CONTROL

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~einige Stunden nach dem Anschlag später~

Ungesichtet schlich die schwarz gekleidete Gestalt, mit tief ins Gesicht gezogenen Bascap, die Straße entlang bis sie vor einem, der vielen Reihenhäusern zum stehen kam. Noch ein letztes Mal sah sie sich zu allen Seiten um, bevor sie schlussendlich die wenigen Stufen empor eielte und die Eingangstür aufschloss. Sobald die Gestalt in den Flur gehuscht wahr, lehnte sie sich von innen gegen die Holztür. Schwer atmete sie aus und stellte den Gitarrenkoffer, welchen sie bis hier hin, mit sich getragen hatte, auf dem Teppich ab.

Mit dem schmalen Fingern fuhr sie sich über das, vor Kälte taube Gesicht und zog sich in der selben Bewegung, die Kappe vom Kopf.
Die braunen Haare der Frau lösten sich aus dem provisorisch gebundenem Knoten und fielen ihr über die Schultern; strichen ihre Wangen und den Hals. Erschöpft schloss sie ihre Augen und ließ sich schließlich, an dem Holz in ihrem Rücken zu Boden gleiten. Kaum hörbar schluchzte die siebenunddreißig jährige auf und vergrub ihr Gesicht nun vollständig in ihren Händen.

'Was hatte sie nur getan?', die Gedanken der Frau überschlugen sich und ließen sie nur noch, aufgekratzter werden, 'Sie wollte doch garnicht ihn treffen! Oder doch? War er doch von Anfang an, ihr Ziel gewesen und nicht die alte Dame?' Mit sich selbst ringend raufte sie sich die Haare. Die noch recht jung wirkende Frau, wahr hin und her gerissen. Zum einem wollte sie vor allem ihm nie Schaden zufügen, aber zum anderen, blieb ihr gar keine andere Wahl, denn sonst würden sie ihn nie erlösen können; vernichten, bis nicht einmal mehr der winzigste Gedanke an ihn übrig blieb. Und doch hatte sie es heute nicht geschafft.

Warum?

Warum wahr das so schwer?

Weil es ihr eigenes Fleisch und Blut wahr, welches sie beseitigen wollte?

Oder weil sie die Kraft dafür nicht mehr besaß?

Eine Hand auf ihrer Schulter, ließ sie erschrocken zusammen zucken und zu dessen Besitzer hinauf blicken. Braune Augen blickten ihr entgegen, in denen geschrieben stand, wie sie sich gerade fühlte.
"Es ist okay.", flüsterte der Mann und kniete sich zu der Frau hinunter. Umrahmte ihr tränennasses Gesicht, mit seinen Händen. Zärtlich wischte er ihr die salzigen Spuren, mit dem Daumen von der Wange. "Wieso...?", fragte die Brünette erstickt; kaum verstehend. "Weil es keinen anderen Weg gibt, mein Liebling." "A-Aber e-e-er ist-" "Scht.", unterbrach sie der Mann, "Wenn du daran denkst, machst du es nur noch schwieriger. Ich will nicht, dass du deine Augen davor verschließen sollst. Lediglich den Winkel des Betrachtens zu ändern, reicht schon."

Schon beinahe schockiert blinzelte die Frau ihrem Partner entgegen. Sie verstand ihn und konnte auch jeden seiner Gedankengänge nachvollziehen. Sie wollte ja das Selbe wie er! Nur wahr ihre beiden Vorgehensweisen so unterschiedlich, wie Tag und Nacht. Denn während sie trotzdem noch die Gewissensbisse verspürte, welche sie Tag für Tag plagte, so wahr er so kalt und Gefühls los, wie ein Gletscher aus der Antarktis; so blendend funkelnd und gleichzeitig tötlich massiv. Sie beiden wahren zwei völlig verschiedene Persönlichkeiten, die sich jedoch wie Minuspol und Masse anzogen und sich wie der stärkste Magnet der Welt, aneinander klammerten. Ohne den einen, konnte der andere nicht und ohne den anderen, verging der eine.

"Beruhige dich, mein Schatz.", versuchte es der Mann weiter, die aufgewühlte Frau zu besänftigen. "Wie soll ich mich denn beruhigen, wenn wir gerade dabei sind eines der für uns wohl, wichtigsten Leben auszulöschen?", schrie die Brünette, mit zittriger Stimme. So langsam verlor sie ihre Kraft. Schwer atmend, wurde sie an den drahtigen Körper ihres Mannes gezogen und sanft, wie ein Baby, vor und zurück gewippt. "Bitte reg dich nicht so auf, das ist nicht gut für dich; du musst dich schonen, meine Königen. Du brauchst deine Kräfte noch.", murmelte er in ihr Haar, "Du bist so tapfer und so stark und das nicht nur für dich. Aber jetzt musst du eine Pause machen und dich um dich selbst kümmern. Versprich mir, egal was noch kommen mag, dass du in erster Linie immer nur an dich denkst ja?"

Erschöpft und müde nickte die Frau. Ihre Augen wahren bereits geschlossen und ihre Haut, so weiß und schattig wie die Wände im Flur, welche durch die kleine Tischlampe hauchzart angestrahlt wurden.

"Du darfst noch nicht gehen, hörst du?", Wort für Wort, wurde auch nun die, sonst so kühle Stimme, des Mannes leiser. Fest umarmte er seine Frau. "Kämpfe noch ein bisschen weiter, okay? Nur noch einwenig; ein ganz kleines wenig. Schließen braucht der Kleine, seine Mutter für den Schritt ins Ungewisse." Und ich brauche dich ebenfalls; fügte der schwarzhaarige in seinen Gedanken hinzu.

Nach Minuten, in denen die beiden Arm in Arm, auf dem Teppichboden des Flures verbracht haben, fasste der Mann unter die Kniekehlen und den Rücken, um seine Geliebte hochzuheben und in ihr Zimmer zu tragen. Ganz behutsam ging er, mit der Brünetten die Treppen hoch, in den oberen Teil des Einfamilienhauses. Darauf bedacht, seine Königen nicht zu wecken, bette er ihren schlanken Körper in die weichen Federn. Vorsichtig setzte er sich auf die Bettkante und strich ihr einige, vom Schweiß verklebten Strähnen aus der Stirn, bevor er sie sang auf die leicht erhitzte Stelle küsste.

"Schlaf und ruh dich aus. Sammle neue Kraft, für den nächsten Akt, der uns allen noch bevorsteht."

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