LOS

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Elliott

Abwartend sah ich zu dem ehemaligem König und dem Wachhund, welche dunklen Blickes auf uns zu kamen. Immer noch misstrauisch kniff ich leicht meine Augen zusammen und musterte jeden einzeln und haargenau. Irgendwas war zwischen den beiden Männern vorgefallen. Ihre Haltung war schon förmlich steif vor lauter Anspannung und beide schienen in Gedanken noch bei ihrem Gespräch zu sein - Spencer augenscheinlich mehr, als mein Vater.

"Also physisch geprügelt habt ihr euch schon mal nicht.", stellte ich fest und sah fragend zu Spenc, welcher meinem Blick nur auswich und sich, in das hinter mir stehende Auto setzte, "Was jedoch nicht bedeutet, dass ihr dies nicht psychisch gemacht habt - was ist passiert?" Mein Vater ignorierte mich; schien in seiner eigenen Welt zu sein und tauchte auch erst aus dieser heraus, als ich mich wütend vor ihn schob. Mit erhobenen Kinn, brachte ich ihn dazu mich anzusehen. Kühl meinte ich: "Wenn du mir nicht sofort sagst, was zwischen euch beiden vorgefallen ist, könnt ihr gleich zurück nach England fliegen. Also, sprich!" "Glaube mir-" "Ich glaube und vertraue nur mir selbst - steck dir den Spruch also sonst wo hin." "Elliott, das ist wirklich nichts für kleine Kinder." "Ich bin achtzehn!" "Dann ist es eben nichts für schwache Nerven.", verzweifelt warf mir der Mann einen bittenden Blick zu, der mich anflehte nicht weiter nachzuhaken. "Du vergisst, dass ich immer noch der meistgesuchte Hacker und Mörder auf dieser Welt bin. Meine Nerven sind dementsprechend unüberreizbar. Und nun hör endlich auf, dich dem Befehl deines Königs zu entziehen und rück mit der Sprache raus."

"Nein!"

Verwundert über diese plötzliche Aussage hob ich meine Augenbrauen und drehte mich ganz langsam um. Blaue Augen trafen meine braunen und sahen mich ärgerlich an.
"Was?"
"Du hast mich schon verstanden, Elliott.", zischte Spencer aufgebracht, "Und jetzt steig endlich in den Wagen ein - wir haben nur noch eine Stunde!" Ohne weiteren Kommentar fuhr der Blonde das verspiegelte Fenster wieder hoch, so das ich nun meinem eigenem Spiegelbild gegenüberstand und sehen konnte, was für ein Ausdruck in mein Gesicht getreten war.
"Was hast du zu ihm gesagt...?", meine Stimme war nichts weiter als ein Geflüster.
"Nichts wichtiges." Durch die Scheibe sah ich, wie Vincent mir eine Hand auf die Schulter legen wollte, doch abschütteltend wich ich ihm aus.
"Wenn du vorhattest, mir das zu nehmen, was mich seit achtzehn Jahren mal menschlich fühlen lässt, dann hast du es geschafft. Herzlichen Glückwunsch.", damit stieg ich ebenfalls in den schwarzen Wagen.

Spencer

Nachsehend blickte ich über den Rückspiegel nach hinten zu Elliott, welcher mit verschränkten Armen zwischen seinem Vater und Liam saß und seine eigenen Augen geschlossen hatte.
Über was er wohl gerade nachdachte? Ich wollte vorhin nicht so grob zu ihm sein - es hatte mir das Herz gebrochen - aber ich hatte keine andere Wahl gehabt. Das was Vincent mir gesagt hatte, ging nur ihn und mich etwas an.
"Willst du weiter starren, oder lieber ein Foto machen, damit es länger hält?", die Lippen des achtzehnjährigen hatten sich zwar bewegt, doch ich hatte kein Wort verstanden, zu sehr war ich in meinen eigenen Gedanken vertieft. Erst als ich realisierte das mich zwei leere Seelentore ansahen, reagierte ich. Blinzelnd wand ich meinen Blick ab; sah zurück auf die Straße, was mir ein verachtendes Schnauben einbrachte, welches mein Herz ein weiteres Mal auseinander reißen ließ.

Ich wollte mich nie gegenüber Elliott so benehmen. Ich wollte ihm nie wehtun und nun musste ich es tun, um ihn zu schützen. Die Frage die sich mir nun stellte wahr, ob ich dennoch besser wahr, als all die anderen Menschen die dem Supergenie je etwas angetan hatten. War ich besser?!

Frustriert fuhr ich mir durch meine weißen Haare. Am liebsten hatte ich sie mir ausgerissen! Zittrig atmete ich ein und aus. Warum benahm ich mich verdammt nochmal so, als währe ich der Geschädigte?!

"...ncer? Spencer?"

Aus meinen Gedanken gerissen sah ich zum Fahrer. "Alles gut?" "Mh?" "Ob alles gut mit dir ist?", besorgt traf mich Akira's Blick. "Klar...", log ich ungekonnt, "Ich bin bloß nicht scharf darauf, die Mutter meines Partners zu töten."
"Erzeugerin.", verbesserte mich Elliott und durch den Rückspiegel sah ich wie Vincent sich versteifte, "Sie ist nichts weiter, als meine Erzeugerin - ich habe keine Eltern. Weder eine Mutter, noch einen Vater." "Elliott!", stieß ich seinen Namen zum zweiten Mal ruppig aus. "Was denn?! Willst du mich jetzt auch noch belehren, dass sie es versucht haben 'Eltern' zu sein und das ich der eigentliche Fehler bin?!" "N-Nein...ich...du weißt dass ich das nicht so meinte." "Ach ja? Weiß ich das?", die vernichtenden braunen Augen des Königs trafen mich und ließen mich innerlich endgültig zusammenbrechen. Von außen blieb ich jedoch stark. Ein weiteres Manko, das ich tat. Ich hätte Elliott zeigen müssen, das ich es wirklich nicht so meinte. Das ich auf seiner Seite wahr. Das ich ihn liebte. Warum sollte ich ihm da wehtun? Und doch tat ich es.

Meine Tante Bonnie hätte jetzt so etwas gesagt, wie: "Spencer, das Wachsen tut weh, wenn sich die Knochen dehnen, die Haut spannt und das Leben in dir voranschreitet. Aber am schlimmsten würd es erst, wenn das Herz schmerzt, weil der Kopf nicht loslassen will. Also halt an dem fest, was du liebst und lass es erst dann gehen, wenn es wirklich nicht mehr anders geht. Bis dahin aber verhalte dich wie ein Gentleman und wehe dir, du wirst so einer der nur auf Löcher und nicht auf das Wahre hinaus ist."

"Meine Herren.", der Wagen hielt und der Motor unter uns erstarb, "Wir sind da." Tatsächlich wahr die Da Vinci Villa schon in Augenweite und ragte majestätisch in die warme Nachmittagssonne. Akira hatte vorgeplant einige Meter entfernt des Anwesend geparkt, damit wir nicht sofort auffielen. Das zweifache Klicken verriet mir, dass die hinteren Fahrgäste bereits daran wahren auszusteigen. Gemessen machte ich es ihnen gleich und befand mich nach nur wenigen Sekunden an der frischen Luft, direkt neben Elliott stehend. Der Brünette beachtete mich jedoch keineswegs. Ehr schien der König des Underground's in seinen Gedanken gefangen zu sein. Müde blickte er geradeaus, ohne wirklich einen Punkt zu fixieren. Den anderen schien dies auch aufzufallen, denn alle standen wir hinter Elliott und warteten darauf, das er sein Go gab.

"Lasst uns das Spiel beenden, bis niemand mehr steht..."
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Ladys and Gentlemans, der Countdown beginnt.  Lasst uns ab drei herunter zähle...

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