Blind

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Ryan

Bruce stand mit verschränkten Armen vor mir. Wir sollten nicht direkt vor ihrem Zimmer anfangen zu reden, weswegen ich ihn mit in mein Arbeitszimmer nahm. „Ich kann es nicht glauben. Das ist die Antwort auf das Rätsel? Blindheit?" Ich seufzte. „Ich habe es überprüft. Wenn sie schauspielert ist das einen Oskar wert", ich rieb mir die Schläfen. „Nein Bro, das ist echt", sagte er und schaute etwas verwirrt.
„Sie war in Ordnung, wie ist das so plötzlich passiert? Soll Cedric eine blinde Frau heiraten?", fragte er laut. Ich schüttelte den Kopf. „Ihre Erblindung muss heilbar sein, genau deswegen weiß niemand davon. Hunter versteckt es, damit kein Drama entsteht. Wäre sie dauerhaft blind, wäre es bekannt, aber er versteckt sie und es gehen Hochzeitsgerüchte rum."
Bruce schien zu überlegen und tippte auf seinem Handy rum. „Ich habe noch nie gehört, dass man Erblindung heilen kann", murmelte er. „Im Internet steht, dass es nicht möglich ist."
„Lass mich das klären", ich stand auf und ließ ihn zurück. Ich öffnete die Tür zu dem fast leeren Zimmer und betrat es. „Ich habe nicht viel Zeit und will nur schnell eins wissen. Wieso bist du blind?" Sie zitterte leicht. Vielleicht müsste ich ihr eine Decke geben.
„Trachom", antwortete sie. „Ich habe die Entzündung erstmal nicht ernst genommen und ... dann kam es zu einer Zweitinfektion der Bindehaut. Wie auch immer ... der Verlauf endet mit einer Erblindung."
„Verstehe, aber deine Blindheit kann rückgängig gemacht werden, richtig?"
„Ja", sagte sie leise. „Wieso ist es noch nicht gemacht worden?"
„Ich stehe auf der Warteliste, ich könnte jeden Moment dran kommen." Das war schlecht... „Gut..." Ich verließ das Zimmer und ging kurz neben an in das kleine Zimmer, oder besser gesagt Schrankzimmer, wo die ganze Bettwäsche und Handtücher lagen. Ich nahm von dort eine Bettdecke, ging zurück zu ihr und schmiss sie neben ihr auf das Bett. Sie zuckte zusammen. „Nimm die Decke. Ich komme später nochmal." Ich schloss wieder die Tür ab und ging zurück in mein Arbeitszimmer. „Ihre Bindehaut muss gewechselt werden." Bruce nickte. „Sowas dachte ich mir schon."
„Sie steht auf der Warteliste und könnte jeder Zeit dran kommen."
„Na toll. Jetzt hat sie Pech."
„Erstmal ja."
„Was jetzt?"
„Wir schicken ihrem Daddy ein Brief. Was sonst? Ich habe ihn auch schon vorbereitet." Ich öffnete die Tischschublade und holte ihn raus. Bruce schnappte sich den Brief.
„Deine Tochter lebt. Aber wie lange? Solange sie nicht in deiner Obhut ist, kann alles mögliche mit ihr passieren. Also wird schnelles handeln empfohlen. Was verlangt wird? Geld! 2 Millionen. Das ist bestimmt nichts für dich, für deine Prinzessin, richtig? Du hast eine Woche Zeit, es dir zu überlegen. Solltest du zustimmen, reicht eine offizielle Spende über der in der Zeitung berichtet wird aus, mit einem Foto von dir. Wenn nicht, stirbt die Prinzessin", Bruce nickte leicht.
„Beeindruckend und Angst einflößend."
Ich lachte. „Was erwartet er? Ich werde nicht zögern, sie zu töten."
„Sie wird doch so oder so sterben", Bruce schien das nicht wirklich zu gefallen. „Sie hat nicht wirklich überheblich gewirkt. Wahrscheinlich, wegen dem Schicksalsschlag." Wer hätte das gedacht? Eine versteckte Blinde ... das war das letzte womit ich gerechnet hatte. Das wäre mir nie in den Sinn gekommen. Sogar eine Schwangerschaft hatte ich als Option angesehen, aber Erblindung? Nein. Wirklich komisch was das Leben alles machte. „Bro, wirst du sie töten?"
„Nein", sagte ich fest.
„Das heißt sie wird nur getötet, wenn Hunter nicht zahlt?" Ich nickte.
„Wenn doch was dann?", hackte er nach. „Blinde Mädchen sind im Dark net sehr gefragt", Bruce wurde blass.
„Dann wäre es besser, wenn du sie tötest", meinte er ernst. „So stirbt sie jeden einzelnen Tag aufs neue."
„Genau das ist mein Ziel, auch ich habe mein Leben lang gelitten. Sie soll auch leiden." Bruce schüttelte den Kopf. „Darüber reden wir noch mal, wenn wir mehr wissen."
Ich war fest von meiner Sache überzeugt, ich würde meine Meinung nicht ändern. „Kümmern wir uns um Carolin Smith. Sorg dafür, dass Hunter in der Zeit, wo er sie eigentlich besucht, anderweitig beschäftigt wird, vielleicht eine spontane Pressekonferenz bezüglich der Wahlen. Unterdessen schnappe ich mir Carolin." Bruce nickte nachdenklich. „Also am besten dann direkt morgen ... ich könnte ein Interview organisieren lassen und dann wird die Assistentin von Hunter angerufen, wenn er zusagt, kannst du zuschlagen." Ich lächelte leicht. „Das werde ich so oder so. Carolin wird im Hotel sein, aber ich schnappe sie mir, bevor jemand von den Überwachungskameras gesehen wird."
„Gut. Ich bereite alles vor, soll ich nach Skylar sehen?" Ich schüttelte den Kopf. „Gib ihr aber was zum Essen", sagte er und ließ mich alleine. Essen? Ich könnte ihr höchstens diese billigen Chinesischen 5 Minuten Nudelsuppe machen. Ich verdrehte meine Augen. Natürlich müsste sie auch was Essen, daran hatte ich nicht gedacht. Ich hörte wie Bruce die Haustür hinter sich schloss und ging in die Küche. Während ich den Wasserkocher anschmiss, schaute ich auf meine Überwachungskameras. Plötzlich meldete mein Handy, dass ein Fenster im Obergeschoss geöffnet wurde. Ich schnappte mir den Suppenteller und goß über die Nudeln kochendes Wasser. Dann machte ich mich auf dem Weg nach oben.
„HÖRT MICH JEMAND? HILFE!"
Ich schloss ihre Tür auf. „Ja ich höre dich", knurrte ich. Sie streckte ihre Hände aus und drehte sich langsam.
„Wenn du sehen könntest, wüsstest du das wir mitten im nirgendwo sind. Blöd das du es nicht kannst", spottete ich.
„Nicht nett", sagte sie beleidigt. „Ich hatte nicht vor nett zu dir zu sein. Hier ist eine Nudelsuppe und sie ist heiß."
„Ich kann alleine keine Suppe essen", sagte sie leise. „Bitte was?", fragte ich verständnislos. „Es ist noch schwer für mich, flüssige Sachen zu essen", erklärte sie. „Aber alles andere geht?", hackte ich nach. „Brot und so?"
„Ja das geht." Ich seufzte. „Na schön", knurrte ich. „Ich habe aber momentan nichts anderes. Dann setzt dich. Ich helfe dir."
„Wieso bin ich hier?", fragte sie. „Keine Fragen!", warnte ich sie. „Du musst von dir aus nach links. Setzt dich auf die Matratze."
„Ich brauche meinen Stock. Ansonsten weiß ich nicht, wo was anfängt."
Ich schnaubte. „Das Fenster hast du gefunden."
„Das hat ewig gedauert", sagte sie leidend. „Soll ich Mitleid haben?", fragte ich sie ironisch. „Etwas vielleicht?", sagte sie und ihre Stimme wurde leiser. Sie schien in Gedanken zu sein. „Du hattest vor einigen Monaten fast einen Mann betrunken angefahren ..."
„Nein, ich war nicht betrunken", unterbrach sie mich eifrig. „Wie kommst du darauf?" Ich ging auf sie zu und packte ihren Arm. „Drei Schritte, dann kannst du knien und dich auf die Matratze setzen." Sie setzte zögerlich einen Fuß vor und danach den nächsten bis sie direkt vor der Matratze war. Dann kniete sie sich zögerlich hin, tastete nach der Matratze und setzte sich drauf. „Mund auf", ich hielt ihr den Löffel an den Mund und führte ihn zwischen ihre geöffneten Lippen. Sie schlug den Löffel aus meiner Hand und hilt sich den Mund. „Ahhh das war heiß", sagte sie und wedelte vor ihrem Mund rum. „Hör auf so ein Drama zu veranstalten!", sagte ich sauer und warf den Suppenteller auf den Boden. Ich sah wie ein Splitter sich in ihren Knöchel bohrte und sie anfing zu wimmern. „Lass mich in Ruhe! Bitte!", flehte sie und versteckte ihren Kopf zwischen den Beinen. Ich stürmte aus dem Zimmer und schloss ab. Soll sie hungern, solche Ansprüche konnte ich nicht erfüllen. Nicht mal essen konnte sie selber. Ich stürmte aus dem Haus, ich brauchte dringend frische Luft.

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