Mehrere Monate waren vergangen seit sie Albus abgeholt hatten, der Sommer neigte sich dem Ende zu, während ich umherwanderte, mich versteckte und nichts davon mitbekam, was draußen in der Welt geschah; langsam verrückt wurde unter der Ungewissheit. Für mich fühlte sich das alles an, als wäre ein Albtraum Wirklichkeit geworden, alte Erinnerungen wurden aufgerissen und ich fühlte mich zurückversetzt in meine Kindheit, in der ich hilflos dabei hatte zusehen müssen, wie sie meinen Vater mitgenommen hatten. Doch Albus würden sie nicht einfach töten, weil er ihre einzige Chance auf einen Sieg über mich war und das wussten sie.
In den letzten Tagen war ich mehr oder weniger ziellos umhergewandert, während sich in meinem Kopf sämtliche Pläne und Ideen überschlagen hatten. Gab es überhaupt noch einen Ausweg für uns? Eine Chance auf ein friedliches Ende für die Welt – und vor allem für uns zwei? Mit jedem Tag, der verstrich, zweifelte ich mehr daran und der kleine Funke an Hoffnung, der noch übriggeblieben war, war das Einzige, was mich antrieb – bis zu dem Moment, in dem der Funke zu einem lodernden Feuer wurde.
Am Himmel erblickte ich einen Punkt, der langsam auf mich zukam, allmählich größer wurde. Schon bevor ich erkennen konnte, was es war, wusste ich, tief in mir drin, dass Albus damit zu tun hatte.
Ich behielt Recht. Dieses Mal hatte das Tier die Form eines Phönix. Das Pergament glühte, als ich es berührte und beim Auseinanderfalten verbrannte ich mir beinahe die Finger. Mein Atem stockte als ich erkannte, dass das Pergament leer war. Ich wendete es, hielt es gegen die Sonne, doch nichts stand darauf geschrieben und einen Moment lang hatte ich Angst, dass ich mich geirrt hatte, dass sie Albus beseitigt hatten. Ich faltete den Phönix wieder zusammen, da glitt er mir aus den Fingern und schwebte davon. Ich konnte ihm nur verdutzt hinterherschauen, bis ich verstand und folgte. Mit welcher Art von Zauber hatte Albus es belegt?
Ich wurde misstrauisch, als der Pergament-Phönix auf einmal in der Luft stehen blieb, anfing sich zu drehen und noch heller zu glühen. Erst jetzt verstand ich, ergriff blitzschnell das Papier, schloss die Augen und wurde hineingezogen in einen Strudel, der mich einige Augenblicke später in einem dunklen Wald wieder ausspuckte.
Ich war versucht, nach Albus zu rufen, aber besann mich eines Besseren. Stattdessen schlich ich zwischen den Bäumen umher und sah mich um. Da erblickte ich Rauch, der zwischen den Schatten aufstieg und erkannte, als ich näherkam, dass er aus einem kleinen steinernen Schornstein kam. Ich begann zu rennen, wurde so schnell, dass ich beinahe über meine eigenen Füße stolperte. Hastig riss ich die Tür auf und erblickte den Schatten von Albus, der vor dem Kamin saß und sich wärmte.
„Albus!", rief ich und stolperte auf ihn zu. Er drehte sich zu mir um, doch bevor er aufstehen konnte, war ich ihm schon um den Hals gefallen und hatte ihn ganz fest an mich gedrückt. „Ich hatte solche Angst, dass sie..." Ich sprach meinen Gedanken nicht aus, Albus wusste ohnehin, wovon ich sprach.
Er erwiderte meine Umarmung, drückte sich ganz fest an mich, bevor er mich auf Armeslänge von sich weghielt und mir in die Augen sah. „Wir haben nicht viel Zeit, Gellert. Ich muss dir etwas zeigen." Besorgt nickte ich, während Albus aufstand und auf eine Ecke der kleinen Hütte zuschritt. Er zog ein Tuch von einem Gegenstand und als ich erkannte, was es war, blieb mir die Luft weg. „Wie hast du..."
„Unwichtig. Gellert, wir haben keine Zeit. Ich muss dir etwas zeigen." Er wartete meine Antwort nicht ab, zog stattdessen seinen Zauberstab, hielt ihn an seine Schläfe und begann einen silbernen Faden hinauszuziehen, welchen er schließlich in das Becken vor ihm gleiten ließ. „Sieh es dir an, Gellert", bat er mich eindringlich. Ich trat ein paar Schritte näher, beugte mich schließlich kopfüber und tauchte mit meinem Gesicht in die eiskalte Flüssigkeit ein.
Um mich herum bildeten sich Schatten, Menschen. Stimmen waren dumpf zu hören, wurden nun immer deutlicher. Schließlich fand ich mich in der Mitte eines kreisrunden Saals wieder, um mich herum standen hölzerne Bänke, auf denen seltsam einheitlich gekleidete Menschen saßen und mich finster beäugten. Allmählich wurde mir klar, wo ich mich hier befand und mir lief ein Schauder über den Rücken – sie hatten Albus tatsächlich verhört. Am liebsten hätte ich mich geweigert, mir das alles anzusehen, ich wollte nicht wissen, was sie mit ihm angestellt hatten, doch ich wusste, dass es wichtig war und dass ich es nicht ignorieren durfte.
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Phönixasche (Grindeldore)
FanfictionNachdem die Machtübernahme Grindelwalds nur knapp abgewendet werden konnte, zieht sich der dunkle Zauberer nach Nurmengard zurück und beginnt schon bald damit, neue Pläne zu schmieden, die ihn seiner Vision einer gerechteren Welt näherbringen sollen...