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Cirian

Und ein weiteres Mal verbringe ich eine schlaflose Nacht hier in dieser Hütte. Aber die eigentliche Frage ist, wann ich das letzte Mal überhaupt richtig geschlafen habe. Vor allem mächtige Fae brauchen normalerweise nicht viel Schlaf, aber gar kein Schlaf tut uns auf Dauer auch nicht gut. Doch ich schaffe es höchstens nur, vor mich hin zu dösen. Etwas hält mich davon ab, mich vollständig zu entspannen und das schon seit einer sehr langen Zeit.

Sobald die ersten Sonnenstrahlen mein Gesicht berühren öffne ich meine Augen und blicke aus dem Fenster der aufgehenden Sonne entgegen. Der Anblick fesselt mich für einen kurzen Augenblick und ich kann etwas wie Schönheit in der Aussicht erkennen, die sich mir bietet. Zumindest fällt mir kein anderes Wort dafür ein, dieses Gefühl und mein Befinden zu beschreiben.

Verwirrt wende ich mich im nächsten Moment schon vom Fenster ab. Was war das für ein Gefühl? Schönheit? Bewunderung? Ein beruhigendes Gefühl?

Das Befinden muss eine Einbildung gewesen sein. Ich kann schon seit vielen Jahren keinerlei solche Gefühle empfinden. Dafür ist mein Herz bereits zu kalt und gefühlslos.

Ich werfe einen letzten Blick aus dem Fenster und lasse mich von der Fensterbank hinuntergleiten. Ich strecke zuerst vorsichtig meine Arme in die Luft aber kein Schmerz ist in meiner rechten Schulter mehr zu spüren. Zufrieden und erleichtert rolle ich meine Schultern zurück. Die Wunde ist vollständig verheilt und sogar meine Kräfte haben sich beinahe vollständig regeneriert.

Plötzlich schieben sie die Erinnerungen von letzter Nacht in mein Gedächtnis. Cosmea, wie sie plötzlich in meinem Zimmer aufgetaucht ist, eingehüllt in silbernes Licht des Mondes, wie sie mich auf das Bett gedrückt und meine Wunde behandelt hat. Ihre sanfte Berührungen auf meiner bloßen Haut und das Kribbeln, dass sie dadurch ausgelöst hat.

Als ich realisiere, was ich da mache, schüttel ich schnell den Kopf und die Erinnerungen beiseite. Sie ist immer noch ein Halbblut. Wahrscheinlich hat sie mich geheilt, damit ich sie beschützen kann falls etwas vorfällt.

Ich verwerfe jeglichen Gedanken von gestern an ihr und mache mich fertig. Ich werde sie heute trainieren. Und der einzige Grund dafür ist, dass ich nicht will, dass sie an ihrem 19ten Geburtstag von ihrer eigenen Magie aufgefressen wird und mich mit in den Tod reißt. Ich habe noch einige wichtige Sachen zu erledigen, bevor ich das Zeitliche segne. Außerdem wird mir nicht dasselbe passieren wie meiner Mutter. Ein Halbblut wird nicht der Grund für meinen Tod sein.

Ich verlasse zielstrebig mein Zimmer und bin drauf und dran, ihres zu betreten, da öffnet sich plötzlich die Türe von selbst und Cosmea steht angezogen vor mir.

"Lasst und gehen, ich bin bereit."

Überrascht starre ich sie für einen Moment an, fasse mich aber schnell wieder und verberge meine Gefühle hinter meiner kalten Maske.

"Folgt mir."

Ich führe sie hinaus und wir laufen zusammen um den See herum bis wir auf der anderen Seite zum Halt kommen. Eine große, offene Fläche aus trockenem, sandigem Boden tut sich vor uns auf.

Ich drehe mich zum Halbblut um und ihre einzigartigen Augen treffen auf meine. Ein kurzer Moment verstreicht bevor ich zum Reden ansetze.

"Shen hat mir erzählt, dass ihr bereits Konzentrationsübungen gemacht habt. Sie sind wichtig und man braucht eine stabile Basis bevor man weiter geht. Normalerweise braucht ein Fae mit derartigen Kräften wie du mindestens drei Monate bis er für die nächsten Schritte bereit ist. Aber wir haben dafür keine Zeit. Außerdem habt Ihr schon gezeigt, dass Ihr Euch, wenn es darauf ankommt, konzentrieren und Eure Magie lenken könnt. Jetzt möchte ich, dass Ihr mir genau erzählt, was Ihr gemacht habt. Was war anders, als Ihr das letzte mal durch die Schatten gereist seid?"

Torn Kingdoms - Torn between Light and DarknessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt