Ein Tag im Garten

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„Was war denn jetzt mit dem los?", fragt Lina nach einer Weile des Schweigens. „Konntest du seine Gedanken lesen?" Zur Antworte nicke ich: „Seine Gedanken haben sich förmlich überschlagen. Vor allem nach meinem Beispiel mit dem Messer. Er hat sich immer selbst eingeredet Gellerts manipulative und grausame Art kommt von dem Einfluss der dunklen Magie auf ihn. Dass das nicht stimmt ich natürlich klar, aber er ist anscheinend sehr gut darin seine eigenen Lügen zu glauben. Aber weil wir ja super nett sind obwohl wir uns ja offensichtlich auch für die dunklen Künste interessieren, ist gerade so ein bisschen seine heile Fantasiewelt zusammengebrochen. Außerdem sind wohl auch ein paar Liebesbriefe von früher in dem Buch die Dumbledore Gellert geschrieben hat und er will nicht, dass wir die sehen." Linas Mund geht im Verlauf meines Monologs immer weiter auf. „Liebesbriefe? Dumbledore hat Gellert Liebesgedichte geschrieben? Und Gellert hat sie aufgehoben?", wiederholt sie völlig aus dem Häuschen mit viel zu schriller Stimme. Ihre Augen sind so groß wie Tischtennisbälle als sie Anfängt das Buch nach eben diesen zu durchblättern. Ich muss über ihren Enthusiasmus in dieser Hinsicht schmunzeln. Lina hat sich eigentlich noch nie sonderlich für Dumbledore interessiert, aber wenn sie etwas liebt dann ist es die Liebe. Gerade deshalb tut es mir schon fast Leid, sie enttäuschen zu müssen: „Du wirst darin nichts finden. Gellert hat gesagt, er hat einige Seiten unleserlich verzaubert die zu persönlich sind. Wahrscheinlich zählen diese Briefe dazu. Ich habe jedenfalls noch keinen gefunden." Enttäuscht lässt sie das Buch sinken und zieht eine Schnute. „Schade, ich hätte gerne gewusst was die beiden früher so für schmutzige Gedanken ausgetauscht haben.", antwortet sie frech und wirft mit dabei ein vielsagendes Grinsen zu. „Oh, Gott, das will ich ehrlich gesagt gar nicht so genau wissen!", sage ich lachend und vergrabe das Gesicht in meinen Handflächen. Ich sehe Gellert immer mehr als meinen Vater an und will tatsächlich nicht mehr unbedingt alles wissen. „Können wir jetzt endlich den Zauber ausprobieren?", lenke ich ab und setze den besten Dackelblick auf den ich kann. Normalerweise ist sie extrem neugierig und lässt sich nicht so leicht abschütteln, aber diesmal gibt sie nach. Alles andere wäre auch ein klarer Vertrauensbruch und das weiß auch Lina sehr genau. Sie stupst mich lachend in die Seite und zieht mich anschließend in einen langen Kuss. „Ich liebe dich!" Völlig außer Atem lösen wir uns voneinander bevor Lina auch schon aufspringt und mir die Hand hinhält. „Und jetzt machen wir den coolen Schwebezauber." Wir probieren lange rum und üben abwechselnd zu fliegen und zu steuern. Gellert hat Recht. Es erfordert viel Konzentration, aber wenn man den Dreh raus hat macht es unglaublich viel Spaß. Gegen Abend legen wir uns wieder ins Gras an den See und ruhen uns ein bisschen aus. Erst jetzt merke ich wie müde ich eigentlich bin. Der Tag war doch deutlich anstrengender als ich erwartet hatte. Deshalb habe ich die Augen geschlossen und genieße die letzten Sonnenstrahlen des Tages, denen es schon deutlich schwerer fällt die Luft zu erwärmen. Der Sommer neigt sich dem Ende zu und geht langsam in den Herbst über. Gedankenverloren blättert Lina in Dads Buch herum. Einige Seiten betrachtet sie etwas länger, anderen schenkt sie kaum Beachtung. Als sie eine der letzten Seiten aufschlägt, reist sie die Augen auf und atmet hörbar laut ein. „Das sind die blauen Flammen!" Linas plötzliche Energie lässt mich kurz zusammenzucken, doch als die Information, dessen was sie gerade gesagt hat in meinem Gehirn ankommt ist bin ich sofort wieder hellwach. „Was! Die sind da beschrieben?", frage ich aufgeregt und setze mich auf um Lina besser über die Schulter schauen können. Begierig lese ich mir den Zauber mehrfach durch. Das ist zwar mit Abstand der komplizierteste Zauber den ich je gesehen habe, aber er ist genial konzipiert. Auf den ersten Blick kann ich keine einzige Schwachstelle entdecke, und das obwohl die meisten Zauber eine ganze Reihe von Schwachstellen und Hintertürchen haben. Wir sind so fasziniert von dem was wir lesen, dass wir gar nicht merken wie Gellert hinter uns auftaucht. „Das euch der fasziniert, dachte ich mir schon.", meint er grinsend und deutet mit dem Finger auf die aufgeschlagenen Seiten. Wir schrecken zusammen und ich quicke sogar kurz auf. „Oh mein Gott! Du kannst uns doch nicht so erschrecken! Sollen wir einen Herzinfarkt bekommen?", frage ich aufgebracht und lege mit theatralisch die Hand auf die Brust. Gellert versucht ein Kichern zu unterdrücken, aber man hört deutlich das Lachen in seine Stimme: „Tut mir leid, ich kann ja nichts wissen wie Schreckhaft ihr seid. Ich wollte euch eigentlich nur zum Essen holen. Ich bin eben hier vorbeigekommen und hab euch im Gras sitzen sehen.", erklärt er sein unerwartetes aufkreuzen. „Essen?" Lina starrt Gellert verwirrt an. „Ja Lina, Abendessen." Auch mir fällt es schwer zu glauben, dass es schon so spät ist, aber Lina scheint sich noch nicht ganz von dem Schreck erholt zu haben. Anders kann ich mir ihre Verwirrtheit nicht erklären. „Wie spät ist es denn?" Gellert holt sein Smartphone hervor und hält es Lina unter die Nase. Auf dem Bildschirm steht es schwarz auf weiß: 18:56 Uhr. Prüfend lege ich eine Hand auf Linas Stirn. „Alles ok bei dir?", frage ich nicht ganz ernstgemeint, weswegen sie meine Hand auch direkt wieder wegschlägt und mir die Zuge rausstreckt. Ich stehe lachend auf und strecke ihr meine Hand entgegen um ihr aufzuhelfen. Gemeinsam mit Gellert gehen wir Hand in Hand zurück zum Schloss und auf direktem Weg in den Speisesaal.

Grindeldore FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt