"Mara, Will, ich hoffe sehr, dass ihr nicht ermordet worden seid", ertönte am nächsten Mittag eine Stimme durchs Haus.
Mara klappte ihr Buch zu und rannte die Treppe runter. Fallon war zurück! Erleichterung packte sie, als sie die Vampirin erblickte. Unverletzt. Am Leben.
Fallon grinste. "Du kannst den Mund jetzt wieder zumachen. Sonst fliegt noch was rein."
Ertappt lachte Mara und beschwerte sich: "Ich hab mir Sorgen um dich gemacht!"
"Um mich? Ich bin fast 1500 Jahre alt. Ich kann sehr gut auf mich aufpassen." Sie rümpfte die Nase. "Du riechst komisch."
"Ich hab meine Tage", erklärte Mara. "Wahrscheinlich liegt es daran."
"Das kann gut sein. Bin ich froh, dass ich dieses Problem nicht mehr hab." Die beiden Frauen setzten sich im Wohnzimmer aufs Sofa.
So etwas hatte Mara sich zwar schon gedacht, schließlich war es logisch, aber sie fragte dennoch noch einmal nach. "Du hast wirklich keine Periode mehr?"
Fallon nickte. "Ich bin im Grunde genommen tot. Leichen menstruieren ja auch nicht mehr."
"Das ist unfair. Ich glaub, ich werde auch ein Vampir. Allein deshalb."
Diese Aussage erntete ihr ein Lachen. "Sicher doch."
"Nein, ernsthaft, das ist wahrscheinlich wirklich die bessere Option." In den letzten Tagen hatte Mara häufig darüber nachgedacht. "Ich wäre stärker und könnte mich besser gegen Dabrio wehren. Es hätte fast nur Vorteile."
Fallon stutzte. "Du willst wirklich ein Vampir werden?"
"Ja. Nicht jetzt sofort aber bald. Bisher hatte ich immer irgendwie Angst, aber ich glaube, es ist das Beste. Ich will nicht altern und irgendwann sterben, während du und Will ewig jung bleibt, ich will alles tun, was ich bisher nie konnte. Ich will endlich leben und vielleicht kann ich das nur, wenn ich sterbe."
"Und du bist dir wirklich sicher?", hakte Fallon nach. "Die Verwandlung lässt sich nicht rückgängig machen."
Mara lächelte schief. "Ich weiß. Und ich bin mir sicher. Es ist die richtige Entscheidung."
"Dann freue ich mich schon darauf, dich als Vampir zu sehen." Fallon grinste. "Javed wird sich freuen."
"Oh ja, er wird glücklich sein wie sonst was." Noch ironischer zu sprechen war gar nicht möglich.
In diesem Moment betrat Will den Raum. "Worüber redet ihr?", fragte er.
Mara biss sich auf die Zunge. Wie sollte sie ihm das erklären? Würde er es verstehen? Hilfesuchend blickte sie zu Fallon. Sie hatte mit sowas mehr Erfahrung. Aber die Rothaarige nickte ihr lediglich ermutigend zu. Ganz toll.
Für einen Moment schloss Mara die Augen und sammelte sich. Dann platzte sie einfach mit der Neuigkeit heraus. "Ich werde zum Vampir."
"Was?" Ungläubig starrte er sie an.
"Ich werde zum Vampir", wiederholte sie. "Fallon wird mich verwandeln."
Er schien es noch immer nicht fassen zu können. "Wann?"
"Nicht direkt heute, aber bald."
"Du... weißt du überhaupt, was das bedeutet? Dieser Bluthunger ist...", begann er, doch Mara hielt ihn auf.
"Ich weiß genau, wie dieser Bluthunger ist", versicherte sie. "Ich sehe doch, wie sehr du damit kämpfst. Und wenn ich ein Vampir bin, musst du dir zumindest keine Sorgen darum machen, dass du mich verletzt. Wir werden gemeinsam lernen, damit klarzukommen. Es hat nur Vorteile." Sie war sich sicher, dass es passieren würde. Sie würde sich verwandeln. Irgendwie freute sie sich schon unglaublich darauf. Und diese Freude würde sie sich auch nicht nehmen lassen. Nicht von Will und auch von niemandem sonst.
Glücklicherweise sah er das auch ein. "Okay. Aber tu das wirklich nur, wenn du es willst."
Sie nickte. "Das will ich. Sonst hätte ich es nicht gesagt."
"Na dann..." Er wirkte noch immer nicht endgültig überzeugt. Aber das würde sich schon klären. Er brauchte einfach Zeit, sich daran zu gewöhnen.
Bevor er aber noch etwas hätte sagen können, wechselte Fallon das Thema. "Ihr wisst, dass mein Besuch nicht ohne Grund ist, richtig?"
Will nickte. "Ja."
Mara war das ebenfalls bewusst. Sie hatte es aber verdrängt. Hoffentlich gab es gute Nachrichten. Aber wenn nicht, hätte Fallon nicht erst über irgendwelche unwichtigen anderen Themen gesprochen, oder?
"Die Tenebris haben Javeds Haus gefunden", erzählte die Vampirin ernst.
Mara brauchte einen Augenblick um die Aussage zu begreifen. Sie hatte zwar gewusst, dass es irgendwann passieren würde, aber nun war es doch überraschend. "Ist etwas passiert?"
"Nichts Gravierendes. Wir konnten sie davon abhalten, einzudringen, aber sie kennen jetzt den Standort."
"Wo ist Javed?", fragte Will angespannt. Seine Hände waren zu Fäusten geballt und er war noch blasser als gewöhnlich.
"Es geht ihm gut", beruhigte Fallon ihn. "Wir sind in den Wald geflohen und warten dort auf den richtigen Zeitpunkt um anzugreifen."
"Was ist mit den Waffen? Und Maras Blut?"
"Wir haben so viel wie möglich mitgenommen", versicherte die Vampirin. "Aber bei Weitem nicht alles. Wir müssen einfach hoffen, dass sie das Haus nicht durchsuchen. Sie dürften sowieso wissen, dass ihr beiden nicht dort seid."
Mara schluckte. "Sie werden wieder angreifen, oder?"
Fallon nickte bestätigend und sagte: "Deshalb bin ich hier. Ich muss euch warnen. Es wird nicht lange dauern, bis sie auch hier sind. Und sie haben genügend Waffen um uns alle zu töten. Metall, Holz, sogar welche aus Eibenholz."
"Was ist das Besondere an Eibenholz?", wollte Mara wissen.
"Es ist das einzige Holz, das auch mich töten kann. Wegen meinen Hexenwurzeln bin ich immun gegen alles andere", erklärte Fallon. "Aber Eibe tötet jeden, ganz egal welches Wesen. Das müssen die Tenebris herausgefunden haben."
"Haben sie viel davon?"
Die Vampirin schüttelte den Kopf. "Bisher zum Glück nicht. Aber das kann sich jederzeit ändern. Wir müssen vorsichtig sein und alles genau durchdenken."
"Wir müssen zurück zu Javed", fand Will. "Wenn die Tenebris nochmal angreifen, hat er allein keine Chance."
"Ich werde auch zurückgehen. Aber jetzt noch nicht. Ich bin nicht nur hier, um euch zu warnen, ich muss euch auch zeigen, wie ihr euch verteidigen könnt. Anders werdet ihr nicht überleben." Sie blickte zwischen Will und Mara hin und her. "Wir treffen uns in zehn Minuten im Garten."
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The Light - Blut des Lebens
ParanormalMara wollte immer nur eines. Leben. Doch in letzter Zeit wurde das immer schwieriger. Als sich der junge Will jedoch dazu entschließt, sie vor dem Tod zu bewahren, dachten sie beide, dass nun alles besser werden würde. Falsch gedacht. Als sie in ein...