wanderte ich immer wieder zu dem Vorfall in Erics Zimmer zurück. Es machte mich unheimlich verrückt, wenn ich mir vorstellte, was passiert wäre, wenn es nicht geklopft hätte.
Wie weit wäre Eric wohl gegangen?

Meine gnadenlose Fantasie ließ mich auch auf dem Rückweg vom Wachposten nicht in Ruhe. Im Lager angekommen konnte ich endlich zu meinem Bett und meinen Sachen zurück. Außerdem plagte mich ein schrecklicher Hunger. ,,Alexis!" Aufgebracht stürmte Lara mir entgegen, gefolgt von Evan. ,,Geht es dir gut? Oh Gott, wir dachten schon das Schlimmste. Du warst plötzlich einfach weg." ,,Lange Geschichte." seufzte ich. ,,Stimmt das, was sie erzählen? Du hast auf einen Ferox geschossen?" Gebannt starrten beide mich an. ,,N-naja...ähm....also ich hab....ich hab auf sein Bein geschossen." ,,Wuat." Evan fasste sich an die Stirn. ,,Okay krass. DAS hätte ich dir nicht zugetraut. Aber das hat hier wohl keiner. Und dass du es mit der Platzierung bis vor uns beide schaffst wohl auch nicht." ,,Wie? Echt jetzt?" ,,Ja." nickte Lara. ,,Willst du sehen?"

Ohne eine Wort folgte ich ihr zu der Tafel die im Trainingsraum stand. Da stand tatsächlich mein Name.
Alexis Radall. Ich hatte es auf Platz 15 geschafft.
Mit offenem Mund starrte ich auf die Zahl. Dann wanderte mein Blick hektisch zu Laras und Evans Name. Zum Glück. Lara war Platz 19 und Evan Platz 17. ,,Wir sind also alle noch im Rennen." stellte ich erleichtert fest.

,,Bravo." sagte eine weibliche Stimme und applaudierte gekünstelt. ,,Ich hoffe du glaubst jetzt nicht, nur weil du Eric ein bisschen geholfen hast, kannst du bei ihm landen. So wie du aussiehst. Lächerlich. Außerdem werde ich mir den 15. Platz sicher nicht von einer Looserin wie dir streitig machen. Zieh dich lieber warm an."
Langsam drehte ich mich um.
Fenja.
Ich hätte es mir denken können.

Was es bedeutete, dass Fenja mir den Krieg erklärte, konnte ich nur ahnen. Mein Glück, dass ich ausgerechnet sie vom Thron gestoßen hatte- meine Kette an Ärger riss einfach nicht ab. Unser Zusammentreffen vor der Tafel wurde jäh beendet, als mir schlagartig einfiel, dass ich dabei war das Einzeltraining zu versäumen. ,,Fu*k, ich muss los. Bis später." sagte ich an Lara und Evan gewandt, hastete zu den Schlafräumen zurück und traf einen weniger gut gelaunten Eric vor der Tür. ,,Wo warst du? Du weißt was für dich auf dem Spiel steht oder? Die Platzierung war keine Nettigkeit und sie wurde dir auch nicht geschenkt." ,,Ja, Sir." antwortete ich brav und in Erics Augen blitzte etwas auf, das ich nicht einordnen konnte. ,,Also mitkommen, Initiantin."

Ich lief ihm hinterher zu einem kleinen Raum mit einigen Trainingsstationen. ,,Hier wirst du trainieren. Merk dir den Raum."
Ich warf vorsichtshalber einen kritischen Blick zurück auf den Gang, um mich erinnern zu können. Allerdings war der Weg vom Schlafsaal nicht allzu weit. ,,Okay...äh...Ja, Sir. Und wer ist mein Trainingspartner?" ,,Du wirst mit mir trainieren." sagte Eric kühl und ich spürte einen heißen Blitz durch meinen Körper rasen. Seine Augen wanderten durch den Raum, dann blieben sie an mir hängen.

,,Runter." ,,Was?" ,,Ich sagte runter!" Während er die Tür hinter uns schloss, ging ich in die Hocke. ,, Liegestütze. 10 Stück. Na los." ,,I-ich kann keine L-liegestütze..."
Mit einem Satz war Eric bei mir, griff mir in die Haare und drückte meinen Kopf mit einem Ruck nach unten, sodass ich den Halt verlor. ,,10 Stück." raunte er gefährlich leise an meinem Ohr. Ich stütze mich auf die Hände und streckte meine Beine aus. Dann fing ich an. Meine Muskeln zitterten und ich spürte, wie mich mein eigenes Gewicht zu Boden zog. Mit einem Ächzen kam ich wieder hoch. Niemals würde ich 10 Liegestütze schaffen. Bereits beim Dritten brach ich zusammen. ,,Noch mal von vorne." kommandierte Eric und ich schüttelte den Kopf. ,,Ich schaff das nicht..."

Statt zu antworten kniete Eric sich neben mich und umklammerte meinen Hinterkopf mit einer Hand. Er drückte mein Gesicht Richtung Boden jedes Mal, wenn ich mit mit dem Körper runter ging. Tränen liefen mir über die Wangen, als ich verzweifelt versuchte, mein Körpergewicht zu halten. Als meine Arme nachgaben, schlug ich mir dank Erics Griff beim Hinfallen die Nase und das Kinn an. Der Schmerz jagte durch meine Stirn und ich jaulte leise auf. ,,Steh auf." befahl Eric unerbittlich.

Wütend schirmte ich mein pochendes Gesicht mit den Händen ab. „Was soll das?"

,,Was?" fragte Eric in einem verächtlich Ton. ,,Das alles! Das in deinem Zimmer. Warum hast du mich eingeschlossen? Warum hast du mich so angefasst?" Ich blickte wütend zu ihm auf. Er lächelte überheblich. Dann zuckte er mit den Schultern. ,,Es macht mir eben Spaß, Initiaten leiden zu sehen. Ganz besonders dich." ,,Warum ausgerechnet ich?" Ich ließ meine Hände sinken und wischte mir unbeholfen die restlichen Tränen von den Wangen. ,,Weil du es mir so leicht machst." Er genoss den Anblick, den ich bot. Und das machte mich rasend. Ich rappelte mich auf, nahm Anlauf und stürmte auf ihn los, in der Absicht, ihn mit der Wucht meines Aufpralls zu Boden zu werfen.

Doch ich prallte gegen einen Stein. Eric fing an zu lachen. Sein Lachen irritierte mich, denn es klang echter als alles sonst, was ich je von ihm gehört hatte. Allerdings versiegte es genauso schnell, wie es gekommen war. ,,Hast du wirklich geglaubt, das würde dir etwas nützen?" Er packte geschickt meine Arme, drehte sie hinter meinen Rücken und hatte mich binnen Sekunden so fixiert, dass ich mich keinen Millimeter mehr bewegen konnte.
,,Du wirst jetzt alleine üben. Liegestütze. Ich will, dass du das nächste Mal 15 schaffst, ist das klar? Danach kannst du zum Essen gehen." ,,Ja."
,,Ja, Sir." korrigierte Eric mich und dehnte meine Arme Richtung Kopf, sodass mir abermals vor Schmerz die Tränen in die Augen schossen.
,,Ja, Sir."

Ein bestimmter Tag XWo Geschichten leben. Entdecke jetzt