Kapitel 30

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Aimee

Ich wartete, doch da der Alpha sich nicht verwandelt und auch kein anderer, konnte ich nichts hören, falls er überhaupt geantwortet hat. Ich wendete mich also an Killian, der den Alpha mit Blicken durchlöchert. "Hat er geantwortet?" Sein Blick huschte zu mir und wurde augenblicklich sanfter. "Entschuldige, hatte vergessen, dass du ihn ja nicht hörst. Im Prinzip hat er gesagt, dass er unser Land und unsere Macht haben will. Denke dir noch ein paar Beleidigungen und Flüche dazu und du hast, was er gesagt hat. Mein Vater versucht gerade mit ihm zu verhandeln, auch wenn ich nicht glaube, dass das etwas bringen wird. Es wird wahrscheinlich auf einen Machtkampf hinauslaufen." "Ein Machtkampf?" fragte ich nach. "Ja, ein Kampf zwischen einem Alpha und einem Herausforderer. Ein Herausforderer kann ein anderer Alpha, der eigene Nachkomme oder ein Wolf sein, der es sich zutraut. Der Kampf endet meist mit dem Tod." endet er. Es ist zwar immer noch merkwürdig seine Stimme in meinem Kopf zu hören, aber irgendwie finde ich das auch schön und beruhigend. Ich nickte, um ihm zu signalisieren, dass ich es verstanden habe.

Meinen Blick lasse ich wieder über das andere Rudel streifen. Zuerst fällt mir nichts auf, doch dann sehe ich es. Die meisten Wölfe haben Angst. Es sieht so aus, als wollten sie nicht hier sein. Dazu zählte auch der sandfarbene Wolf, der sich neben den Alpha gestellt hatte. Im Prinzip sahen nur 15 Wölfe so aus, als würden sie das hier wollen, einschließlich des Alphas.
Konnte es sein, dass der überwiegende Teil des Rudels das hier gar nicht möchte?
"Sag mal Killian, kann ich mit dir auch per Mind-Link mit dir sprechen?" richtete ich mich wieder an ihn. Er blieb kurz still, bevor ich seine Stimme wieder vernahm. "Im Prinzip können Mates über einen Mate-Link miteinander reden, auch wenn der eine Teil ein Mensch ist. Dafür muss der Mensch markiert sein. Ich habe dich zwar markiert, aber wir wurden ja unterbrochen *Knurren* Probiere es einfach aus." Einfach ausprobieren und wie bitte? Ich zog meine Augenbraue hoch und fragte ihn das dann auch. "Denk an mich und dann das, was du mir sagen willst." erklärte er mir schnell. In seiner Stimme konnte ich ein Grinsen mithören. Ich schüttelte über ihn meinen Kopf.

Okay, an Killian denken. Mache ich das nicht eigentlich schon die ganze Zeit? Ich schweife ab. Also nochmal, an Killian denken. "IST DIR AUCH AUFGEFALLEN, DASS DER MEISTE TEIL DES RUDELS ANGST HAT UND NICHT HIER SEIN WILL?" Killian neben mir zuckte zusammen und schaute mich dann böse an. "Du musst nicht so schreien. Das war viel zu laut." Ich murmelte ein ‚Sorry' und schaute ihn dann auffordern an.

Er wendete sich wieder dem Rudel zu und tat auf normal. Wenig später hörte ich seine Stimme wieder "Du hast Recht. Vielleicht können wir das zu unserem Vorteil nutzen." Er tippte seinen Vater mit seiner Schnauze an und machte ihn anscheinend darauf Aufmerksam.
Ich spürte Fell an meiner anderen Seite und erkannte Ben, der sich leicht an mich rieb. Es nahm mir etwas von der Anspannung, die ich trotz meiner Ruhe spürte. Ich strich ihm über sein seidiges schwarzes Fell. Plötzlich aber versteifte sich Ben und schaute zum anderen Rudel. Ich schaute ebenfalls wieder rüber, doch konnte nichts erkennen, was ihn so aufwühlt. Es war alles gleich, nur der sandfarbene Wolf stand nun ebenfalls angespannt da und schaute zu uns. Ich folgte seinem Blick und kam zu Ben. Ich folgte nun Bens Blick und kam wieder zum Wolf. Aha, also wäre schon mal geklärt, wer der Grund für die Angespanntheit von Ben verantwortlich ist. Frage mich nur noch warum?

Lange darüber den Kopf zerbrechen konnte ich nicht, da auf einmal Bewegung beim anderen Rudel kam. Der Alpha wendete sich seinem Rudel zu und scheint ihnen etwas zu sagen. Die 15 Wölfe schienen jetzt noch mordlustiger zu sein, der Rest wehrte sich zwar zuerst, neigten dann aber doch ihre Köpfe und unterwarfen sich ihm.

Bevor aber irgendwas passieren konnte, erhob sich der sandfarbene Wolf aus seiner unterwürfigen Position. Dies schien den Alpha zu überraschen. Er knurrt ihn wieder an und baut sich vor dem anderen Wolf auf. Dieser scheint nun dagegen anzukämpfen und sich so dem Alpha zu widersetzen. Sein Kopf ging wieder Richtung Boden, als sein Blick auf Ben fiel. Dies schien ihm wieder Kraft zu geben, denn nun wehrte er sich entschlossener gegen den Alpha und schaffte es auch, erhobenem Hauptes vor dem Alpha zu stehen und ihn nun ebenfalls anzuknurren.

Sprachlos beobachteten wir das Geschehen. Der Rest des Rudels schien wieder Hoffnung zu bekommen. Anscheinend wollten sie auch lieber den sandfarbenen Wolf als Anführer haben. Ehe ich es realisieren konnte, stürzten sich die zwei Wölfe aufeinander. Sie bissen sich immer wieder. Bei dem Gerangel konnte ich nicht einschätzen, wer von beiden die Oberhand hat.

Neben mir konnte ich ein Wimmern hören. Ich wendete mich Ben zu. Er schaute dem Geschehen mit Schrecken zu und wimmerte immer wieder. Ich kniete mich neben ihm hin und schlang meine Arme um seinen Hals. Er leckte mir kurz über die Wange, bevor er sich wieder dem Kampf zuwendet.

Inzwischen waren beide ziemlich schwer verletzt und umkreisten sich gerade. Allerdings würde ich sagen, dass der Alpha schlimmere Verletzungen hat, oder eher gesagt taktisch klügere. Er zog ein Bein nach und war dadurch langsamer. Ich sah, wie sich einer der Anhänger vom Alpha hinter dem sandfarbenen Wolf schlich und zum Sprung ansetzen wollte. Sofort richtete ich mich auf und rief „Keiner greift in den Machtkampf ein." Der Wolf hielt in seinem Tun ein und ihm entkam ein frustriertes Knurren. Dies lenkte die Aufmerksamkeit von dem Wolf auf ihn. Die Chance nutzte der Alpha und stürzte sich wieder auf den Wolf. Der Aufprall von beiden auf dem Boden war so stark, dass man durch den Boden eine Vibration spüren konnte. Der Alpha stand nun über dem Wolf und setzte an, ihm in den Hals zu beißen. Dabei hatte er aber sein verletztes Bein vergessen. Gegen dieses schlug der Wolf, wodurch der Alpha ins Trudeln kam. Dies nutzte der Wolf und drehte sie beide um, sodass er nun über dem Alpha stand. Er biss dem Alpha in den Hals, sodass der Alpha nicht mehr entkommen konnte, aber tötete ihn nicht.

Verwundert blickte ich zu Killian, der meine Frage anscheinend in meinem Gesicht erkannt hat. „Der sandfarbene Wolf ist Liam und der Alpha sein Vater. Er gibt ihm gerade die Chance weiter zu leben. Aber so wie ich den Alpha kenne, würde er eher seinen Sohn töten, als auf seinen Rang zu verzichten." Kaum verklang seine Stimme in meinem Kopf, hörte ich ein hässlichen Knacken. Sofort schaute ich wieder zu Liam und seinem Vater. Liam hatte seinem Vater das Genick gebrochen. Ihm lief eine Träne herunter, bevor er sich wieder fasste und zu seinem Rudel blickte.

Die FlüstererWo Geschichten leben. Entdecke jetzt