Vision

82 4 2
                                    

Nach dem Essen will ich mich eigentlich wieder auf den Weg in unser Zimmer machen, doch Lina hält mich am Arm fest. „Ich würde gerne noch ein bisschen raus gehen. Es ist echt warm und man kann die Sterne sehen.", sagt sie hoffnungsvoll während sie meinen Arm wieder loslässt. Ich denke über ihren Vorschlag nach, aber eigentlich will ich lieber unter die Dusche und dann ins Bett. Ich habe letzte Nacht nicht sonderlich gut geschlafen, weshalb ich wirklich müde bin. „Ich bin wirklich fertig heute. Ich will nur noch ins Bett. Aber du kannst doch auch ohne mich noch rausgehen wenn du willst.", schlage ich vor und hoffe, sie ist nicht allzu enttäuscht. Aber Lina versteht meinen Einwand und macht sich dann auch liebend gerne alleine auf den Weg in den Garten. Ich dagegen beeile mich in unser Zimmer zu kommen. Schnell ziehe ich mich aus und schlüpfe unter die warme Dusche. Das heiße Wasser tut gut und lässt meine Augenlieder immer schwerer werden. Ich lege den Kopf in den Nacken und schließe die Augen. Plötzlich leuchten verschiedene Bilder vor meinem inneren Auge auf. Ich sehe eine dunkle Waldlichtung und Lina, wie sie inmitten eines Rudels Wölfe steht. Dann verschwimmt das Bild und Lina schwebt als leblose Gestallt durch einen düsteren Wald. Wieder verschwimmt das Bild und Dumbledore erscheint mit erhobenem Zauberstab auf Lina gerichtet. Schließlich löst sich das Bild erneut auf und ich bin von einer tiefen Dunkelheit umgeben. Ich spüre das warme Wasser welches immer noch unaufhörlich auf mich herab prasselt. Langsam öffne ich meine Augen. Erst jetzt merke ich, dass ich wohl geweint habe. So eine Vision hatte ich schon lange nicht mehr. Meistens kann ich nicht viel damit anfangen und verstehe nicht was mir die Visionen sagen wollen. Auch kommen meisten Menschen vor die ich nicht kenne, weswegen mich das Gesehene auch nur bedingt interessiert. Aber diesmal ist es anders. Es ist ziemlich deutlich geworden, dass Lina in den Wald gegangen ist und sie durch Wölfe stark verletzt wurde. Ich verstehe nur nicht ganz wie Dumbledore da reinpasst. Aber ehrlich gesagt ist mir das im Moment auch ziemlich egal. Das einzige was jetzt zählt ist es Lina zu finden und in Sicherheit zu bringen. Mit zittrigen Knien steige ich aus der Dusche und benutze einen Zauber um mich möglichst schnell abzutrocknen und anzuziehen. Gerade als ich aus meinem Zimmer laufen will um meinem Vater Bescheid zu geben wird die Tür geöffnet. Vor mir steht Gellert und sieht mich besorgt an: „Lina wurde gerade im Wald gefunden. Sie wurde wohl von einem Rudel Wölfe überfallen und stark verletzt. Albus war zum Glück noch in die Nähe und hat sie hergebracht. Vinda ist gerade dabei sie wieder zusammenzuflicken. Sie wird noch erschöpft sein aber ansonsten sollte es ihr gleich wieder besser gehen." Bei seinen Worten spüre ich wie die ganze Last von meinen Schultern fällt und ich kann nicht anders als zu schluchzen. Ich bin einfach so glücklich dass es ihr gut geht. „Ich hatte solche Angst. Ich hatte gerade eben eine Vision von Lina und ..." Meine Stimme bricht endgültig und ich spüre wie mir eine einzelne Träne über die Wange läuft. Gellert versteht sofort was passiert ist und nimmt mich leicht in den Arm. Ich bin ihm wahnsinnig dankbar dafür, weil ich das im Moment wirklich brauche obwohl das Gefühl doch etwas seltsam ist. „Ich weiß wie schrecklich solche Visionen sind aber jetzt ist alles wieder gut. Lina konnte rechtzeitig zum Schloss gebracht werden. Sie ist außer Lebensgefahr.", versucht Gellert mich zu beruhigen während er mir sanft über den Rücken streichelt. „Ich muss leider gleich wieder weg. Albus steht wahrscheinlich immer noch in der Eingangshalle. Er hat mich gefragt ob er heute Nacht hier bleiben kann, weil es ja schon so spät ist. Aber ich bin mir sicher Lina kommt jeden Moment.", sagt Gellert als er sich wieder von mir löst. Ich nicke nur. „Kann ich dich alleine lassen?", fragt mein Vater nochmals nach. Wieder nicke ich nur. Ich bin noch total zittrig, aber ich will ihn nicht aufhalten und werde schon ein paar Minuten überleben. Gellerts stechende Augen mustern mich intensiv, bevor er sich mit immer noch leicht besorgter Miene von mir abwendet und auf der Treppe ins Erdgeschoss verschwindet. Er hatte Recht. Es dauert tatsächlich nicht mal 10 Minuten bis Lina leise die Tür öffnet. Kaum hat sie den Raum betreten, springe ich von unserem Bett auf und falle ihr um den Hals. Sie schlingt ihre Arme und meinen Körper und drücke mich fest an sich. Wieder fällt es mir schwer die Tränen zu unterdrücken. Doch diesmal handelt es sich um Freudentränen. Ich kann gar nicht in Worte fassen wie große Angst ich um sie hatte. „Es ist alles wieder gut. Ich bin bei dir.", flüstert Lina mir und Ohr und streicht über meinen Rücken. „Ich hatte solche Angst dich nie wieder zu sehen.", schluchze ich an ihrer Schulter und kralle mich in ihre Bluse. „Du wirst mich nicht verlieren. Ich bleibe für immer bei dir. Ob du willst oder nicht.", gibt sie zurück und drückt mir einen Kuss auf die Wange. Automatisch muss ich lächeln. Ich löse mich aus der Umarmung und wische die Tränen ab. Dann ziehe ich Lina an mich und gebe ihr einen langen, liebevollen Kuss. „Wollen wir einfach ins Bett gehen und kuscheln? Ich bin wirklich müde.", fragt Lina und ich nicke nur. Erst jetzt merke ich wie müde ich selbst eigentlich bin. Nachdem wir uns schnell umgezogen haben legen wir uns eng aneinander unter die warme Decke. Ich lege einen Arm und Lina und schließe die Augen. Ihr Atem auf meiner Haut hat eine beruhigende Wirkung auf mich, sodass ich viel schneller einschlafe als erwartet.

Grindeldore FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt