Teil 12

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>>Hey, alles gut.<< drang Lucans Stimme durch, sodass Sinna sich endlich aus ihrer Starre löste und von ihm losriss.
Mit erhobenen Händen kniete er vor ihr und ließ ihr Zeit sich zu sammeln.
>>Ich habe dich vorbeirennen sehen und nur aufgepasst, dass dich andere nicht sehen. Ich schwöre es.<< versuchte er sich zu erklären und obwohl sie ihm sonst nicht über den Weg traute, glaubte sie ihm.
>>Danke<< stieß sie aus, bevor sie sich auf ihre wackeligen Beine stellte und die helfende Hand von Lucan ignorierte.
>>Was war es?<< fragte er neugierig, woraufhin sie ihren Blick auf ihn richtete und mit den Schultern zuckte.
>>Ein Geist. Aber er ist weg.<<
Dass es nur die Halbwahrheit war, war ihr egal, denn auch wenn Lucan gerade außergewöhnlich hilfsbereit war, traute sie ihm nicht.
>>Danke nochmals.<< sagte sie, bevor sie an ihm vorbei lief und dankbar ausatmete, als er ihr weder folgte, noch etwas hinzufügte.

~~~

>>Hat es etwas mit meinem Vater zutun Sinna? Warum willst du plötzlich in den Unterricht?<<
Sie zuckte mit den Schultern, ehe sie sich auf sein Bett setzte und sich darauf legte, als wäre es ihr eigenes.
Und auch wenn er den Anblick genoss, dem sie ihn bot, war Hawke dennoch zu verwirrt über ihre Entscheidung, als dass er es genießen könnte.
>>Nein. Es liegt nicht daran. Wirklich. Ich glaube einfach, dass es der anfängliche Schock war und mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt.<<
Sie hob kurz den Blick und sah zu ihm. Er wusste, dass sein Misstrauen ihm ins Gesicht geschrieben war und auch Sinna runzelte daraufhin die Stirn.
Abermals legte sie ihren Kopf seufzend auf sein Bett.
>>Wirklich Hawke. Mir geht es gut. Ich fühle mich bereit für den Schritt und falls meine Gabe sich bemerkbar macht, gehe ich raus.
Und irgendwie ist es komisch, aber seit dem ich hier bin, komme ich besser damit klar. Vielleicht tut die Ablenkung gut.<< warf sie ein.
Ja. Vielleicht war dem so, doch trotzdem fühlte er sich unbehaglich bei dem Gedanken.
>>Wie du willst Sinna. Aber sobald es dir zu viel wird, sagst du Bescheid.<<
>>In Ordnung du Griesgram.<< lachte sie und schnappte sich sein Handy vom Bett.

>>So ein Ding habe ich lange nicht mehr gesehen.<< stellte sie fest, bevor sie wahllos darauf tippte und es frustriert zurück warf, als sie bemerkte, dass es ein Passwort benötigte.
Hawkes Lachen erklang in seinen eigenen Ohren, bevor er aufstand und zu ihr ging.
Das Bett erbebte unter seinem Gewicht und sorgte dafür, dass Sinnas Körper aufgeschaukelt wurde.
>>Ich habe ein altes. Wenn du willst, kann ich es dir geben. Wäre vielleicht keine so schlechte Idee, weil du mich dann jederzeit erreichen könntest.<<
Ihre Augen leuchteten auf und sie sprang so schnell auf, dass sie fast umgekippt wäre.
>>Zeig es<< sagte sie euphorisch, woraufhin Hawke zu seinem Schreibtisch lief und sein altes Handy raus holte.
Er schaltete es an und besah es sich nochmal, ob er damals auch wirklich alles zurückgesetzt hatte.
Erst dann setzte er sich abermals neben Sinna und gab es ihr.
>>Danke<< hauchte sie, bevor sie auf das TouchPad drückte.
>>Das wird dauern, bis ich mit dem Ding klarkomme. Ich dachte die hätten Tasten.<<
>>Schon lange nicht mehr Sinna.<<
Wie lange war sie wirklich von der Außenwelt abgeschirmt? Das war noch bei keinem der Fall.
Klar, sie hatten Schüler, die aus Psychiatrischen Kliniken kamen, aber alle von ihnen hatten vorher ein Leben.
Aber Sinna schien nicht das Privileg gehabt zu haben.
>>Hattest du jemals eine gute Zeit in deinem Leben? Oder warst du immer abgeschottet von der Außenwelt Sinna?<<
Er bereute es das zur Sprache gebracht zu haben, als er sah, wie ihre Freude verflog und sie langsam das Handy sinken ließ.
>>Du musst nicht darüber reden. Ich war zu neugierig.<<
>>Nein<< unterbrach sie ihn. >>Ich...es ist schon in Ordnung, dass du dich das fragst.<<
Sie seufzte kurz auf, bevor sie das Handy zur Seite legte und sich zu ihm drehte.
Dabei mied sie seinen Blick dennoch und sah zur Seite, wie als würde sie nach einer Erinnerung greifen.
>>Ich glaube ich war acht oder sowas, als meine Gabe wirklich schlimm wurde. Vielleicht sogar früher. Vielleicht kam es auch schleifend, ich weiß es nicht mehr.<< zuckte sie mit den Schultern.
>>Warst du damals bei deinen Eltern? Als es das erste mal passiert ist?<< fragte Hawke sie, doch sie schüttelte den Kopf.
>>Ich habe sie nie kennengelernt. Seit ich denken kann, war ich im Heim und es gab zwei Pflegefamilien. Ich war da noch viel zu jung. Fünf oder sechs. Aber sie wollten ein gesundes Kind. Das war das erste mal, dass man davon ausging mit mir würde etwas nicht stimmen.
Im Heim kippte es danach auch. Sie waren nur noch wütend über mich, weil ich zu jung war, um mich in eine Klinik zu bringen, da viele von einer belebten Fantasie und Trauma ausgegangen sind.  Mehr als einen Psychologen stellten sie also nicht zur Verfügung und das machte die Betreuer dort fertig.<< zuckte sie mit den Schultern, als wäre es egal und unbedeutend, dabei war es das nicht.
Nicht für Hawke.
Dennoch ließ er sie weitersprechen, ohne sie zu stören oder seine Gedanken zu früh zu äußern.
>>Nach dem Heim, steckte man mich in ein Krankenhaus. Dann in eine psychiatrische Klinik, aber ich konnte mich damals noch frei bewegen. Für meine späteren Verhältnisse, war das ein Stück Freiheit, die ich genossen habe.<<
Sie schluckte schwer.
>>Aber dann ging es gar nicht mehr. Es war wie eine Achterbahn in mir und ich glaubte langsam selbst daran, dass ich verrückt bin, denn das war einfacher als mit dem Wissen zu leben, dass diese Kreaturen echt sind. Einigen toten Seelen habe ich dennoch geholfen, weil sie so auch tatsächlich verschwanden. Aber sie wurden weniger. Aber diese Dämonen nicht. Sie waren da und es wurde immer schlimmer. Ich...sie haben mich eingesperrt als ich...<< Ihre Hände zitterten leicht, woraufhin Hawke sie in seine nahm und sanft über diese strich.
>>Was ist passiert? Warum haben sie dich endgültig eingesperrt?<< fragte er sie sanft und strich dabei weiterhin über ihre Hände.
Dieses mal sah sie nach unten und mied gänzlich seinen Blick.
>>Ich habe versucht mich von dem Schmerz zu befreien. Von ihnen. Ich habe versucht mir das Leben zu nehmen und eine Krankenschwester ist reingeplatzt. Sie wollte mir das Messer aus der Hand nehmen und ich habe mich gewehrt. Ich habe sie getroffen und das war das Aus für mich. Sie dachten ich wäre Unzurechnungsfähig und da war ich nun. In meiner Zelle und ohne eine Möglichkeit dem zu entkommen. Und irgendwie dachte ich es wäre besser dort drin zu sein, abgeschirmt von anderen, weshalb ich meine Ausraster und Gespräche mit den Geistern oder Dämonen nie verbarg. Ich überzeugte jeden dort, dass es die richtige Entscheidung war mich weit von der Gesellschaft einzusperren.<< lachte sie und obwohl sie lachte, hörte er ihren Schmerz heraus.
Im nächsten Moment zog er sie in seine Arme und sah Bilder, die er wohl nie mehr aus dem Kopf bekommen würde.
Der Gedanke sie hätte es damals tatsächlich geschafft sich das Leben zu nehmen, machte ihn fertig.
>>Sie hat überlebt.<< flüsterte sie an seine Brust.
>>Das haben sie mir damals zumindest gesagt. Wenigstens bin ich keine Mörderin.<< fügte sie hinzu.
>>Hast du immer noch Gedanken darüber, dich..?<< er konnte es nicht aussprechen. Irgendwie gelang es ihm einfach nicht und das schien auch nicht nötig zu sein, da Sinna ihn verstand.
>>Das war das einzige Mal. Ich will nie mehr in einen solchen Abgrund fallen. Ich will leben.<< hauchte sie.

The Darknes of SinnaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt