Gegen Mitternacht kam Mara zu einem Schluss. Sie fuhren bereits seit drei Stunden und erst jetzt verstand sie, warum Fallon wirklich auf getrennte Autos bestanden hatte.
Zwar war ihre Aussage gewesen, dass es sicherer wäre, aber die Tatsache, dass sie darauf bestanden hatte, dass Mara und Will zusammen fuhren und sie allein, zeigte bloß, dass sie nicht mit Mara diskutieren wollte. Denn diese hatte es noch immer nicht aufgegeben, Fallon dazu überreden zu wollen, sie von Anfang an mitgehen zu lassen. Bisher hatte aber noch kein Argument Wirkung gezeigt.
Also saß sie jetzt mit schlechter Laune auf dem Beifahrersitz und starrte zum Fenster raus, während sie sich gute Gründe ausdachte. Allerdings ergab nichts davon Sinn. Sie konnte nicht viel tun, war keine besondere Hilfe, aber sie wollte Fallon nicht allein gehen lassen. Lieber starb sie an ihrer Seite oder endete als Gefangene, als mit dem Wissen leben zu müssen, dass sie vielleicht, ganz vielleicht, doch etwas hätte ändern können. Außerdem kannte sie sich in dem Haus, in dem die Tenebris sich immer trafen, von allen am Besten. Es war das Haus ihrer Eltern, ihr altes Zuhause. Das hatten sie von Karan erfahren und dieses Wissen musste doch auch etwas wert sein.
Blöd nur, dass Fallon das anders sah. Mit ihren vampirischen Sinnen wusste sie genau, in welchen Räumen sich Menschen aufhielten und fand die Wege dort hin. Und auf diese Weite hatte sie den ganzen Tag über Maras Argumente zunichte gemacht.
So langsam fiel ihr nichts mehr ein und auch Will war keine Hilfe. Zwar wollte auch er helfen, war aber absolut dagegen, Mara ebenfalls etwas tun zu lassen. Seiner Meinung nach war es für sie noch gefährlicher, weil sie als Mensch sehr viel leichter an Verletzungen sterben konnte.
Das stimmte natürlich, aber auch die Vampire hatten eine hohe Chance, nicht zu überleben und sie sah es nicht ein, die einzige zu sein, die nicht ihr Leben riskierte. Das war einfach nicht fair. Ob sie ein Mensch war oder nicht spielte keine Rolle, sie musste einfach helfen.
"Ruh dich ein bisschen aus", riet Will ihr irgendwann. "Egal was morgen passiert, du musst ausgeschlafen sein."
Mara verdrehte die Augen. "Und du nicht oder was? Und Fallon?"
Der Vampir seufzte. "Du bist sauer, ich weiß. Aber das bringt momentan auch nichts. Fallon und ich brauchen nicht so viel Schlaf wie Menschen, wir könnten mehrere Tage ohne welchen auskommen, ohne etwas zu merken. Du nicht. Deshalb fahren wir die Autos. Du musst schlafen, wenn du irgendwie helfen willst."
Sie wusste, dass es alles andere als fair war, Will für ihre Wut so anzuzicken, aber sie konnte nicht anders. "Ihr haltet mich doch sowieso für zu schwach, was macht es da für einen Unterschied, ob ich schlafe oder nicht?"
Obwohl Mara gereizt wie nie zuvor war, blieb Will erstaunlich ruhig. "Niemand hält dich für schwach", stellte er klar. "Wir wollen dich bloß schützen. Du bist uns wichtig und deshalb wollen wir dich nicht in Gefahr bringen."
"Und ich will nicht, dass ihr euch in Gefahr bringt!", rief sie und fuhr so zu ihm herum, dass der Anschnallgurt ihr schmerzhaft in den Hals drückte.
"Wir haben keine Wahl", meinte Will gelassen. "Wir müssen Javed dort rausholen."
"Das weiß ich doch auch! Aber warum nur ihr? Okay, ich bin ein Mensch, aber ich bin es doch, die sie eigentlich wollen. Ich wäre die perfekte Ablenkung!" Es war kein perfekt durchdachter Plan, aber es war ein Plan.
Will schüttelte den Kopf und wandte seinen Blick kurz von der Straße ab, um Mara in die Augen zu sehen. "Und was dann? Du lenkst sie ab und wir befreien Javed. Weiter hast du nicht gedacht. Sie werden dich einsperren und wir sind auch nicht weiter als am Anfang."
"Irgendetwas muss ich tun", entschied sie. "Irgendwas. Ich kann nicht einfach nur irgendwo auf meinem Arsch rumsitzen und nicht wissen, was mit euch passiert. Das könnt ihr nicht von mir verlangen!"
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The Light - Blut des Lebens
ParanormalMara wollte immer nur eines. Leben. Doch in letzter Zeit wurde das immer schwieriger. Als sich der junge Will jedoch dazu entschließt, sie vor dem Tod zu bewahren, dachten sie beide, dass nun alles besser werden würde. Falsch gedacht. Als sie in ein...