Chaos

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Zurück in der Unterkunft sagte ich kein Wort. Lara fragte auch nicht, was los war. Sie konnte es meinem verzweifelten Gesicht nur allzu gut ansehen. Nach dem Abendessen zog ich mich grübelnd auf mein Bett zurück. Was sollte ich draußen auf der Straße nur tun? Wie sollte ich überleben? Was war das schon für eine Zukunft? Sollte ich die Stadt einfach verlassen? Aber davor fürchtete ich mich zu sehr. Gab es noch andere, die bei den Ferox Fraktionslos werden würden? Oder war ich komplett auf mich allein gestellt?

Von Angst und Unsicherheit getrieben stand ich nach einer gefühlten Ewigkeit vom Bett auf. Ich hatte gar nicht bemerkt wie schnell die Zeit vergangen war. Einige der Ferox hatten sich bereits schlafen gelegt. Nur für mich war kaum an Schlaf zu denken! Nicht mit diesen Aussichten jedenfalls.
Ich trat hinaus in die Gänge und schloss leise hinter mir die Tür. Dann lief ich ziellos umher.
Es war gespenstisch still im Lager. Hin und wieder hörte man vereinzelt ein Lachen oder Schritte, die von den Gangwänden widerhallten. Ich rieb meine Handinnenflächen aneinander, um gegen die Müdigkeitskälte anzukämpfen, die mich zu übermannen versuchte, da nahm ich ein Geräusch wahr, das wie ein unterdrücktes Keuchen klang.
Erschrocken hielt ich inne und drehte mich leise hin und her, um die Richtung zu orten. Stoff raschelte und harte Schritte wurden laut. Das klang nach Kampf. Und zwar in dem Gang links von mir, der nur spärlich beleuchtet an einen Abgrund führte. Ich kniff die Augen zusammen und konnte im schummrigen Licht fünf Gestalten ausmachen, alle groß und kräftig, die miteinander rangen. War das ein Spiel? Stirnrunzelnd trat ich näher.

Als ich den blonden Schopf und die schwarzen Tätowierungen im schummrigen Licht aufblitzen sah, die dem Abgrund gefährlich nah waren, wurde mir klar, dass das kein Spiel war. Es war Eric und jemand versuchte offenbar, ihn dort hinab zu stürzen.
,, Hört sofort auf!" hörte ich mich rufen und Adrenalin schoss mir durch die Venen. Geistesgegenwärtig griff ich nach einem metallernen Gegenstand, der unbeachtet auf dem Boden gelegen hatte. Im nächsten Moment erkannte ich den Lauf einer Waffe. Eric musste sie verloren haben. Ich entsicherte und das Klicken ließ die rangelnde Gruppe augenblicklich innehalten. Ich wollte etwas sagen, doch vor Aufregung blieben mir die Worte in der Kehle stecken. [Schieß auf etwas] befahl mir mein Hirn tollkühn und ich zielte wahllos auf ein Bein der Angreifer und feuerte ab. Ein Schmerzensschrei hallte von den Wänden nieder. Der Getroffene sackte zu Boden während seine Komplizen Eric erschrocken los ließen. Das reichte ihm. Er schlug um sich wie ein wütender Grizzly, riss mir schließlich die Waffe aus der Hand und erschoss einen Angreifer nach dem anderen innerhalb von Sekunden.
Ich starrte auf die leblosen Körper.

Mein Herz schlug so heftig, dass es sich anfühlte, als würde es mir aus der Brust springen. Mit großen Augen sah ich zu Eric. Er fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht und blinzelte nervös. Dann wurde sein Gesichtsausdruck wieder steinern. ,,Komm mit." befahl er harsch. "A...I...Ic..." Mehr als einige gestammelte Anfangsbuchstaben wollten meinen Mund nicht verlassen. Eric sah mir direkt in die Augen. Sein Blick machte mich nervös und ängstigte mich zugleich. ,,Komm! Mit!" Sein Tonfall ließ mich blindlinks gehorchen.
Ich lief ihm wie ankettet durch die spärlich-beleuchteten Gänge hinterher und wagte keinen Mucks von mir zu geben. Irgendwann blieben wir vor einer grauen Tür stehen, die Eric aufschloss. Dahinter befand sich eine Art Zimmer mit einem großen Bett, in das locker zwei Personen passten, einem großen Schrank und einer Ecke, in der einiges an Ausrüstung hin. Ich wollte ihn fragen, ob das sein Zimmer war, aber ich war so verschüchtert, dass ich mich nicht traute. Eric schloss die Tür und ich zuckte zusammen. Als er sich zu mir drehte, lag eine Spannung in der Luft, die ich hätte anfassen können.
Ich wusste nicht, was es war- bis Erics Blick über meinen Körper glitt, vom Kopf bis zur Fußsohle. Irritiert streckte ich meine Arme vor meinem Bauch aus, reflexartig, um meinen Körper zu verstecken. ,,Dreh dich um, Candor." Mein Mund war plötzlich staubtrocken. [Oh Gott, was hat er vor? Will er mich jetzt auch umbringen? Aber warum hat er damit so lange gewartet?]
Ich gehorchte und zitterte am ganzen Körper.
Seine Hand berührte mich sanft an der Taille, dann griff er meine beiden Oberarme und zog sie mit einem Ruck nach hinten. Ich keuchte erschrocken und zitterte noch mehr als unsere Körper sich eng gegeinander pressten. ,,Wi...wirst du mich umbringen?" platzte ich heraus. Ich hielt diese Ungewissheit einfach nicht mehr aus. Wenigstens wollte ich mich auf meinen Todeszeitpunkt minimal einstellen können und nicht einfach so überraschend erschossen werden.
Eric antwortete nicht und drückte mich noch enger an sich, sodass ich spürte, dass er hart geworden war. Eine Mischung aus Angst, Verwirrung und Verlangen überwältigte mich. [Halt! Das ist Eric! Das ist falsch! Stopp!] protestierte mein Kopf mühsam. Erics Hand schlang sich um meinen Bauch, fuhr Stück für Stück nach oben zu meinen Brüsten und knetete sie. Ich stöhnte. [Was tust du hier? Stopp!] versuchte es mein Kopf weiterhin. Aber in meinen Unterleib schoss erneut ein heißer Pfeil und die Anspannung, die er verursachte, war unerträglich süß. Als ich mich umdrehen wollte, hinderte Eric mich daran und stieß mich mit dem Oberkörper auf das Bett. Dann suchten seine Hände des Reißverschluss meines Anzuges, öffneten ihn und zogen den Stoff ruckartig von meinem Körper. Seine Hände glitten über meinen BH, hinab zum meinem Bauchnabel und erreichten den Stoff-Rand meines Slips. Als seine Finger darunter schlüpften entfuhr mir ein heiseres Stöhnen. In diesem Augenblick polterte jemand kräftig gegen die Tür. ,,ERIC! Schnell!" Ich zuckte heftig zusammen und Eric fluchte. Er zog seine Hand zurück und verschwand eilig im Bad.

Als er nach wenigen Minuten wieder heraus kam, befahl er mir, mich anzuziehen. Dann verschwand er aus der Tür und ich hörte aufgeregte Stimmen im Gang. Als sie weg waren, atmete ich tief durch. In meinem Kopf herrschte ein völlig Chaos. Eric wäre beinah in die Tiefe gestürzt worden und ich hatte auf einen Menschen geschossen, ihn absichtlich! verletzt. Und Eric hatte alle erschossen. Er hatte sie erschossen ohne mit der Wimper zu zucken. Jetzt kniete ich hier, vor seinem Bett. Noch immer hielt die bleierne, süße Anspannung in meinem Unterleib an. Ich lachte ungläubig auf. Hätte ich gewusst, dass sich die Dinge so chaotisch entwickeln würden, wäre ich wirklich zu den Ferox gewechselt?

Vielleicht nicht. Aber eher aus Angst davor, dass ich daran scheitern könnte. Wobei- war ich nun eigentlich immer noch eine Ferox Inititatin? Eigentlich hätte ich doch gehen sollen, aber Eric hatte nichts mehr gesagt. Hätten wir wirklich....also hätte er....?

Mir wurde glühend heiß, als ich an sein markantes Gesicht dachte und die Tattoos an seinem Hals. [Reiß dich zusammen!] tadelte ich mich selbst verbissen und im nächsten Augenblick schrie meine innere Stimme [Wie? WIE soll ich mich hiernach denn zusammenreißen?]

Ein bestimmter Tag XWo Geschichten leben. Entdecke jetzt