"Hier". Matteo reicht Julia, die auf der Terrasse steht und den Blick über die Weite der Landschaft gleiten lässt, ein Glas gekühltes Wasser und stellt sich neben sie. "Es ist wunderschön hier", sagt sie leise. Matteo folgt ihrem Blick und stimmt ihr zu. "Ja ... leider war ich schon lange nicht mehr hier. Aber ich habe vor, es als Alterssitz zu nutzen" - "Ja, du bist ja schon sooo alt", schmunzelt Julia und Matteo gleitet ein Lächeln übers Gesicht. "Nein, sooo alt nicht ... aber ich kann und will es mir leisten. Ich will hier alt werden, in Deutschland hält mich nichts. Die Firma läuft auch ohne mich und meine Söhne leben ihr eigenes Leben. Außerdem ist man relativ schnell in München, wenn irgendwas ist". Julia nickt, sagt aber nichts dazu, doch Matteo merkt, dass die Stimmung kippt. Er nimmt ihr das Glas aus der Hand, stellt es auf einem kleinen Tisch ab und legt seine Hände um ihr Gesicht. "Julia, vita mia, ich will das hier, mit dir! Ich liebe dich und ich will den Rest meines Lebens mit dir verbringen! Hier ... oder wo immer du sein willst". Sanft legt er seine Lippen auf ihre Stirn, dann zieht er sie fest an sich. "Matteo", murmelt Julia und drückt ihn etwas weg. "Das ... geht mir zu schnell" - "Wir haben schon so viele Jahre verloren, mein Engel ..." - "Ja, ich weiß. Aber trotzdem ... du ziehst mich da in ein Leben, dass ich nicht kenne. Für dich ist es einfach ... aber ich muss alles aufgeben. Du sagst immer, wir reden, du erklärst es mir, aber bisher weiß ich nicht mehr als früher. Du stellst mich vor Tatsachen ohne mir eine Chance zu geben, sie zu verstehen". Nachdenklich nickt Matteo. "Du hast recht ... mi dispiace caro. Für mich ist das alles selbstverständlich. Willst du hier reden oder im Haus?" - "Hier ... wenn das in Ordnung ist?" - "Natürlich. Ich hätte es sonst nicht angeboten. Setz dich!" Matteo zieht sich einen Stuhl neben Julias und nimmt ihre Hand. "Soll ich anfangen oder hast du Fragen?" - "Fang ruhig an, ich glaube, die Fragen kommen dann schon". Er drückt ihre Hand, dann lehnt er sich zurück und beginnt zu erzählen.
"Du weisst ja, dass meine Urgroßeltern aus Italien kamen, genauer aus Sizilien. Sie gehörten zu einer der ältesten Mafiafamilien, die dort ansässig sind. Mein Urgroßvater wurde verstossen, weil seine Frau nicht standesgemäß war, er hat sie aus Liebe geheiratet, nicht aus Kalkül, so wie seine jüngeren Brüder ihre Frauen. Im Gegensatz zu ihnen war seine Ehe allerdings glücklich und die beiden haben ihr eigenes 'Geschäft' aufgebaut, jedoch ohne den in Italien Gebliebenen in die Quere zu kommen. Auch ihr Sohn hat aus Liebe geheiratet, mein Vater allerdings hat meine Mutter geheiratet, weil er durch sie seine Firma enorm vergrößern konnte und die Kontakte nach Italien waren auch ein Grund dafür. Genauso wie meine Frau aus einer angesehenen italienischen Familie stammte und mein Vater nur die Vorteile gesehen hat. Dass wir beide in einer unglücklichen Ehe feststeckten war ihm egal. Mein Halt damals war diese Finca hier und meine Großeltern, die lange hier lebten. Nonna und Nonno waren glücklich miteinander, bis sie starben, und ich will das auch. Aber mit Maria hätte das nie funktioniert, wir waren zu unterschiedlich. Als sie starb, war ich - so blöd das jetzt klingt - erleichtert. Natürlich war es schwer, Luca war fast 15, Alessio 13, die beiden ohne Mutter mitten in der Pubertät allein weiter großzuziehen war kein Zuckerschlecken, mein Vater keine Hilfe, und meine Mutter hat ihre Enkel nie kennengelernt" - "Ja, das weiß ich, ich war hochschwanger, als Mama mir damals von ihrem Tod erzählt hat", sagt Julia leise. Matteo zieht ihre Hand an seine Lippen und drückt ihr einen Kuss darauf. "Sie wäre stolz auf ihr Enkel -auf alle drei! Vermutlich wäre Mira ihr Liebling, als einziges Mädchen" - "Hatte deine Frau einen Unfall? Ich meine, sie war ja noch nicht alt" - "Krebs. Als er entdeckt wurde, hatte sie schon Metastasen im ganzen Körper und man konnte nur noch ihre Schmerzen lindern" - "Das tut mir leid". Matteo nickt und schaut in die Ferne. Auch wenn er sie nicht geliebt hat, waren sie doch 16 Jahre verheiratet, das geht nicht spurlos an einem vorbei. "Und dein Vater?" - "Wurde bei einem Unfall getötet" - "Was?", haucht Julia entsetzt. "Er war im Weg, wusste zuviel ... Julia, er wurde eliminiert. Deshalb wirst du auch immer nur das Nötigste erfahren, verstehst du das? Das ist die einzige Möglichkeit, dich zu schützen ... außer dir Daniel an die Seite zu stellen".
