GESTÄNDNIS

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Elliott

Die Tür des Hotelzimmers öffnete sich vorsichtig, von der Person dahinter versucht keinen Mucks von sich zu geben. Auch ich lag so still wie möglich in dem Bett und lauschte den knarzenden Dielen in meinem Rücken, die mir verrieten das, wer auch immer sich gerade anschlich, immer näher kam. Knapp vor mir hielten sie dann inne. Ruhig atmete ich weiter, um nicht den Anschein zu erwecken, dass ich schon längst wach wahr.

"Mein kleiner Prinz.", die Worte wahren so leise geflüstert, dass ich anfangs dachte, das es erst gar keine gab. Erst als mein Vater weitersprach, wurde es deutlich: "Du bist so unfassbar schlau, so begabt und doch bist du dir so einiges nicht bewusst. Du bist eigentlich noch viel zu jung für diese unbarmherzige Welt da draußen. Kein Kind, so wie du hat es verdient in dieser Dunkelheit aufzuwachsen. Kein Kind, hat es verdient schon so früh, mit dem Bösem konfrontiert zu werden. Wie heißt doch gleich noch? Bösewichte werden gemacht und nicht geboren..." Ein trauriges Lachen ertönte und an der gedrückten Stimme erkannte ich, das mein Vater die Tränen unterdrückte - eine Seltenheit, die ich zum ersten Mal miterleben durfte.

"Wenn ich könnte würde ich alles rückgängig machen. Deine Geburt, die Hochzeit mit deiner Mutter, selbst das Treffen mit ihr - ich würde alles rückgängig machen. Ich hätte damals alleine bleiben sollen. Jemand wie ich braucht doch schließen keine Wärme. Wärme bedeutet nämlich Liebe und Liebe ist ein Gefühl was dich schwach macht und genau das hat erst Blair und dann du getan. Nie hatte ich vorher das Bedürfnis jemanden zu schützen, bis ich deine Mutter sah. Sie hatte irgendwas an sich, was mich schlussendlich völlig zu ihr hingezogen hat. Nur bei ihr konnte ich meine Fassade fallen lassen. Nur sie hat mir gezeigt, dass ich auch eine andere Seite besaß. Und dann wahr Blair schwanger...", der letzte Satz schwang in die Dunkelheit des Zimmers, während Vincent eine Pause machte, "Du glaubst gar nicht, wie ich mich in diesem Augenblick gefühlt habe. Es wahr als würde man mir den Boden unter den Füßen weggezogen haben. Mein Herz hat angefangen zu hämmern, wie ein 1500PS Chiron. Mir wurde richtig schwindlig bei dem Gedanken, ein kleines Baby, ein kleines Mini-Ich in dieser grausamen Welt großzuziehen. Schon als Erwachsener, welcher schon Jahre im Underground umherging wahr es da draußen zu gefährlich - da ist es doch klar, wie es für ein Kind sein würde. Ich glaube dein einziges Glück in diesem Moment war es, das ich der König wahr. Blair hatte mir sogar unter Tränen versprochen, dich abzutreiben. Sie wusste selbst, dass das kein leichtes Leben werden würde. Bis kurz vor der Zwölfwochenfrist habe ich deine Mutter hingehalten - habe immer gesagt, das ich noch Zeit zum überlegen bräuchte dabei wusste ich doch schon von Anfang an, das mein egozentrisches Ich, dich nicht gehen lassen konnte. In mir hatte sich ein Gefühl breit gemacht, welches ich mit Nichts und Niemanden übertünchen konnte. Du kannst gar nicht glauben wie es in meinem Bauch angefangen hat zu kribbeln, als die Entscheidung feststand dich zu behalten."

Eine Träne, die sich aus seinem Augenwinkel gestohlen hatte, tropfte auf meine Wange und ganz behutsam, als währe ich aus Porzellan, wischte mein Vater sie fort. Sein warmer Atem traf mich dabei direkt im Gesicht und eine bestimmte Note schwang dabei mit. Grappa; ein italienischer Schnaps, mit leichter Vanille. Es roch nicht ekelhaft und ließ mich auch nicht abwenden. Ich wollte hören, was mein Vater zu sagen hatte. Ich wollte jedes Wort mitbekommen; jedes seiner Geständnisse.

"Ich liebe dich."

Dieser Satz kam so plötzlich, das ich kurzzeitig mit dem Atmen aufhörte, als hätte mich eine Kugel direkt in den Brustkorb getroffen und meine Lungen würden nun in Blut ertrinken. Etwas zu schnell und zu stoßartig stieß ich die Luft schlussendlich wieder aus. Diese drei Wörter hatte ich bis jetzt nur von Spencer gehört. Natürlich wahren dies zwei unterschiedliche Personen, dessen Sätze ganz andere Bedeutungen hatten - dachte ich jedenfalls.

"Schon seid dem ersten Gedanken an dich, fühlte sich mein kompletter Körper total anders an. Er reagierte jedes Mal sobald ich an dich dachte, oder ich deine Mutter mit ihrem schlanken Bauch sah. Nicht auf die perverse Art, wie die Männer und Frauen welche sich an anderen vergehen. Nein - so nicht. Aber trotzdem spürte/wusste ich dass das nicht normal sein konnte und das ist es auch bis heute nicht. Jede Sekunden hatte ich Angst um dich. Es kam der Drang auf, dich immer und überall beschützen zu wollen - das hatte ich nicht einmal bei deine Mutter. Blair wahr zwar ebenfalls zierlich und durch das Denken unserer Welt im Nachteil, da sie eine Frau ist. Doch das hatte sie von Nichts abgehalten. Sie war von Beginn auf stark und hat sich gegen jeden verteidigt der ihr, oder ihrer Familie zu nahe kam. Blair hat sich dadurch einen eigenen Namen gemacht, als Königen des Underground's; als eine Art Racheengel die jeden, nur mit einem einzig, gezielten Schuss das Genick brach. Sie hat sich sozusagen dazu verpflichtet gefühlt Ordnung zu schaffen. Sie war neben Sebastian und den Zwillingen mein verlängerter Arm, mein Schatten der für mich etwas zusätzliche Angst verbreitete, oder besser gesagt: Respekt vor den Da Vinci's. Und ich musste rein gar nichts dazu betragen. Jeder hatte seine eigene Macht."

Die Tränen wahren versiegt und die träumerischen Erinnerung trat in Vincent's Stimme.

"Und dann kamst du und es änderte sich alles auf einen Schlag. Wir hatten nun etwas Lebendiges was uns verband - nicht nur ein Ring und unsere Zuneigung zu einander. Als ich dich dann das erste Mal in den Armen hielt...Gott!", mit diesem Ausruf entfernte sich mein Vater von dem Bett. Leise fluchend ging er auf und ab. Verwirrt über diese Reaktion zog ich meine Augenbrauen zusammen. Was war den jetzt? Hab ich ihm als Neugeborenes auf den Prada Anzug geschissen, oder ihn irgendwie schräg angelächelt?
"Du wahrst so winzig", erzählte er dann weiter, "So mickrig klein und zierlich, das ich Angst bekam, dich nur mit meinen Blicken zum zerbrechen zu bringen. Meine Hände haben das erste Mal gezittert und mir blieb die Luft zum Atmen weg. Die Angst wahr bereits so weit in mir vorgedrungen, dass sie mich schon beinahe übermannte. Das wahr ebenfalls das erste Mal für mich. In dem Moment habe ich mich so verletzlich gefühlt, das ich den Gedanken bekam: Wenn irgendwer das herausbekam, währe ich tot. Du wahrst mein Todesurteil!"

Lautlos krallte ich meine Finger in die Bettdecke. Ich sollte sein Ende sein? Warum wahr denn noch am Leben? Das ergibt doch keinen Sinn. Er hat mir doch schließlich beigebracht, das man alles, was einen schaden kann vernichten soll. Warum wahr denn noch hier? Warum hat er mich damals nicht umgebracht? Hat er gewartet, bis der richtige Moment da war? Bis ich es verstand? Damit hätte er sich aber selbst in Gefahr gebracht. Warum also dann?
All diese Fragen wollte ich ihm stellen. Ich wollte fragen, warum er sich nicht selbst an seine Worte hielt? Sein Verhalten war Sinnlos.

"Ich weiß nicht was du auf all das hier antworten würdest, wenn du wach währst. Ich würde dann ja nicht mal wissen, was du denkst, da du noch nie ein offenes Buch wahrst. Weder für mich, noch für Blair, noch für sonst jemanden. Nie wusste ich, was du als Nächstes machen würdest und als ich dann gemerkt habe, dass du...anders bist...da stieg in mir die Panik, dass nicht jemand Außenstehendes dich missbrauchen würde, um mir zu schädigen, sondern das du es von selbst machen würdest. Deine eigene Hand- Nein! Dein eigener Verstand würde mein Ende sein."

Vincent blieb stehen; stoppte sein aufgekratztes Herumgelaufe.
"Nach den ersten 1 1/2 Jahren wurde etwas ruhiger, als ich sah wie körperlich schwach du warst. Du warst so oft krank und konntest dich kaum auf den Beinen halten - doch das wahr reine Täuschung. Ich meine, schon mit zwei hast du Dinge gesagt, getan und aufgeschrieben die du noch gar nicht wissen konntest. Du hast an einem Tag so viel gelesen, wie ich in Jahren!", der ehemalige König näherte sich mir wieder, "Hilfe du bist so clever, das du dir damit schon beinahe dein eigenes Grab schaufelst...Elliott ich...bin so stolz auf dich...Du bist so groß geworden; so wunderschön und nun trittst du auch noch in meine Fußstapfen. Du bist so tapfer und stark...und - so ungern ich dies auch sage - mit diesem Scotty bis du nicht schlecht dran. Man sieht richtig, wie seine Augen anfangen zu glänzen, wenn er dich sieht, oder nur dein Name erwähnt wird. Und du willst es dir vielleicht nicht eingestehen, aber abgeneigt von dem weiß-blonden bist du auch nicht. Mein kleiner Prinz..."
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Ein Geständnis ist nicht die Wahrheit, sondern die Geschichte deiner Gefühle ~ Mellarie-Bellancia

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