In der Grube angekommen glitt mein Blick suchend durch den Raum, bis ich einen blondhaarigen Schopf ausmachen konnte. ,,LEX!" rief Lara und winkte mir. Ich stiefelte zu ihrem Tisch und setzte mich auf den freien Platz neben ihr. ,,Wie geht's dir? Wie geht's der Wunde?" plapperte sie drauf los. ,,Besser." sagte ich und griff nach einem Teller. ,,Dann hast du wohl mit Evan getauscht." Der Unterton in ihrer Stimme ließ mich aufhorchen. ,,Evan...w...wieso was ist mit ihm?"
Ich füllte mir etwas Kartoffelgratin auf und nahm mir eine Bratwurst. Als ich anfing zu essen seufzte Lara. ,,Er kam gestern mit einem blauen Auge ins Lager. Drei Mal darfst du raten von wem er das hat." ,,Nein!" Wütend ballten sich meine Hände um das Besteck. ,,Und warum?" ,,Ich schätze, das hat was mit Dopingpillen zu tun. Wenn du mich fragst, war es nur eine Frage der Zeit, bis Eric es herausfindet. Apropos..." Sie machte eine dramatische Pause. ,,Was ist jetzt eigentlich mit dir und ihm? Irgendwas läuft doch zwischen euch."Ich schluckte mühsam. ,,I-ich...a-also...naja...ich weiß es nicht." Laras wissender Blick durchbohrte mich förmlich. ,,Oh.Mein.Gott. Habt ihr....Nein." Ihre Augen wurden groß. ,,Nicht so laut." zischte ich. ,,Ihr hattet Sex?!?" flüsterte sie aufgeregt. ,,Wir waren auf Drogen. Du kennst die Nebenwirkungen." verteidigte ich mich. ,,Alexis! Das ist Eric. Weißt du eigentlich was du da tust?" ,, Nein, das weiß ich nicht und ich will es auch gar nicht wissen!" Lara atmete tief durch. ,,Er benutzt dich nur. Jeder hier weiß das. Er ist gefährlich und er hat Macht. Was zur Hölle ist nur los mit dir?!" Ich senkte den Kopf. Laras Worte machten mir bewusst, in was für einer Lage ich eigentlich steckte.
Ich war nicht der Typ Mädchen, der nach einem Onenightstand wieder einen auf cooler Kumpel machen konnte. Und ja, vielleicht hatte ich mir ein bisschen zu viel von dem mit Eric erhofft. Der Sprung zurück ins Ranking, das Einzeltraining, das Extra-Zimmer...
Es wirkte immerhin so, als würde er mich mögen. Oder? Verdammt.Auf einmal war ich mir nicht mehr sicher. Vielleicht nutzte Eric mich wirklich nur aus? Bei dem Gedanken daran wurde mir speiübel und ich konnte nur mit Mühe ein Würgen unterdrücken. Laras Worte hallten in meinem Kopf nach. [Jeder hier weiß das.]
Jeder- außer mir!,,Die Wunde ist schon am abheilen." sagte die Krankenschwester, nachdem sie einen kritischen Blick unter den Pflasterverband an meiner Schulter geworfen hatte. ,, Aber du solltest es mit dem Training noch nicht übertreiben. Sonst könnte es sein, dass sie wieder anfängt zu bluten. So eine Schusswunde ist schließlich kein Kratzer." ,,Sagen Sie das lieber meinem Trainingspartner." erwiderte ich grimmig. ,,Wer ist denn dein Trainingspartner?" ,,Eric." ,,Oha." Sie seufzte. ,, Wenn etwas ist kannst du gern her kommen, okay?" ,,Ist gut." Ich schwang meine Beine von der Krankenliege und verließ die Krankenstation.
Lara war schon vorgegangen zum Angsttraining. Ich folgte ihr, doch kurz vor dem Raum, indem das Training stattfinden sollte, hörte ich Stimmen. Ich lehnte mich gegen die Wand des Ganges und schob meinen Kopf vorsichtig nach vorne, um heimlich um die Ecke blicken zu können. Da stand Fenja, dicht vor Eric und lachte. Ich biss die Zähne zusammen. ,, Das seh ich ganz genauso." hörte ich sie in ihrem albernen Tonfall sagen. Erics Gesicht blieb zwar regungslos, aber er legte eine Hand auf ihren Arm und sofort jagte ein eisiger Pfeil durch meine Brust. Ich schnappte nach Luft. Sie haben Recht! war das Einzige, was ich denken konnte.
Ich bin so eine Idiotin.
Ich hatte doch nicht wirklich geglaubt, dass ich einen besonderen Platz einnehmen könnte. Ich, die ängstliche, schüchterne Alexis, die bei jedem Zweikampf verlor.
Ich wusste nicht, was mehr weh tat. Die Erkenntnis, das Eric mich nur benutzte oder dass ich mich die ganze Zeit selbst getäuscht hatte. Als ich mich nach vorn beugte, um noch einmal in den Gang zu schauen, waren Fenja und Eric weg. Verzweifelt schluckte ich eine Welle Tränen herunter, die sich ihren Weg zu meinen Augen bahnen wollte.
[Reiß dich zusammen, Alexis. Du musst stark sein.]Als ich mich vor dem Raum für das Training anstellte, fiel mir auf, das alle, die nach mir kamen, mir verstohlene Blicke zu warfen. Ich versuchte, die Blicke zu ignorieren und trat sofort einen Schritt vor, als sich die Tür öffnete. ,, Nächster...oh." Fenja verzog ihre Augen zu schmalen Schlitzen, dann ignorierte sie mich und trat auf den Gang. ,,Tja, was soll man sagen. Ich bin eben ein Naturtalent." Sie drehte den Kopf und zwinkerte Richtung Eric, der in einem kleinen schmalen Raum neben einigen Geräten auf einem Stuhl saß. Meine Kehle war staubtrocken. Auf einmal hasste ich alles. Den Ort. Die Ferox. Dieses ständige Kämpfen um die besten Rangplätze.
Vielleicht hätte ich zu den Amite gehen sollen. Oder zu den Altruan. Dort hätte ich sicher hervorragend hin gepasst. Wütend über mich selbst stapfte ich in den Raum und würdigte Eric keines Blickes. Er begrüßte mich mit den Worten: ,,Also dann...bereit deinen größten Ängsten zu begegnen?"
Ich sitze bereits mit ihnen in einem Raum dachte ich finster und nickte nur.An meiner Wangen fühlte ich den warmen, weichen Floor des Wohnzimmerteppichs in meinem Elternhaus. Verwirrt streckte ich die Hand nach der Oberfläche aus. Es fühlte sich so echt an. Als ich meine Augen öffnete, erkannte ich mein altes Zuhause wieder. Alles sah genau so aus, wie ich es zurück gelassen hatte. Irgendwo in der Wohnung lief ein Radio. Vorsichtig stemmte ich mich hoch und musterte den Raum. Die Schränke mit den Büchern, die zwei silbernen Wolfskulpturen, der helle Holzesstisch und die Stühle mit den Fellen. Auch die Duftkerze, die meine Mom immer so gerne roch, stand angezündet auf dem Esstisch. Ich hörte meine Mutter lachen und lief zur Tür, die auf den Flur im oberen Stockwerk führte. Doch als ich die Tür öffnete, gab es einen Windstoß und hinter mir vernahm ich ein dumpfes Geräusch, als würde ein Glas zu Boden fallen. [Um Gottes Willen, die Kerze!]
DU LIEST GERADE
Ein bestimmter Tag X
FanfictionWas passiert, wenn man als Initiantin bei den Ferox gründlich versagt, aber um jeden Preis im Ranking bleiben will? Und wenn dann auch noch der allseits gefürchtete und überaus fiese Anführer durch einen Zwischenfall ein Auge auf einen wirft... Alex...