Lange denkt Julia nach und auch Matteo ist still. "Matteo?" - "Ja?" - "Wie darf ich mir deine Firma vorstellen? Ich mein ... Mafia ... Geldwäsche? Drogen? Menschenhandel? Oder was?" - "Julia ...", seufzt er. "Gib mir was, Matteo, irgendwas. Ich schau dich an und sehe einen fremden Mann vor mir, einen Mann, der mir nicht vertraut, dem ich aber vertrauen soll. Wie soll das funktionieren?" - "Ich führe den Club, in dem wir uns wiedergesehen haben. Die Firma, also der Familienbetrieb, der weitergegeben wird, handelt mit Antiquitäten, Luca ist Geschäftsführer und Alessio hat sich aufs Internet spezialisiert, An- und Verkauf. Im Hintergrund läuft tatsächlich Geldwäsche, oder auch mal Handel mit Hehlerwaren. Seit ich das Geschäft führe, passiert nichts mehr, was Menschen verletzt oder tötet" - "Aber früher schon?" - "Ja, leider" - "Und wie läuft das, wenn etwas nicht klappt? Jemand ... was weiß ich ... nicht liefert oder bezahlt?" Matteo holt tief Luft. "Ich bin kein Engel, Julia, aber dafür hab ich meine Leute. Es gibt Mittel und Wege ..." - "Ihr foltert Menschen?" Entsetzt schaut sie ihn an. "Julia ... okay, ja, als letztes Mittel kann es vorkommen. Aber es gibt andere Wege, eher auf der psychischen Ebene ..." - "Das ist nicht besser", flüstert Julia. "Muss ich Angst haben?" Jetzt ist es Matteo, der sie entsetzt ansieht. "Vor mir? Nein, nie! Niemals!" - "Nein ... vor deinen Feinden, Widersachern, was auch immer. Und was ist mit Mira?" - "Julia, mi amor, ich werde tun, was immer ich tun muss, um euch beide zu schützen. Dazu gehört auch Personenschutz für Mira, die Überprüfung von diesem ... Max? Und du wirst nie etwas von meinen Geschäften mitbekommen, denn alles, was du weißt, kann gefährlich für dich werden. Du wirst immer in meiner Nähe sein und wenn das nicht möglich ist, mehr als einen Mann an deiner Seite haben. Vor allem wirst du Selbstverteidigung lernen, denn es ist wichtig, dass du dich wehren kannst. Ja, es ist gefährlich an meiner Seite ... aber ich werde dir alle Wünsche von den Augen ablesen und noch mehr. Du bist eine starke Frau, die ich schon immer an meiner Seite gebraucht hätte, und ich glaube, meine Feinde werden sich an dir die Zähne ausbeissen!"
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Cara Mia
RomanceMatteo & Julia Ein Paar, das auseinander gerissen wurde. Matteo, der eine Familie gründete, seine Liebe aber nie vergessen konnte. Julia, die ein großes Geheimnis hütet, um ihre erste und einzige Liebe zu schützen. Was passiert, wenn die beiden nach...