Fassungslos starrte ich Albus an. Er hatte also mitgehört, sah mich jetzt herausfordernd und abwartend an. „Was verheimlichst du mir?", wiederholte Albus seine Frage angespannt.
Hilfesuchend wandte ich mich nach Bathilda um, doch diese schien schon das Weite gesucht zu haben, sie war nicht zu sehen.
„Gellert, rede mit mir", forderte mein Gegenüber mich ungeduldig auf. Ich schüttelte den Kopf. „Es ist irrelevant für unsere derzeitige Lage."
„Dann sei weiter so ein Sturkopf", murrte Albus genervt. „Ich gehe jetzt zu Aurelius' Beerdigung."
„Wie bitte?", entfuhr es mir, ich sah Albus bestürzt an.
„Ich bin sein Onkel, ich bin ihm das schuldig. Außerdem muss ich nach Aberforth sehen, er ist mein Bruder. Und nein, du kommst nicht mit. Ich will keine Toten."
Ohne eine Antwort abzuwarten, wandte Albus sich von mir ab, griff nach seinem Mantel, der wieder am Haken hing und verschwand durch die Tür. „Bis heute Abend bin ich wieder da", rief er über seine Schulter, bevor die Tür ins Schloss fiel.
Wie erstarrt blickte ich auf die Tür.
„Gellert, wieso bist du nur so stur?", seufzte Bathilda resigniert. Sie war gerade hinter mir aufgetaucht und legte nun ihre Hand auf meine Schulter.
„Ich will das alles nicht noch einmal durchleben", gab ich zu, meinen Blick richtete ich jetzt starr auf den Boden. „Und wenn ich Albus alles erzähle, passiert genau das. Nein, du wirst es ihm auch nicht erzählen. Wenn, dann muss er es von mir hören."
„Das verstehe ich. Aber wie lange willst du ihn denn noch im Dunkeln lassen?" Besorgt blickte meine Großtante mich von der Seite an. Ihr war anzusehen, dass sie nichts davon hielt, dass ich weiterhin alles für mich behielt.
„So lange wie möglich", erwiderte ich.
„Ich bin wirklich froh, dass du wieder da bist, aber deine Starrköpfigkeit hat mir absolut nicht gefehlt. Man sollte meinen, dass sich das legt, wenn man erwachsen wird, aber du hast diesen Entwicklungsschritt wohl übersprungen."
Wäre es nicht Bathilda gewesen, die so etwas zu mir sagte, wäre ich vermutlich ausgerastet. Aber meine Großtante respektierte ich. Ich wusste, dass sie für mich immer nur das Beste wollte und so kam ich nicht umhin, zu sehen, dass sie zumindest teilweise Recht hatte. Trotzdem ging ich nicht darauf ein, ging stattdessen nach oben und ließ mich aufs Bett sinken.
Einige von Albus' Sachen waren noch hier, was bedeutete, dass er zurückkommen würde. Das beruhigte mich irgendwie. Aber hatte ich wirklich geglaubt, dass er wegen dieser kleinen Auseinandersetzung gleich wieder für alle Zeit das Weite suchte?
Ich hielt nichts davon, dass Albus so kurz nach Aurelius' Tod schon wieder Aberforth aufsuchte. Was er seinem Bruder alles an den Kopf geworfen hatte, hatte Albus zutiefst verletzt und ich wollte nicht, dass sich das wiederholte. Zudem konnte ich dieses Mal nicht für ihn da sein. Albus hatte mir keinen Raum zum Widerspruch gegeben und war schneller verschwunden als ich hätte reagieren können. Vermutlich war es gut so, dass er sich dem allein stellte, aber ganz wohl war mir dabei trotzdem nicht. Ich machte mir Sorgen um ihn und konnte nur hoffen, dass Aberforth sich nicht allzu aggressiv benahm.
Es gelang mir nicht, stillzusitzen also stand ich wieder auf und lief unruhig im Zimmer hin und her. Aller paar Minuten spähte ich aus dem Fenster, in der Hoffnung, Albus zurückkehren zu sehen, doch die Straße blieb leer. Voller Frust trat ich mit meinem Fuß gegen den Schreibtisch, der kein Bisschen nachgab, mein Zeh pochte nur vor Schmerz. Bevor ich hier noch verrückt werden würde, beschloss ich, nach draußen zu gehen, um mir den Kopf etwas frei zu machen. In dieser Gegend spazieren zu gehen, barg zwar immer die Gefahr, von der Vergangenheit mitgerissen zu werden, doch gleichzeitig brachte es mir Momente der Klarheit.
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Phönixasche (Grindeldore)
FanficNachdem die Machtübernahme Grindelwalds nur knapp abgewendet werden konnte, zieht sich der dunkle Zauberer nach Nurmengard zurück und beginnt schon bald damit, neue Pläne zu schmieden, die ihn seiner Vision einer gerechteren Welt näherbringen sollen...