Nach unserer Rückkehr brachte ich Vinda in ihr Gemach. Von dem vielen Wein, den sie getrunken hatte, war sie wohl sehr müde geworden, das war mein Glück. Nur wenige Sekunden, nachdem sie in ihr Bett gesunken war, schlief sie auch schon ein. Gleich darauf verließ ich leise den Raum, um in mein eigenes Gemach zurückzukehren. Meine Gedanken kreisten nicht weiter um den Abend, den ich mit Vinda verbracht hatte, vielmehr machte ich mir einen Kopf darüber, wie es mir gelingen konnte, Isaac zu überzeugen, sich mir endgültig anzuschließen. Es war Zeit sich darum zu kümmern. In den letzten Tagen hatte ich das viel zu sehr vernachlässigt. Er war ein Sturkopf und tat nichts, was er selbst nicht wirklich wollte. Ich musste ihn dazu bringen, es zu wollen.
Aber sehr viel konnte nicht fehlen, um ihn zu überzeugen. Die Ansätze des Gedankens, etwas bewirken oder ausrichten zu können, hatte ich schon in der Zeit in Hogwarts bei dem Jungen wahrgenommen. Es fehlte der entscheidende Schubser in die richtige Richtung, damit er sich dazu entschied, mir zu folgen.
Mir war inzwischen klar, dass Worte dafür vermutlich nicht ausreichen würden. Für ihn sprachen zu viele entscheidende Faktoren dagegen, sich mir einfach anzuschließen. Er hing an der Schule und wollte dortbleiben, er hing an seinen Eltern und diese würden nicht davon begeistert sein, würde er plötzlich die Schule verlassen, um sich auf eine gefährliche Mission zu begeben, die jederzeit seinen Tod bedeuten konnte. Diese Beweggründe waren vernünftig und es würde etwas noch stärkeres als Vernunft brauchen, ihn davon zu überzeugen, dass es wirklich notwendig war, sich mir anzuschließen: Angst. Es musste für ihn wirken wie der letzte Ausweg, sodass er all seine Bedenken und seinen Verstand über Bord warf. Der beste und vielversprechendste Ansatz, das zu erreichen, lag darin, genau die Gründe, die für Isaac heute noch dagegensprachen, umzukehren. Und ich hatte schon eine Idee, wie sich das anstellen ließe.Die Jagd, die auf Hexen und Zauberer seit jeher gemacht wurde, hatte in den letzten Jahren leicht nachgelassen, denn die Muggel waren mit ihren ganz eigenen Problemen beschäftigt gewesen: ihren Kriegen, ihren Wirtschaftskrisen. Sie verschwendeten weniger Gedanken an so etwas. Das war eigentlich ein Fortschritt der Zauberer-Gemeinschaft, war aber insofern problematisch, dass viele Zauberer sich nicht mehr wirklich stark bedroht fühlten. Sie redeten sich ein, es hätte aufgehört und sie müssten sich nicht weiter wehren, doch das war ein Irrtum. Irgendwann würde es wieder von vorn anfangen. Deswegen, und weil ich Isaac einen Grund geben musste, sich mir anzuschließen, war es vielleicht an der Zeit, den Muggeln erneut einen Anlass zu geben, diese Jagd wieder aufzunehmen.
Vinda hielt viel von diesem Plan, wie sich am nächsten Tag, als ich nach ihr sah, herausstellte. Sie hatte einen ziemlichen Kater, ihr Verstand funktionierte allerdings nach wie vor. Sie begriff die Notwendigkeit dieser Herangehensweise, die durchaus gewagt war und hatte sich, ohne dass ich sie hätte dazu auffordern müssen, schon dafür bereit erklärt, den Köder zu spielen. Sie wusste, dass ich nicht zulassen würde, dass ihr wirklich etwas passierte und verließ sich darauf, war abgesehen davon aber auch durchaus fähig, sich allein gegen mehrere Angreifer zu verteidigen.
Die Zauberer sollten aber glauben, dass Vinda in ernsthafte Gefahr geriet, das würde die Angst erneut entfachen und war hoffentlich Beweis genug für die schlechten Absichten der Muggel. Ein weiterer Vorteil von dem Einsatz Vindas war, dass sie einer wichtigen Familie angehörte und die Nachricht über Angriffe von Muggeln auf Zauberer würde auch ohne diesen Umstand schon massiv Aufsehen erregen.
„Du weißt, was du zu tun hast", raunte ich Vinda leise zu, als wir draußen vor dem Tor standen und sie sich auf den Weg machen wollte. Sie nickte bestimmt. In ihren Augen war keine Spur von Furcht oder Angst zu erkennen, sie war die einzig richtige Wahl für diesen Auftrag und ich wusste, dass sie erfolgreich sein würde.
„Ich weiß, wie geschickt du bist", flüsterte ich ihr, mich zu ihr beugend, ins Ohr, „aber pass trotzdem auf dich auf, Liebste." Ich gab ihr einen kurzen Kuss, um meine Worte zu unterstreichen. Schließlich löste ich mich von ihr. Ihr Blick sprach Bände, sie war mir vollkommen verfallen. Ich warf ihr einen letzten Blick zu, dann disapparierte sie.
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Phönixasche (Grindeldore)
FanfictionNachdem die Machtübernahme Grindelwalds nur knapp abgewendet werden konnte, zieht sich der dunkle Zauberer nach Nurmengard zurück und beginnt schon bald damit, neue Pläne zu schmieden, die ihn seiner Vision einer gerechteren Welt näherbringen sollen...