Kapitel 3

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"Werwölfe?!", unterbrach ich ihn laut.

"Schhht! Nicht so laut. Guck auf meine Hand."

Ungläubig blickte ich auf Leos Hand und konnte beobachten, wie sie innerhalb von Sekunden haariger und größer wurde, bis sie sich in eine Tatze mit großen Krallen verwandelte und dann war sie auch schon wieder verschwunden. Wieder dachte ich, dass ich mich getäuscht hatte, aber Leo betrachtete mich aus glühenden Augenpaaren.

"Glaubst du mir jetzt?", fragte er wissend.

"Aber wie..? Was....?", stammelte ich, ohne zu wissen, was ich eigentlich fragen wollte.

"Jedenfalls es gibt Werwölfe wirklich und wie es in den Geschichten erzählt wird, brauchen wir unsere Seelenverwandten, die nicht unbedingt auch Werwölfe sind, um uns fortzupflanzen."

Tatsächlich hatte ich auch schon das ein oder andere Fantasybuch über Werwölfe gelesen, aber dennoch konnte ich mir nicht vorstellen, dass diese Geschichten wahr waren. Ein Seelenverwandter klang zu gut, um wahr zu sein. Wer wünschte sich das nicht? Eine Person die dazu geschaffen war, einen perfekt zu ergänzen.

"Wenn man seinen Seelenverwandten erkennt, dann markieren wir diesen. Die Markierung besteht aus zwei Teilen. Zum einen der Geschlechtsakt an sich und dann der Biss in den Hals. Deshalb dachte ich, dass du schon Bescheid weißt. Du wurdest schon zur Hälfte markiert. Ich kann riechen, dass du bereits mit einem Alpha geschlafen hast und sein Duft haftet noch immer an dir."

"Nein das kann nicht sein. Mein Freund ist kein Werwolf.", erwiderte ich.

"Ich meine auch nicht deinen aktuellen Freund. Der Geruch ist schon älter, schafft es aber noch immer deinen richtigen Geruch zu überdecken."

Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Die einzige Person mit der ich sonst noch geschlafen hatte, war Henry bei unserem ersten Mal und dabei war einiges schief gegangen. Unter anderem war das Kondom gerissen und ich hatte später mir die Pille danach kaufen müssen.

"Ich glaube du weißt, von wem ich rede. Aber du hast keine Ahnung in was für eine Gefahr er dich damit gebracht hat. Als halbmarkierte bist du ein gefundenes Fressen für all seine Feinde, die ihm Schaden wollen. Denn erst als vollständig markierte Seelenverwandte ist der Bund heilig und steht unter dem Schutz der Mondgöttin. Von da an darf dich kein anderer Werwolf mehr anrühren."

Meine Wut auf Henry wurde erneut entfacht. Reichte es nicht, dass er mich nach Strich und Faden verarscht hatte und mir offensichtlich nicht mal ein bisschen vertraute. Nicht einmal wenn es um mein eigenes Leben ging?

"Du hast Glück, dass ich der erste Werwolf bin, an den du geraten bist. Ich erzähle dir das hier alles, weil es dein Recht ist, das zu erfahren. Ganz versteckt unter dem Geruch des Alphas, sodass man es nicht sofort wahrnehmen kann, erkenne ich auch deinen Geruch und er riecht für mich nach meiner Mate. Doch weißt du warum das seltsam ist?"

Frustriert schüttelte ich den Kopf. Woher sollte ich das denn wissen? Ich hatte doch überhaupt keine Ahnung von dem ganzen Mist.

"Weil ich bereits meine Mate gefunden und markiert habe. Es ist unmöglich eine zweite Mate, also Seelenverwandte zu haben. Mit einer Ausnahme. Es gibt eine berühmte Legende bei uns, in der wird immer wieder von einer Luna erzählt. Eine Auserwählte der Mondgöttin Luna selbst. Alle paar tausend Jahre wird diese Luna geboren und läutet ein goldenes Zeitalter für das Werwolfsrudel ein, für das sie sich entscheidet. Dieses Rudel wird den uneingeschränkten Segen der Göttin erhalten und über allen anderen Rudeln stehen. Man erkennt sie daran, dass sie so golden aussieht, wie die Zeiten, die sie verspricht und daran, dass sie für jeden Werwolf als Seelenverwandte in Frage kommt."

"Das wird mir alles zu viel. Ich kann das nicht glauben. Das ist viel zu verwirrend."

"Das verstehe ich, aber du hast keine Ahnung, was das für uns Werwölfe bedeuten kann. Jahr für Jahr werden wir immer weniger weil kaum noch jemand seinen Mate findet und langsam aber sicher sterben wir aus. Es gibt kaum noch Wälder, in denen wir uns verstecken können und die Umwelt geht vor die Hunde. Wir sind Wesen der Natur und spüren ihren Verfall in unseren Knochen. Wir brauchen dieses goldenen Zeitalter, es ist unsere letzte Hoffnung. Deshalb lass mich diese Theorie bitte kurz überprüfen. Ich werde noch einen weiteren Werwolf holen und wenn er in dir ebenfalls seine Mate erkennt, dann haben wir Gewissheit."

Skeptisch blickte ich ihn an und nickte dann aber kurz. Sollte er doch jemanden holen, der diese Theorie widerlegte. Ich hatte nach diesem kurzen Gespräch schon genug Probleme und würde wohl oder übel nochmal ein Hühnchen mit meinem Ex rupfen müssen.

Nach einer Weile kam Leo mit einem etwas kleineren, um die 20 Jahre alten Typen zurück, der mich aus seinen strahlend grünen Augen musterte und mich wild beschnupperte. Es wirkte ziemlich absurd, wie ein Mensch an einem schnupperte, aber ich versuchte es zu ignorieren und betrachtete ihn stattdessen. Er trug ein Security Outfit, also einen schwarzen Anzug mit schwarzer Krawatte und einem Kabel, dass in seinem Ohr endete. Er hatte kurze, blonde Haare und trug keinen Bart. Unter seinem Anzug ließen sich aber einige Muskeln erkennen und ich konnte mir vorstellen, dass man sich nicht freiwillig mit ihm anlegen wollte.

Jedoch wollte ich mich jetzt, wo ich wusste, dass er ein Werwolf war, mich erst recht nicht mit ihm anlegen.

Nach einer Weile knurrte der Blonde plötzlich und seine Augen fingen an zu leuchten.

"Mate", knurrte er und sprang auf mich zu.

Überrascht wich ich zurück, aber Leo war schneller und versperrte ihm den Weg zu mir.

"Reiß dich zusammen. Du wirst sie nicht anrühren und jetzt sofort wieder verschwinden. Hast du mich verstanden.", sprach er streng und bestimmt.

Der Blonde winselte und verschwand dann wieder mit hängenden Schultern aus dem Saal. Es war absurd einen Menschen winseln zu hören. Das kannte ich sonst nur von Hunden.

"Du musst ihn entschuldigen, er hat seine Mate noch nicht gefunden und hat daher etwas impulsiv reagiert. Aber es bestätigt nur meine Theorie und es wird dein Leben komplett auf den Kopf stellen."

"Oh bitte nicht. Kann ich jetzt nach Hause?", fragte ich verzweifelt.

Mir reichte der Abend und ich wollte nur noch ins Bett. 

"Ja, aber ich muss darauf bestehen dich zu begleiten.", erwiderte Leo.

Wenig begeistert stimmte ich zu und ließ mich von Leo zum Konferenzraum begleiten, nachdem ich mich von Herr Müller verabschiedet hatte.

Leo schnappte sich meinen Koffer und ich nahm meine größere Handtasche an mich. Danach hinterlegte ich an der Anmeldung den Schlüssel und wir machten uns auf den Weg zu meinem Hotel, dass nur ein paar Straßen entfernt war.

"Ich bin ebenfalls in dem Hotel untergebracht, von daher ist es kein Umweg für mich", beschwichtigte mich Leo.

"Hast du vor mich jetzt immer zu begleiten?", fragte ich genervt? Auf einen übernatürlichen Babysitter konnte ich gerne verzichten.

"So in der Art. Aber genaueres erkläre ich dir besser morgen. Ich befürchte das waren genug Informationen für einen Tag."

Lunas Chosen OneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt