23

65 4 0
                                    

Am nächsten Morgen wird Julia geweckt, als Matteos Handy ununterbrochen klingelt. Murrend nimmt er den Anruf an, wirft einen kurzen Blick auf sie und verlässt dann das Schlafzimmer. Julia döst nochmal ein und wacht wieder auf, als Matteo zurück unter die Decke schlüpft und sich an sie schmiegt. "Alles okay?" - "Ja, mach dir keine Sorgen" - "Es wird schon wichtig sein, wenn sie dich mitten in der Nacht anrufen". Julia dreht sich in seinen Armen und begegnet Matteos ernstem Blick. "Ja, du hast recht", seufzt er, "aber Luca regelt das. Er ist mein Nachfolger und muss sich jetzt einfach durchsetzen. Ich bin immer für ihn da". Julia hebt die Hand und streicht ihm sanft über die Wange. "Das ist auch richtig. Kinder bleiben unsere Kinder, auch wenn sie erwachsen sind". Matteo fängt ihre Hand ein und küsst ihr Handgelenk, bevor er seine Lippen sanft auf ihre senkt. "Lass uns frühstücken", murmelt er und wirft die Decke zurück.

Auch beim Frühstück ist Matteo sehr in sich gekehrt. Julia mustert ihn immer wieder besorgt, was er aber nicht zu bemerken scheint. Sein Handy gibt laufend Töne von sich und irgendwann nimmt er es und läuft an den Strand. Sie schaut ihm nach und räumt dann den Tisch ab. Sandro und Daniel gesellen sich kurz zu Matteo, werden aber schnell weggeschickt. Julia betrachtet Matteo lange, bis er schließlich sein Handy wegsteckt. Mit beiden Händen in den Taschen seiner Leinenhose starrt er aufs Meer, das Hemd flattert locker im Wind. Julia geht durch den warmen Sand zu ihm, schlingt ihre Arme um seinen Bauch und legt ihr Gesicht an seinen Rücken. "Matteo ... lass uns nach Hause fliegen". Mit einem Ruck dreht er sich um. "Was? NEIN! Ich will mit dir hier Zeit verbringen!" - "Schau dich an, Schatz. Du hast hier keine Ruhe, weil du daheim gebraucht wirst". Er legt seine Hände an ihr Gesicht. "Ich möchte dir nicht den Urlaub verderben, cara mia" - "Das tust du nicht. Das machst du nur, wenn du jetzt falsch handelst. Deine Söhne, deine Mafia - sie brauchen dich jetzt. Und wenn das vorbei ist, hast du wieder Zeit für mich. Ich will, dass wir heimfliegen, okay?" Lange mustert er ihr Gesicht. "Ist das wirklich in Ordnung für dich?" - "Ja" - "Sei semplicemente perfetto, tesoro. Lass uns heimfliegen!" Er drückt ihr einen kurzen Kuss auf den Mund, dann gibt er Sandro und Daniel Bescheid, die sich mit den Piloten in Verbindung setzen. Sie können erst am Abend starten und so drehen sie noch ein paar Runden im Pool und geniessen die Sonne auf ihren Liegen.
"Weißt du ... Maria hätte das nie gemacht", sagt Matteo irgendwann leise und greift nach Julias Hand. "Was?" - "Naja ... einen Urlaub abgebrochen. Sie hätte mich heimgeschickt, wäre aber selber geblieben" - "Erzählst du mir von ihr?" Matteo bleibt lange still und Julia hat sich schon damit abgefunden, dass er nichts sagen wird, als er endlich doch anfängt zu reden.

"Maria war die Tochter eines Konkurrenten. Durch unsere Heirat wurde ein stabiles Bündnis geschaffen. Sie war eine kalte Frau, die selbst unseren Söhnen gegenüber keine Gefühle zeigte. Sie hatte auch vor mir keinen Mann. Ich dagegen wusste, wie sich Liebe anfühlt. Du warst - und bist - eine liebevolle Frau, für die erstmal alle Menschen gleich sind, bei der jeder die gleiche Chance bekommt. Du hast keine Standesdünkel - sie behandelte Angestellte, egal ob unsere eigenen oder die in einem Restaurant, immer wie Abschaum. Weisst du, ich habe es wirklich versucht, am Anfang, als mir klar wurde, dass du endgültig weg bist. Ich wollte meinem Vater und meinem Schwiegervater beweisen, dass wir eine gute Ehe führen können - aber Maria konnte das nicht. Vielleicht hätte sie glücklich werden können, mit dem richtigen Mann. Zum Glück wurde sie relativ schnell schwanger, dann hatte sie eine Ausrede, nicht mehr mit mir Sex haben zu müssen. Ich hätte so gern die Schwangerschaften mit ihr erlebt, aber sie zog sich zurück. Das einzige, was sie ein wenig aufmunterte, waren die Galas oder Empfänge, zu denen wir gingen. Da blühte sie so richtig auf, je mehr Menschen, desto besser". Matteo seufzt. "Das klingt, als ob sie sehr unglücklich war". Matteo schaut zu Julia. "Ja, ich denke das war sie. Irgendwann habe ich dann nur noch für meine Arbeit gelebt, hatte Freundinnen nebenbei und Maria war meine offizielle Frau" - "Hat sie das mitbekommen?" - "Ich war immer diskret" - "Das war nicht meine Frage". Matteo senkt seinen Blick und denkt nach. "Nein, ich glaube nicht" - "Hast du nie über eine Trennung nachgedacht?" Matteo schnaubt. "Man trennt sich nicht in unseren Kreisen" - "O Gott, seid ihr echt so altmodisch?" - "Die Alten, ja. Meine Generation allerdings ist etwas offener, die meisten jedenfalls. Und die Jungen sind hoffentlich schlauer als wir". Matteo küsst kurz Julias Finger, bevor er weiterspricht. "Ich glaube, ihre Krankheit war die Reaktion ihres Körpers auf unsere Ehe. Nicht mal in ihren letzten Stunden durfte ich ihr nah sein, ihre Hand halten. Für sie war der Tod eine Erlösung ... und ehrlich gesagt für mich auch. Versteh mich nicht falsch, wir haben zwei wunderbare Söhne, aber ..." - "ihr wurdet nie so geliebt, wie ihr es verdient hättet", ergänzt Julia leise und Matteo nickt. "Wenn Mutter noch gewesen wäre, hätten sie wenigstens von ihr Liebe erfahren. Ich bin so froh, dass Mira bei dir aufgewachsen ist, sie hat mit Sicherheit viel Liebe abbekommen" - "Es war nicht immer leicht, allein, mit wenig Geld ... Liebe kostet nichts und ist immer verfügbar" - "Man kann nicht alles mit Geld kaufen", meint Matteo verbittert. "Nein ... aber es macht einiges leichter ... auch wenn du das nicht nachvollziehen kannst - bei euch war ja immer Geld da". Matteo springt auf, zieht Julia an sich und vergräbt sein Gesicht in ihren Haaren. "Ich wäre so gern bei euch gewesen", murmelt er. "Matteo ... wir können die Vergangenheit nicht ändern. Sie hat uns zu den Menschen gemacht, die wir heute sind. Lass uns einfach die Gegenwart geniessen und gemeinsam in die Zukunft schauen, ja?" Matteos Augen schimmern, als er Julia ansieht. "Das werden wir, mia cara. Wir werden jede Sekunde, die wir haben, geniessen, das verspreche ich dir!" Mit diesen Worten senkt er seine Lippen auf ihre und küsst sie innig.

Cara MiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt