Ich hatte das Gefühl zu fallen und nie unten aufzukommen. Als wäre ich Alice im Wunderland, aber mein Wunderland wäre ein kalter, einsamer Albtraum. Ich würde meine Freunde verlieren, meine Zukunft, mein Zuhause und...ich würde Eric verlieren. Ein Leader der Ferox und eine Fraktionslose? Lächerlich. Das würde niemand auch nur im Ansatz dulden. Wie betäubt schlurfte ich hinter dem grauhaarige Feroxmitglied hinterher, der mir bedeutet hatte, mitzukommen. Eric lief neben mir, würdigte mich aber keines Blickes.
Hätte ich die Kraft dazu gehabt, wäre ich wütend gewesen. Nach all dem was war...Einige Feroxmitglieder hatten meine wenigen Sachen bestehend aus einem kleinen Notizheft, einem kleinen, glatten Stein an einer Kette und zwei Müsliriegeln aus dem Einzelzimmer geholt und drückten sie mir in die Hand. ,,Die Wachen werden dich nach draußen begleiten. Solltest du zurück kehren, wird man dich erschießen." wurde mir emotionslos mitgeteilt.
Ich stolperte ins Freie und war versucht, einen Blick zurück zu Eric und Lara zu werfen. Doch ich hatte Angst davor, dass ihre Blicke mir das letzte bisschen Fassung nehmen würden, das ich noch besaß.Ich unterdrückte den Wunsch, wenigstens noch einmal Erics Gesicht zu sehen, als wäre es der letzte Strohhalm , an den ich mich klammern konnte. Die beiden Wachen ließen mich auf der Straße, zwischen den verfallenen Mauern einiger Gebäude stehen und ich war schneller allein, als ich bis drei zählen konnte. Nur, dass ich diesmal völlig allein war. Es gab niemanden mehr, der mich suchen würde und auch niemanden mehr, der mich beschützen würde.
Erics Gerede von der wertvollen Zeugin hatte sich im Nu in Luft aufgelöst oder aber, die Ferox spielten gegen ihn. Was war wohl wahrscheinlicher?
Ein unendlicher Schmerz packte mich und ich zitterte, als die Wut über mich herein brach. ,,Es war eine Lüge." keuchte ich unter Tränen. ,,Es war alles eine Lüge!"Der Schmerz schnürte mir die Luft zum Atmen ab. Voller Zorn umklammerte ich mein armseliges Hab und Gut. Eine neue Welle Tränen überflutete mich, sodass ich auf der Straße zusammen brach. Ich kauerte mich zusammen und versuchte, dem schneidenen Gefühl in meinem Inneren und den Tränen Herr zu werden. Ich wusste nicht mal, wie viel Zeit vergangen war, aber als ich meinen Kopf hob, war es fast dunkel geworden. Ohne wirklich zu wissen, was ich tat, entschied ich, Richtung Stadt zu laufen, um vielleicht wenigstens zu erfahren, wohin sie meinen Vater gebracht hatten und was mit meiner Mutter passiert war.
In meinem Kopf rumorte das Wort ,,Fraktionslos" wie ein wütender Dämon. Ich konnte nicht glauben, dass all das, wofür ich gekämpft und mich bemüht hatte, einfach so zunichte gemacht wurde. Und das ausgerechnet von Fenja! Ausgerechnet sie hatte mich dem Erdboden gleichgemacht, vermutlich nur, damit sie bei den Ferox die beste Kämpferin wurde und Eric endlich für sich hatte. Sein Name löste wiederum eine Lawine Schmerz in mir aus. Lara hatte mich gewarnt. Nur hatte ich nicht auf sie hören wollen. Ich hatte geglaubt, ich sei etwas besonderes. [Dummes Mädchen!] dachte ich bitter. Calys Worte über Eric hallten durch mein inneres Chaos, wie durch Wände eines vom Sturm zerstörten Hauses. ,,Sie muss auch gelogen haben..." murmelte ich mechanisch. Nicht weit von mir entfernt konnte ich bereits die ersten, erleuchteten Straßenabschnitte der nächsten Lager erblicken. Ein paar Fraktionslose kauerten an den Hausecken im Dämmerlicht. Ihr Anblick ließ mich erschaudern.
Das dort- das konnte....das konnte doch nicht mein Leben sein?! Ich war doch nie auffällig gewesen, hatte immer versucht, mich an die Regeln zu halten. Sogar meine Fehltritte bei den Ferox waren im Vergleich hierzu ein Witz. Mein Test, meine Initiation, meine Bestimmung- alles war genauso, wie es sein sollte. Ich war keine Unbestimmte. Ich hatte so gehandelt, wie ein Ferox es tun würde. All das für nichts?!
All das, um kaltblütig verraten zu werden?
Ich wusste in diesem Augenblick nicht, was größer war. Der Schmerz, über den Verrat und all die Lügen oder die Wut und der unbändige Wunsch nach Rache.Ich drückte meine Habseligkeiten an meine Brust und senkte den Kopf, als ich sah, wie vor mir ein Trupp Ferox quer über die Straße lief und mit aufgeregtem Rufen vor dem Eingang eines Hauses stehen blieb. Sie setzten ihre Waffen an, brachen mit Gewalt die Eingangstür auf und stürmten das Gebäude. Ich bog vor ihnen rasch in eine Gasse, um im Schutz der Dunkelheit weiter nach meiner Familie zu suchen. Auf einmal war ich mir nicht mehr sicher, warum sie mich so einfach gehen lassen hatten. Wenn mein Vater festgenommen war, hatten sie meine Mutter sicher nicht laufen lassen. Und bei mir? War es vielleicht nur eine Frage der Zeit, bis...
Hinter mir wurden Stimmen laut. ,,HEY! Hier ist jemand!"
Ohne mich umzudrehen, ließ ich erschrocken meine Sachen fallen und rannte los, blindlinks weiter in das Dunkel der Gasse. Ich konnte hören, dass mein Verfolger mir dicht auf den Fersen war und er oder sie war schnell. Das musste jemand von den Ferox-Soldaten sein, die mich festnehmen wollten. Panisch sammelte ich all meine letzte Kraft, um schneller zu sein. Die Gasse führte auf einen verlassenen Parkplatz eines leerstehenden Einkaufscenters. Zu spät erkannte ich, dass dort bereits ein Dutzend Motorradfahrer auf ihren Bikes standen, die scheinbar auf etwas warteten.Oder auf jemanden.
Das waren keine Ferox.
Und auch keine Amite, Altruan, Candor oder Ken.
Diese Leute gehörten keiner Fraktion an, die ich kannte.
Ängstlich ließ ich meinen Blick über die vermummten Gesichter wandern. [Ich kenne diese Kleidung. Das war...der Motorradfahrer, der auf uns geschossen hat...als Caly und ich...]
Plötzlich fühlte ich einen dicken Kloß in meinem Hals.Sie würden mich also töten.
In der nächsten Sekunde hörte ich zwei feste Schritte hinter mir, dann legten sich kalte Hände um meinen Hals und etwas schweres traf mich am Kopf.
Mein Bewusstsein versank in finsterer Schwärze.
Fühlte sich so Sterben an?

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Ein bestimmter Tag X
Fiksi PenggemarWas passiert, wenn man als Initiantin bei den Ferox gründlich versagt, aber um jeden Preis im Ranking bleiben will? Und wenn dann auch noch der allseits gefürchtete und überaus fiese Anführer durch einen Zwischenfall ein Auge auf einen wirft... Alex...