Teil 13

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Es war ihr unangenehm, wie die Leute sie musterten, während sie Stift und Papier aus ihrem Rucksack holte.
Aber so sehr sie sich auch wieder in ihr Zimmer verkriechen wollte, sie konnte nicht. Nicht nur wegen der Worte des Direktors, sondern auch wegen ihretwillen. Sie musste endlich raus kommen und lernen in dieser Welt zurecht zu kommen und das aus vielerlei Gründen.
Angefangen bei einem viel zu gut aussehenden Lehrer.
>>Gespräche einstellen und Bücher raus. Seite 142 in euren Geschichtsbüchern. Kapitel...sagt wo waren wir stehen geblieben?<< fragte die Lehrerin am Pult. Sie war mittleren Alters und trug ein Sommerkleid, das nichts von ihrer Haut frei gab. Sie wirkte sehr steif und irgendwie vermittelte ihr Auftreten etwas zu strenges.
Sinna sah zu dem Mädchen rüber, welches rangenommen wurde.
>>Abschnitt drei. Hexenverfolgung.<<
>>Nadann. Worauf wartet ihr?<<
Die Lehrerin wollte sich gerade hinsetzen, als ihr Blick auch schon den von Sinna traf.
>>Ah, du musst Sinna sein. Möchtest du dich nicht einmal vorstellen Liebes?<< sprach sie plötzlich zuckersüß.
Sie hätte am liebsten nein gesagt, dennoch legte sie widerwillig ihr Buch auf den Tisch und sah kurz zur Runde.
>>Mein Name ist Sinna. Ich bin 23 und ...<< Sinna überlegte stark, was sie sagen könnte und atmete auf, als die Lehrerin wieder das Wort ergriff.
>>Was ist deine Gabe? Und woher kommst du?<< half sie nach, was die Situation trotzdem nicht unbedingt lockerer machte.
>>Ich sehe Tote. Und man hat mich aus einer Psychiatrischen Klinik rausgeholt.<<
>>Hörst du sie auch?<< fragte das Mädchen, welches vorhin sich gemeldet hatte. Rostbraunes Haar fiel ihr in Wellen über ihren Rücken, während ihre dunklen Augen neugierig funkelten. Sie schien bedacht, aber dennoch ein stürmisches Wesen zu haben.
>>Ja. Ich sehe und höre sie.<<
Damit war das ganze auch beendet.
Die restliche Stunde verlief ereignislos und Sinna stellte schnell fest, dass Frau Reens definitiv viel zu monoton war.
Dennoch merkte Sinna schnell, dass Geschichte sie durchaus interessierte, wenn auch die Lehrerin an sich zum einschlafen war.

Gerade war sie auf dem Weg zur Cafeteria, als auch schon jemand an ihrem Arm zog.
Das Mädchen mit dem rostbraunen Augen lächelte Sinna freundlich an.
>>Hey. Ich dachte ich könnte dir etwas Gesellschaft leisten an deinem ersten Tag. Meistens ist der Tag dann viel leichter gemeistert. Wir können zusammen essen, wenn du magst?<< fragte sie zaghaft, woraufhin Sinna tatsächlich kurz überlegen musste.
Das letzte mal als sie jemandem vertraut hatte, wäre sie fast drauf gegangen, daher kostete sie es jetzt enorme Überwindung zu nicken.
>>Super.<< freute sich das Mädchen.
>>Ich bin Ella.<< stellte sie sich vor und zog Sinna durch den Gang.
>>Wie gefällt es dir bisher hier?<<
>>Viel habe ich noch nicht gesehen. Aber das was ich bis jetzt gesehen habe und erlebt habe ist gut. Denke ich.<<
Das ihre Gedanken dabei zu Hawke huschten, versuchte sie auszublenden.
>>Das wird noch besser. Du wirst schon sehen. Es gibt einige hier, die an ihrem ersten Tag nicht einmal geradeaus laufen konnten. Der da.<< zeigte Ella auf einen eher zurückgezogenen Jungen. >>Er hat sich mitten im Klassenzimmer übergeben, als man ihm zu viele Fragen gestellt hatte.<<
>>Der Arme<< kommentierte Sinna ihre Aussage und sah schnell weg, als er aufsah.
>>Ja, vermutlich. Aber so ist das hier. Selten hat eine Person mal kein peinliches Erlebnis hier, also bleib locker. Momentan siehst du nämlich eher aus, als würdest du in irgendeine Ecke gehen wollen und nicht mehr rauskommen.<<
>>Echt? Ich dachte mein Pokerface würde etwas bringen.<<
Ella schüttelte mitleidig den Kopf.
>>Tut mir Leid, da muss ich dich enttäuschen.<<
Sie kamen in der Cafeteria an und setzten sich mit ihrem Essen an eines der hinterliegenden Plätze, weil Sinna sich so wohler fühlte. Sie wollte an der Wand sitzen, weil sie es nicht mochte, wenn hinter ihr eine Tür war oder die Möglichkeit, dass sich jemand an sie heranschleichen konnte.
Sie brauchte den Schutz und die Versicherung, dass hinter ihr nichts überraschendes passieren konnte.

>>Was ist deine Gabe?<< fragte Sinna nun doch neugierig und sah Ella dabei zu, wie sie an ihrem Käsebrot knabberte.
>>Ich sehe Auren. Aber eher auf der Gefühlsebene. Die Taten der Menschen nicht. Ob sie gut oder böse sind auch nicht. Man könnte meinen, dass ich die Gefühle lesen kann.<< zuckte sie mit den Schultern.
>>Ist es anstrengend?<<
>>Nein. Um ehrlich zu sein Sinna, ich habe glaube ich einfach Glück, weil es echt leicht ausgeprägt ist.<< antwortete sie.
>>Wie ist es mit dir? Ist deine Gabe sehr schlimm?<<
Sinna pulte die Kerne vom Brotrand und stapelte sie an der Seite. Mied dabei den Blick von Ella, bevor sie wieder zu sprechen begann.
>>Ziemlich schlecht. Sehr schlecht. Aber seit dem ich hier bin, fühlt es sich etwas leichter an.<<
>>Das sagen die meisten. Vielleicht, weil man sich hier verstanden fühlt.<<
>>Ja. Vielleicht.<< erwiderte Sinna, bevor ihr Blick auf Hawke fiel, der lässig die Cafeteria betrat.

The Darknes of SinnaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt