Prolog

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Dunkelheit hat sich über das Land der Schattenfae gelegt und nur das Licht des Mondes und der Sterne schafft es, die dichte Wolkendecke zu durchbrechen und das Land in ein schwaches, düsteres Licht zu tauchen. Die Bäume des Waldes werfen lange, dunkle Schatten über den Waldboden und ihre kahlen Äste strecken ihre knochenartigen Finger nach allen Seiten aus. Die wenigen Geräusche stammen von nachtaktiven Wesen oder dem Rascheln der toten Blätter auf dem Boden.

Inmitten dieses großen Waldes, weit entfernt von jeglicher Stadt oder jeglichem Dorf, hetzt eine in dunkel gekleidete Gestalt panisch zwischen den Bäumen vorbei. Ihr folgen weitere Kreaturen, die man aufgrund ihrer Gerissenheit und ihrer übermenschlichen Geschwindigkeit selber für schwarze, lebendige Schatten halten könnte. Die verfolgte Gestalt atmet schwer und presst sich dabei eine Hand an die Seite. Der Stoff den Mantels hat sich darunter bereits rot verfärbt und der Geruch des Blutes treibt die unmenschlichen Kreaturen hinter ihr nur weiter an.

Aufgrund der Angst vor den Verfolgern bemerkt die Gestalt nicht, wie es plötzlich still um sie herum wird. Die Geräusche von Tieren brechen mit einem Mal ab und die Schatten der Bäume scheinen hier jedes Leben zu verschlucken. Nur der Wind, der die heruntergefallenen Blätter vom Boden mit sich nimmt, erzeugt ein unheimliches Heulen in dieser sonst so stillen, kalten Nacht. Seine Verfolger dagegen geben keine Geräusche von sich, doch der Person sind die Schatten deutlich bewusst.

Die fliehende Gestalt wird mit der Zeit immer langsamer, auch wenn sie sich stark bemüht bei Bewusstsein zu bleiben. Der Blutverlustes und der Schwindel machen es ihr dabei nicht einfach, nicht zu stürzen und von der Dunkelheit verschlungen zu werden. Sie weiß genau, was mit ihr passiert, sollte sie es nicht schaffen und von den Kreaturen hinter ihr erreicht werden.

Die Bäume in diesem Teil des Waldes scheinen noch düsterer und lebloser zu sein, als in der restlichen Umgebung. Je weiter die Person in den Teil eindringt, desto vermehrter tauchen tote, umgefallene Bäume auf seinem Weg auf. Unnatürlicher, schwarze Adern bedecken sowohl die leblosen, hölzernen Hüllen, als auch den harten Waldboden und scheinen überall, wonach sie ihre schwarzen Fängen ausstrecken, alles Leben zu verschlingen.

Die dunkel gekleidete Person scheint dies jedoch nicht wahrzunehmen. Ihr Blick geht gehetzt von einer Seite zur anderen, als würde sie einen Ausweg oder Rettung vor ihren Verfolgern suchen. Plötzlich bleiben ihre Augen an etwas in der Ferne haften und sie steuert direkt darauf zu. Immer häufiger tauchen Überreste von alten, zerstörten Häusern auf, doch die Gestalt hält Kurs auf eine schwach beleuchtete Hütte, die weit abseits der vielen Ruinen steht.

Die schwarzen Schatten sind ihr schon gefährlich nahe, doch die Gestalt nimmt ihre letzten Kräfte zusammen und ignoriert den stechenden Schmerz an der Seite und die aufkommende, unnatürliche Müdigkeit. Doch kurz bevor die Person die Hütte erreichen kann, verlässt sie die Kraft und sie stürzt nur wenige Meter vor der Türe zu Boden. Erschöpft bleibt sie liegen und beobachtet mit vor Panik weit aufgerissenen Augen die Schatten, die sich ihr gierig entgegenstürzen.

Kurz bevor die verwundete Person das Bewusstsein verliert, geht hinter ihr die Türe auf und grelles Licht ist das letzte, was sie sieht, bevor sie absolute Dunkelheit umschließt.

Ein junges Mädchen, um die fünfzehn Jahre, steht in einem langen Mantel verhüllt in der offenen Tür, die in die kleine Hütte führt und lässt ihre erhobene Hand wieder sinken. Asche bedeckt die Stelle, an der sich die Schattendämonen vor wenigen Sekunden noch auf die Gestalt am Boden stürzen wollten. Das Mädchen schaut sich mit einem wachsamen Blick um, bevor es zögernd Schritt für Schritt auf die Person am Boden zugeht. Sie lässt sich neben ihr in die Hocke fallen und zieht ihr die Kapuze des Mantels herunter, um das Gesicht zu enthüllen.

Sie zuckt zusammen und lässt den Stoff schnell los, als hätte sie sich daran verbrannt. Es ist ein Junge, etwa ein Jahr älter als sie selber. Doch das ist es nicht, was sie verschreckt hat. Pechschwarze Haare, die an den Spitzen leicht dunkelrot schimmern, fallen ihm weit in die Stirn und umspielen sein markantes, hübsches Gesicht. Seine Ohren sind lang und laufen spitz zusammen und zwei kleine, schwarz glänzende Hörner wachsen ihm am Haaransatz aus dem Kopf.

Torn Kingdoms - Torn between Light and DarknessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt