Kapitel Zweiundzwanzig

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Was...?

Evie war etwas schneller als ich bei den Motorrädern, allerdings hatte sie auch längere Beine und mehr Kontrolle in hohen Schuhen.

Sie drängte sich zwischen die zwei Jungs, die verdächtig an dem dunkelblauen Motorrad herum lungerten. »Was habt ihr hier zu suchen?«, zischte sie. Evies Stimme war wütend, aber leis. Ich hatte sie so noch nie gehört.
Auch ich beäugte die Jungs misstrauisch. Beide waren ziemlich dünn und ihre Klamotten sahen alt und gebraucht aus. Sie hatten keine einheitliche Farbkombination fokussiert, was mich etwas verwunderte. Immerhin war das auf der Insel der beste Weg zu zeigen, wer man ist.

»Wir suchen nur jemanden«, gab die größere Junge von sich. Seine Haut war ziemlich blass und ein paar Haarsträhnen lugten unter seiner dunkelbraunen Mütze hervor. »Wir dachten, dass ein Motorrad vielleicht zu ihr gehören könnte.« Mit seinen Fingern spielte er an der dunkelroten Lederjacke.
Der andere Junge, offenbar etwas jünger und mit dunklerer Haut, wollte etwas sagen, aber der andere stieß ihn mit seinem Ellenbogen an, weshalb er nur zu Boden sah.

»Die Motorräder gehören zu uns, also könnt ihr eure Suche woanders fortsetzen.« Demonstrativ setzte sich Evie mit überschlagen Beinen auf ihres. »Es sei denn, ihr sucht Ärger.« Sie beugte sich näher zu den Jungs. »Aber ich glaube, das wollt ihr nicht.«
Der kleinere Junge sah wieder hoch und starrte mir in die Augen. Die dunkelbraune Farbe in seinen Augen kann mir so vertraut vor…
»Also wenn die beiden keinen Ärger wollen, nehm ich ihn gerne.«

Mist!, war mein einziger Gedanke in dem Moment, als ich Harry Hooks Stimme hören konnte.
Er kam hinter einer Hauswand hervor und hielt seinen Haken in einer Hand. »Allerdings glaube ich nicht, dass das Fröschlein und die Hexe so viel austeilen können.«

Ich stellte mich etwas näher zu Evie. Die beiden Jungs sagen etwas irritiert aus, aber Harry sah sie unbekümmert an. »Und wer seid ihr?«

»Nur ein paar Typen, die schnell verschwinden sollten.«
Mein Blick wanderte ungläubig zu dem dunkelhäutigen Jungen. Konnte das sein?
Der Junge drehte sich mit einem letzten Blick zu mir um und schob den größeren Jungen vor sich her.
Ich könnte schwören, dass der Junge mein Bruder gewesen ist. Ich wollte hinterher, aber Harry schnalzte mit der Zunge.

»Hier geblieben, Fröschlein. Ihr verratet mir jetzt erstmal, warum ihr wieder hier seid. Schon wieder.« Harry kam näher zu uns.
»Was hast du denn hier verloren?« Ich legte mein ganzen Selbstbewusstsein in meine Stimme und verschränkte die Arme vor der Brust. Mein Gewicht verlagerte ich auf ein Bein und lehnte mich nach vorne - näher zu Harry. Entweder ich sah etwas bedrohlicher aus oder wie eine Verrückte. Allerdings, wenn ich Harry so ansah, war eine Verrückte auch bedrohlich.

Harry breitete die Arme aus und schlug mit seinem Haken gegen einen Laternenpfahl. »Ich lebe hier, schon vergessen?«

Ich kniff die Augen enger zusammen. Tatsächlich hatte ich es wirklich kurz vergessen, allerdings musste es niemand wissen. »Aber was machst du hier? Du kannst deinen Haken auch woanders Gassi führen.«
Harry sah überrascht aus (wobei ich es auch war; vielleicht hab ich im Friseursalon zu viele Dämpfe eingeatmet?). Aber Harry ließ sich natürlich darauf ein. Er ging noch ein paar Schritte auf mich zu, musste allerdings stehen bleiben als er mit dem Fuß gegen das Rad eines Motorrollers stieß.

»Ich sehe, da führt jemand auch sein Ego aus, hm?« Seine Augen sahen von so nah irgendwie komisch aus. So irre und rachsüchtig. Dabei bin ich nichtmal schuld, dass er hier auf der Insel festsaß.
»Wie kannst du nur so von dir selbst reden.« Ich legte eine Hand auf mein Herz. »Das muss so verletzend für dich sein.«

»So ungern ich dieses«, Harry und ich sahen gleichzeitig zu Evie, die mit ihren Händen gestikulierte, »interessante Zusammentreffe unterbreche, aber wir brauchen Informationen. Also Hook, erzähl uns was.«
Harry kniff die Augen zusammen. »Warum sollte ich euch beiden, einem Frosch und einer Hexe, etwas erklären?« Er schien so verwirrt, dass er mal nicht so komisch melodisch sprach.

»Ich finde, wir sollten einfach Mal zusammen arbeiten. Ich versuche Leute von der Insel zu retten, ihr versucht von der Insel runter zu kommen.« Evie sah so ernst aus. »Also wäre ein Kompromiss eine gute Sache.«

Ich sah ungläubig zu Evie. »Die hatten mich entführt«, begann ich verdutzt.

Evie sah zu mir. »Das liegt an der Insel. Es geht ums Überleben.«

Völlig irritiert sagte ich einfach das, was mich die ganze Zeit beunruhigte. »Ich glaube einer von den Jungs eben war mein Bruder.«

Harry sah wieder zu mir, irgendwie noch verwirrter als vorher, wenn das denn möglich war. »Du hast einen Bruder?«

»Warum sollte ich keinen haben?«

Harry wollte irgendwas sagen, aber Evie unterbrach ihn. »Weißt du wer das war?«

Harry schüttelte den Kopf. Als er wieder zu mir sah, fielen einige Haarsträhnen vor seine Augen. »Keine Ahnung, aber ich kann ja nicht jeden kennen.«

»Ich bin mir so sicher, dass es mein Bruder war.«

»Wenn du ein Bruder hast, warum ist er auf der Insel? Oder warum kam er nicht, als wir dich entführt haben?«

»Weil er verschwunden ist, als Mal, Evie, Carlos und Jay angekommen sind. Seitdem ist er vermisst.«

Küss' den VK?! ~ Descendants FF [wird Bearbeitet]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt