Cody
Es war immer noch still im Wald.
Ich ging einen gewundenen Trampelpfad entlang, den Blick auf die Erde gerichtet.
So lief ich geschlagene fünfzehn Minuten bevor ich ruckartig stehenblieb und einen schmerzverzerrten Schrei ausstieß.
Das Bronzestück in meinem Flügel brannte in mein Fleisch als würde glühendes Eisen aus einem Schmiedefeuer auf die Stelle gepresst werden.
Ich gab ein hohes Fauchen von mir, wirbelte herum und stolperte auf alle Viere.
Ich breitete die Flügel zu voller Länge aus, um die Schmerzen zu lindern.
Ich hatte das bescheuerte Ding ganz vergessen.
Für eine kurze Zeit saß ich einfach nur so auf dem Boden, darauf wartend, dass die Schmerzen abklangen.
Sobald das Brennen aus meinem Fleisch und den Knochen verschwunden war, begab ich mich in eine hockende Position, den Rücken noch immer gekrümmt und mich mit einer Hand auf dem Boden abstützend.
Für eine Weile atmete ich nur ein und aus und starrte nachdenklich auf den Boden.
Nachdem ich Feliciano diese ganzen unwahren Sachen ins Gesicht geschrien hatte, hatte ich die Lichtung verlassen und war auf diesen Weg gelangt.
Ich hatte Ruhe gebraucht, um meine Gedanken zu sortieren und zu überlegen, wie es jetzt wohl weitergehen sollte.
Michelle war tot.
Sie war tot, und ich hatte es dem wohl unschuldigsten Menschen in unserer Truppe in die Schuhe geschoben.
Mein Herz krampfte sich zusammen.
Verwirrt und frustriert legte ich die Ohren an.
Normalerweise kümmerten mich die Empfindungen anderer nicht.
Normalerweise war es mir egal, ob meine Worte jemanden verletzten oder nicht.
Aber bei ihm...
Es war anders.
Ich hatte das Gefühl, dass er mental ein ziemlich enormes Wrack und eine noch größere Baustelle war.
Zu manchen Zeiten, wenn er so merkwürdig lächelte, zuckte wenn man sich zu schnell bewegte, oder einfach so ins Leere starrte, fürchtete ich, dass er auf einem sehr dünnen Pfad zum Wahnsinn balancierte und in diesen Momenten drohte, das Gleichgewicht zu verlieren.
Da wollte ich ihn eigentlich nicht noch mehr verrückt machen.
Aus diesem Grund achtete ich mittlerweile in seiner Gegenwart auch auf meine Ausdrucksweise. Ich hatte nicht vor, ihn zum Überschnappen zu bringen.
Und doch hatte ich ihn soeben einer Sache beschuldigt, für die er sich sowieso schon selbst verantwortlich machte, obwohl dies gar nicht stimmte.
Ich atmete entnervt aus uns fuhr mir mit der Hand übers Gesicht.
Was ist nur los mit dieser Welt? Gute Menschen sterben früh, liebenswerte, fürsorgliche Kreaturen haben Gründe um durchzudrehen, schlechte Leute laufen herum und verkaufen ihresgleichen. Es kann doch nicht sein, dass das so vorbestimmt war, oder?!
Wie um eine Fliege zu verscheuchen schüttelte ich den Kopf.
Ich atmete schwer aus und schloss die Augen.
Verdammter Mi-
Meine Ohren spitzten sich, ich riss den Kopf nach oben und sprang auf.
Suchend drehte ich die Ohren in alle Richtungen, um auszumachen, von wo das Geräusch kam, das meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte.
Irgendwo, nicht allzu weit weg raschelte es im Unterholz.
Nicht das Rascheln von Tieren.
Ich drehte mich ein wenig mehr nach links und spitzte die Ohren um die Töne besser einfangen zu können.
Mein Schweif zuckte angespannt.
Das waren menschliche Schritte.
Und menschliche, sich leise unterhaltende, Stimmen.
Nicht zu wenig.
Ich schätzte auf fünfzehn. Wenn nicht mehr.
Sie befanden sich schräg links von mir und liefen in Richtung des Platzes, den wir gefunden hatten.
Ich machte einen Schritt zurück.
Ich kannte den Geruch den diese Menschen mit sich brachten.
Ich hatte ihn heute schon einmal gerochen.
„Scheiße!"
Ich drehte mich um, und rannte so schnell ich konnte auf dem Weg zurück zur Lichtung, hoffend, betend, dass ich zuerst ankommen würde.
Drecks-Gesetzeshüter! Warum müssen die ihre Jobs immer fertigmachen und können es nicht einfach gut sein lassen?!
Hinter mir konnte ich angehobene Stimmen wahrnehmen.
Sie hatten mich gehört.
Scheiße, Scheiße, Scheiße!
Ich bog um eine Kurve und brach durchs Unterholz auf die Lichtung.
Sowohl Feliciano als auch Francis sahen auf. Sie saßen beide auf dem Boden und es sah ganz so aus, als würde Feliciano den Traumhändler trösten.
„Cody, was-", „Alles zusammenpacken!"
Ich breitete beim Versuch zu Atem zu kommen die Flügel aus.
Feliciano schien sofort zu spüren dass etwas ganz und gar nicht stimmte.
Er sprang auf, lief über die Lichtung, packte mich an den Schultern und richtete mich so auf, dass ich ihm ins Gesicht sehen konnte.
Sein Ausdruck war ernst und er starrte mich direkt an.
„Cody, was ist passiert?"
Ich atmete schnaufend ein und wieder aus.
„Die sind wieder da! Die Gesetzeshüter! Die haben nicht aufgegeben, und die haben Verstärkung!"
Der Blick in Felicianos Augen sagte genug.
Wir waren sowas von tot.
DU LIEST GERADE
Die Asche des Drachen (Wird momentan überarbeitet)
FantasiaDer 17-Jährige Ewan Feliciano wurde von Kindheit an elitärst ausgebildet, um später seinem Vater auf den Thron seines Clans zu folgen. Als er von eben diesem einen äußerst gefährlichen Auftrag erhält, wird sowohl sein Können als auch sein Wille...