Kapitel 17: Kontrollverlust

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Avada kedavra!"

Mit erhobenem Zauberstab schleuderte ich Vinda den Todesfluch entgegen, bevor sie diesen ihrerseits aussprechen und auf Albus abfeuern konnte. Augenblicklich sackte sie in sich zusammen. In der Bewegung erstarrt, betrachtete ich einen kurzen Moment lang ihren reglos auf dem Boden liegenden Körper, überfordert von dem, was gerade passiert war.

Ich schüttelte den Kopf. Dafür, mir darüber Gedanken zu machen, hatte ich jetzt keine Zeit. Schnell wandte ich mich von ihr ab, ließ sie, ohne einen weiteren Blick auf sie zu werfen, liegen und hastete zu Albus herüber, der halb zusammengekrümmt an einer Wand lag. Die Sicht auf sein Gesicht wurde mir von Scamander verdeckt, der über ihn gebeugt dahockte. Grob schubste ich den jungen Mann beiseite. Mein Herz schlug mir bis zum Hals als ich mich neben Albus niederließ, meinen Zauberstab ließ ich achtlos fallen.

Ich beugte mich über meinen ehemals besten Freund, seine Augen waren geschlossen. Die Verzweiflung in mir wuchs.

„Albus, bist du in Ordnung?" Meine Stimme war heiser. Erleichtert stellte ich aber fest, dass er atmete. Der fehlenden Reaktion nach zu Folge, war er wohl bewusstlos. Ich betrachtete ihn ausgiebig, drehte vorsichtig seinen Kopf, um diesen auf äußerliche Verletzungen zu untersuchen, fand aber nichts.

„Albus", flüsterte ich erneut, legte meine Hand an seine Wange. Wäre ich auch nur einen Moment zu langsam gewesen, wäre Albus jetzt tot und ich würde hier hocken, gebeugt über seinen toten Körper. Wie hatte ich nur zulassen können, dass es hatte so weit kommen können? Allein die Vorstellung daran, was hätte passieren können, ließ mich erschaudern.

Die Sekunden fühlten sich an wie Jahrzehnte, die Zeit schien eingefroren zu sein. Nach gefühlten Ewigkeiten begann Albus, sich zu regen. Ich zog vorsichtig meine Hand zurück, während Albus seine Augen öffnete, und mehrmals verwirrt blinzelte. Der Stein, der mir vor Erleichterung vom Herzen fiel, musste Tonen gewogen haben.

„Albus", hauchte ich tonlos, mein Atem ging noch immer schwer. Sein Blick heftete sich auf mich, er sah mir direkt in die Augen mit einem Ausdruck, den ich nicht fähig war, zu deuten. Das plötzliche Bedürfnis, ihn zu küssen überkam mich, ich konnte es nur mit Mühe unterdrücken. Albus lächelte, als wüsste er, was gerade in meinem Kopf vorging. Ich war so erleichtert, dieses Lächeln zu sehen, dass ich nichts anderes tun konnte, als es zu erwidern. Einige Sekunden verharrten wir in dieser Position, er immer noch auf dem Boden liegend, ich auf den Knien hockend über ihn gebeugt.

Schließlich stützte Albus sich mit den Händen auf dem Boden ab, um sich aufzurichten, doch ihm fehlte die Kraft. Ohne zu zögern legte ich ihm einen Arm um seine Schultern. Während ich ihm dabei half, sich aufzurichten, warf ich meine Bedenken über Bord und zog Albus in eine Umarmung. Ich legte auch meinen zweiten Arm um ihn, während ich spürte wie seine Wange meine streifte. Sein Bart kitzelte angenehm auf meiner Haut, ich schmiegte mich noch näher an ihn. Ich spürte Albus nun ebenfalls zögerlich seine Arme um mich legen. Das Gefühl, das mich dabei durchströmte, war ich nicht fähig, in Worte zu fassen. Eine Mischung aus Erleichterung, Verzweiflung und Sehnsucht überkam mich. All die Emotionen prasselten auf mich ein und ich war nicht dazu in der Lage, sie zurückzudrängen.

Beinahe hätte ich zugelassen, dass er starb! Wenn ich jemals ernsthaft geglaubt hatte, ihn opfern zu können, hatte ich mir selbst etwas vorgemacht. Ich schloss meine Augen. Für diesen einen Moment war alles gut.

Es dauerte einige Sekunden, bis ich die Kontrolle wiederfand. Ich lockerte meinen Griff, half Albus schließlich dabei, sich richtig aufzusetzen und sich an die Wand zu lehnen. Ich rückte ein Stück von ihm weg, wandte meinen Blick ab. Emotional so auszubrechen, war mir unangenehm.

Schon damals als Albus und ich uns kennengelernt hatten, wenig später frisch verliebt waren, war es mir schwergefallen, diese Nähe – sowohl auf körperlicher als auch auf emotionaler Ebene – zuzulassen. Ich fühlte mich dabei, als würde ich meinen Schutz aufgeben und mich dadurch angreifbar machen. So war es schließlich auch.

Phönixasche (Grindeldore)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt