Cosmea
Angespannt gehe ich im Zimmer auf und ab. Nur meine zügigen Schritte und Cirians leise Atmen sind zu hören, während Verstand und Gefühle in mir miteinander kämpfen.
Shens Worte haben meine Entschlossenheit ins Wanken gebracht und je öfter ich versuche mir einzureden, dass mir mein Bauchgefühl etwas anderes rät, desto klarer wird mir die folgende Tatsache. Das Gegenteil ist der Fall. Etwas... zieht mich zu Cirian.
Nach einer halben Ewigkeit erringt meine Intuition die Überhand und ich bleibe tief seufzend stehen. Einen Blick auf den schlafenden Schattenprinz verrät mir, dass er nicht mehr lange unbewusst bleiben wird. Seine Atmung hat sich stabilisiert und sein Hautton hat einen gesunden Taint angenommen.
Ich nehme bewusst gar nicht wahr, dass ich mich ihm nähere, bis ich am Bett stehe und mich ihm leicht entgegen beuge. Sanft streiche ich ihm eine dunkle Strähne aus dem Gesicht und mein Herz beginnt schneller zu schlagen. Zum ersten Mal, seit wir uns im Kerker wieder begegnet sind, sind seine Züge weich und entspannt. Sie verleihen ihm eine neue, unbeschreibliche Schönheit und lassen ihn friedlich wirken.
Auf einmal kommt mir wieder das Gemälde in die Gedanken, auf dem sein jüngeres Ich abgebildet ist. Er sieht ihm in diesem Moment plötzlich viel ähnlicher und ich kann mir beinahe ein Lächeln auf seinen geschwungenen Lippen vorstellen.
Meine Hand gleitet seitlich an seinem Gesicht hinab bis hinunter zu seinem Kinn, bevor sie sich von seiner weichen Haut löst. Nur ein Kribbeln bleibt auf meinen Fingerspitzen zurück als ich mich umdrehe, um das Bild erneut zu betrachten. Beim Anblick erinnere ich mich schmerzlich daran, dass Halbblute am Tod seiner Mutter verantwortlich sind.
Ich versinke in meinen Gedanken, während ich langsam auf die Pflanze zugehe und die verdorrten Blüten sanft mit meinen Fingerspitzen berühre. Sie leuchten schwach auf und Leben breitet sich von der Stelle aus und lässt die gesamte Rose neu erblühen. Die Schmerzen pochen leicht hinter meiner Stirn, während ich eine schneeweiße Blüte vorsichtig abbreche und mich mit ihr wieder vor das Kunstwerk stelle. Mit meinen Kräften lasse ich eine Art feine Halterung aus Ranken aus der Steinwand wachsen und hänge die Rose mit Bedacht hinein.
"Ich hätte dieses Gemälde zusammen mit allen anderen Erinnerungen verbrennen sollen.", ertönt plötzlich eine raue, tiefe Stimme und mein Herz macht einen Sprung, bevor ich mich dem Schattenfae zuwende, der sich langsam im Bett aufrichtet. Ich war so sehr in meiner Gedankenwelt vertieft, dass ich sein Erwachen nicht bemerkt habe.
"Ihr seid noch hier."
In Cirians Stimme schwingt ein fragender Unterton mit, während er mich erschöpft, aber eingehend mustert. Sein Blick bleibt dabei kurz an der Rose hängen, die ich zuvor mit meinem Körper verdeckt habe und etwas blitzt in seinen Augen auf. Seine Aufmerksamkeit fliegt wieder zu mir, doch bevor ich den Ausdruck deuten kann, wendet er den Kopf von mir ab und schaut hinaus aus dem Fenster.
Eine unangenehme Stille breitet sich zwischen uns aus und ich erinnere mich zurück an die letzten Momente, bevor er das Bewusstsein verloren hat. Ob er auch darüber nachdenkt und er sich an seine letzten Worte erinnert, die er mir zugeflüstert hat?
Ein Schauer erfasst mich bei dieser Erinnerung und ich räuspere mich, bevor ich mich von ihm abwende. Ich bin mir sicher, dass keiner von uns dieses Ereignis für den Rest unseres Lebens ansprechen will, also komme ich gleich zum Punkt und beantworte seine indirekte Frage.
"Ich habe meine Meinung geändert. Ich kann Eure Hilfe doch noch bei einer Sache gebrauchen."
Ich weiß nicht, wie ich ihn überzeugen soll, immerhin bin ich selber unsicher und kenne Shens und meine Absicht auch nicht.
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Torn Kingdoms - Torn between Light and Darkness
FantasyDas Land der Fae ist in zwei Teile gespalten. Ein Teil wird von den Schattenfae regiert, der andere Teil von Lichtfae. Zwischen den zwei Königreichen herrschte viele Jahre lang trotz der Spannungen Frieden, doch dieser wird gebrochen, als ein neuer...